Die einflussreiche US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg ist tot. Sie sei im Alter von 87 Jahren in ihrem Haus in Washington gestorben, teilte der Supreme Court, das Oberste Gericht des Landes, am Freitag mit. Sie starb demnach an Bauchspeicheldrüsenkrebs, der Metastasen gebildet hatte. Ginsburg gehörte dem linksliberalen Flügel am Supreme Court an. Die Entscheidung über ihre Nachfolge dürfte den Präsidentschaftswahlkampf deutlich anheizen.
Ginsburg war 1993 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zur Richterin am Supreme Court ernannt worden und war unter anderem wegen ihres Einsatzes für Frauenrechte, Minderheiten und die Umwelt im linksliberalen Spektrum der USA äußerst beliebt.
Die 87-Jährige war in der Vergangenheit mehrfach an Krebs erkrankt. Ihre Gesundheitsprobleme hatten unter ihren Anhängern immer wieder Sorgen hinsichtlich der künftigen personellen Zusammensetzung des Obersten Gerichts geschürt. In dem neunköpfigen Richterkollegium haben die konservativen Kräfte bereits ein Übergewicht, das bei Berufung eines konservativen Nachfolgers für Ginsburg nun weiter ausgebaut werden könnte.
US-Präsident Donald Trump hat seit Amtsantritt zwei konservative Richter an den Supreme Court berufen. Die Richter am obersten US-Gericht werden auf Lebenszeit ernannt. Ginsburg hatte wiederholt betont, dass sie sich nur dann aus dem Supreme Court zurückziehen würde, wenn sie sich nicht mehr imstande sähe, ihr Arbeitspensum zu bewältigen.
Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, würdigte Ginsburg im Onlinedienst Twitter als "Gigantin der amerikanischen Geschichte" und mahnte, die Entscheidung über ihre Nachfolge nicht zu überstürzen. Die Stelle solle erst nach der Präsidentschaftswahl am 3. November besetzt werden, forderte Schumer.
Ginsburg wurde 1933 als Kind jüdischer Eltern in Brooklyn geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University, wo sie auch ihren Mann Martin kennenlernte. Das Paar schrieb sich gemeinsam an der Harvard Law School ein und bekam im Lauf der Jahre zwei Kinder.
Nachdem ihr Mann eine Stelle in einer Anwaltskanzlei in New York angenommen hatte, schloss sie ihr Studium an der Columbia University ab. Obwohl Ginsburg eine der besten Absolventinnen ihres Jahrgangs war, hatte sie Schwierigkeiten beim Einstieg ins Berufsleben.
Sie schlug schließlich eine akademische Laufbahn ein und unterrichtete an der Rutgers und der Columbia University. In den 1970er Jahren brachte sie für die Bürgerrechtsunion American Civil Liberties Union erfolgreich Fälle sexueller Diskriminierung vor Gericht.
Nach einer Zwischenstation als Richterin an einem Bundesberufungsgericht wurde sie 1993 schließlich an den Supreme Court berufen – als damals erst zweite Frau. Die Gleichstellung von Frauen gehörte zu den Schwerpunkten ihrer langen Laufbahn. In linksliberalen Kreisen genoss "RBG" – wie sie genannt wird – Kultstatus.
(lin/afp)