Wie geht man mit trans* Athletinnen bei sportlichen Wettkämpfen um? Diese Debatte beschäftigt die Sportwelt zunehmend. Mittlerweile ist es trans* Frauen in immer mehr Ländern der Welt erlaubt, gegen andere Frauen anzutreten – meist ist die Teilnahme an Bedingungen geknüpft. Etwa an jene, dass sie sich bereits einer Hormonbehandlung unterziehen.
Doch es gibt in der Debatte regelmäßig Gegenwind. In den USA zogen vier ehemalige Highschool-Leichtathletinnen bereits 2019 vor Gericht. Sie wollen gegen das Schulsystem von Connecticut vorgehen, weil es trans* Frauen erlaubt, mit biologisch geborenen Frauen zu konkurrieren. Bisher ohne Erfolg. Am kommenden Dienstag wird der Fall vor einem New Yorker Gericht verhandelt. Er rückt die Debatte erneut in die Öffentlichkeit.
Eine der Klägerinnen ist Chelsea Mitchell. Die Sprinterin fühlt sich um mehrere Qualifikationen und Titel betrogen, wie sie der "New York Post" kürzlich sagte. Doch die Begründung der Sportlerin ist widersprüchlich – und erntet nun deutliche Kritik.
Die Geschichte der 20-Jährigen findet durchaus Anklang, zumindest in konservativen Kreisen der USA. Trans* Athletinnen zerstörten den Frauensport an den Hochschulen, sagen Konservative wie der republikanische Gouverneur Ron DeSantis. Und auch mehrere Medienhäuser sprangen auf die emotionale Geschichte der jungen Sportlerin auf.
Die US-Amerikanerin behauptete etwa in einem Interview mit der Boulevardzeitung "New York Post", dass der Ausschluss von trans* Frauen bei sportlichen Wettbewerben eine Frage der "Fairness" sei. Dabei beruft sie sich auf ihre eigene sportliche Karriere, die aus ihrer Sicht einen Nachteil durch die Teilnahme von trans* Frauen gehabt habe.
Denn sie habe einige Wettbewerbe gegen biologisch geborene Männer verloren, darauf verweist sie immer wieder. Doch das sei nur die halbe Wahrheit, wie ein bekannter US-Internetstar nun kritisiert.
Matthew Bernstein ist Influencer und Maskenbildner. Zudem setzt er sich für LGBTQ+-Rechte ein. Er hat nun eine Infografik veröffentlicht, die mögliche Widersprüche in der Argumentation Mitchells aufzeigt. In dem Instagram-Post kritisiert er die "Anti-Trans-Propaganda" der Sportlerin und einiger Medienhäuser.
So behauptet die Athletin etwa, die Hallenmeisterschaften der Highschool-Leichtathleten im Bundesstaat Connecticut gegen trans*Frauen verloren zu haben, "weil ich eine Frau bin". In der Tat hatte sie damals den dritten Platz belegt und war dabei von zwei trans*Mädchen geschlagen worden, wie die "FAZ" schreibt. Aber: Mitchell hatte die missliebige Konkurrentin in anderen Wettbewerben auch geschlagen.
Die Behauptung, gegen trans* Frauen keine Chance zu haben, sei also falsch: "Chelsea hatte die Chance, ihre trans* Konkurrenten zu schlagen, und sie tat es – viele, viele Male", schreibt Bernstein.
Ein Detail, das in den besagten Medienberichten – etwa von der "New York Post" oder "Fox News" – bisher nicht beachtet wurde. Der Internetstar, der sich für LGBTQ+-Rechte einsetzt, wirft den Medienhäusern und der Athletin vor, diese Informationen der Öffentlichkeit bewusst vorzuenthalten. Die von Mitchell genannten "unüberwindbaren körperlichen Unterschiede" zwischen trans* und biologischen Frauen seien für sie nur dann relevant, wenn die Athletin verliere.
Das ist jedoch nicht der einzige Kritikpunkt, der laut wird.
Bernstein begründet seinen Vorwurf der "Anti-Trans-Propaganda" mit weiteren Details: So hatte Mitchell trotz Niederlagen mehrfach behauptet, das "schnellste Mädchen" in Conneticut zu sein. Eine Bezeichnung, die konservative Medienhäuser aufgriffen – die sich die Athletin aber nur selbst im Rahmen der öffentlichen Debatte verpasst hatte.
Auch die Behauptung, dass sie vieler Chancen und Karrieremöglichkeiten beraubt worden sei, sei falsch. Denn, so seine Begründung: Alle vier klagenden Frauen erhielten College-Stipendien für Leichtathletik – im Gegensatz zu den besagten trans*Konkurrentinnen.
Abschließend schreibt er:
Mit dem Vorwurf meint er die konservative Rechtsvertretung "Alliance Defending Freedom", die die vier Athletinnen vertritt. Die Einrichtung war in den Neunzigerjahren von zahlreichen Repräsentanten konservativer christlicher Glaubensgemeinschaften gegründet worden.
Sie setzt sich unter dem Banner der Religionsfreiheit unter anderem dafür ein, die in den vergangenen Jahren gesetzlich verankerte Gleichberechtigung von homosexuellen und trans* Menschen zurückzudrängen.
Die Klage der vier Frauen wurde 2019 eingereicht, von einem Gremium von Bundesrichtern schließlich abgewiesen, allerdings nur aus formaljuristischen Gründen: Die Politik von Connecticut falle nicht eindeutig in den Geltungsbereich des Gesetzes "Title IX", hieß es. Dieses verbietet die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts an Einrichtungen, die Bundesmittel erhalten, was die große Mehrheit der Bildungseinrichtungen umfasst.
Die vier Athletinnen legten gegen das frühere Urteil Berufung ein. Am kommenden Dienstag wird der Fall vor einem New Yorker Gericht verhandelt. Den Sportlerinnen geht es dabei vor allem um die Anerkennung mehrerer Titel für sie und andere Sportlerinnen, die gegen trans* Personen verloren.