Trump bei einem Auftritt in North Carolina.Bild: www.imago-images.de / Jason Moore
International
Am vorletzten Wochenende vor der
US-Präsidentenwahl verschärfen Amtsinhaber Donald Trump und
Herausforderer Joe Biden ihren Kampf um Stimmen in Schlüsselregionen.
Der in Umfragen zurückliegende Trump hielt am Samstag gleich drei
Wahlkampfreden in North Carolina, Ohio und Wisconsin. Biden trat
zweimal in Pennsylvania auf. Diese Bundesstaaten könnten den Ausgang
der Wahl am 3. November entscheiden. Unterdessen wurde der Stabschef
von Vizepräsident Mike Pence positiv auf das Coronavirus getestet.
Pence will trotzdem mit seinen Wahlkampfauftritten weitermachen.
Auch insgesamt wird der Schlussspurt des US-Wahlkampfs von einem
steilen Anstieg der Corona-Fälle begleitet. Mit mehr als 83.000
Neuinfektionen an einem Tag wurde ein Rekord aufgestellt. Mehr als
900 Amerikaner starben, die Gesamtzahl der Todesopfer überschritt die
Marke von 224 000. Trump, dem viele Wähler in Umfragen nicht
zutrauen, die Corona-Krise zu meistern, spielte die Pandemie auch im
Angesicht der schlechten Zahlen konsequent herunter.
Trump genervt: "Covid, Covid, Covid, Covid, Covid"
"Ich hatte es, hier bin ich", verkündete Trump in Anspielung auf
seine Covid-19-Erkrankung bei einem der Wahlkampfauftritte. "Und
jetzt sagen sie, dass ich immun bin." Trump war unter anderem mit
einem noch experimentellen Antikörper-Medikament behandelt worden,
das er als "Heilmittel" bezeichnete. Bei jedem der Auftritte erzählte
er zudem, dass sein 14-jähriger Sohn Barron schon kurz nach dem
positiven Test von den Ärzten wieder für gesund erklärt worden sei.
Trump gab bei den drei Reden drei Varianten zum Besten, wie schnell
das ging: Nach 15 Sekunden, nach 15 Minuten und am nächsten Tag.
Den Anstieg der Corona-Infektionen im Land führte Trump darauf
zurück, dass mehr als früher getestet werde. "Wenn wir halb so viel
testen würden, wäre die Zahl halb so hoch." Überhaupt werde in den
Medien ständig über das Virus geredet. "Macht man den Fernseher an: 'Covid, Covid, Covid, Covid, Covid'", beschwerte sich der Präsident.
"Ein Flugzeug stürzt ab, 500 Leute sind tot, sie reden nicht darüber. 'Covid, Covid, Covid, Covid.'" Nach der Präsidentenwahl werde man
davon nichts mehr hören, weil die Medien den Leuten nur jetzt Angst
machen wollten, behauptete Trump. Bei seinen Auftritten standen dicht
gedrängt tausende Anhänger, viele von ihnen trugen keine Masken.
Biden greift Trump an
Biden warf Trump erneut Versagen in der Corona-Krise vor, das Leben
von Amerikanern gekostet habe. Er rief die Menschen dazu auf, Masken
zu tragen. "Es wird ein düsterer Winter, wenn wir nicht unser
Verhalten ändern", betonte er. "Und das alles, weil der Präsident
sich mehr um den Aktienmarkt als um Euch Sorgen macht", sagte Biden
an die Adresse der Wähler. Anders als Trump sprach Biden vor Leuten,
die wie in einem Autokino mit ihren Fahrzeugen zu den Wahlkampfevents
kamen. Ihre Zustimmung drückten sie mit einem Hupkonzert aus. Bei
einem der Auftritte gab Rockstar Jon Bon Jovi ein Mini-Konzert. Ein
neuer Werbespot für Biden, der am Samstag Premiere hatte, wurde von
Hollywood-Schauspieler Brad Pitt eingesprochen.
Auch Ex-Präsident Barack Obama, dessen Vize Biden einst war, machte
Wahlkampf für ihn in Florida. Obama ging mit Trumps Krisenmanagement
in der Pandemie ebenfalls hart ins Gericht: "Er erkennt nicht einmal
an, dass es ein Problem gibt."
Trump hat bereits gewählt
Am Samstagmorgen machte Trump von der Möglichkeit Gebrauch, schon
frühzeitig seine Stimme bei der Präsidentenwahl abzugeben. Trump
suchte dafür ein Wahllokal in einer Bibliothek in West Palm Beach im
Bundesstaat Florida auf. "Ich habe für einen Typen namens Trump
gestimmt", sagte er danach in die Fernsehkameras. Dabei betonte er
erneut, dass eine persönliche Stimmabgabe sicherer sei als Briefwahl.
Florida, wo Trump seit gut einem Jahr seinen offiziellen Wohnsitz
hat, gehört zu den Bundesstaaten, die ihre Einwohner bereits vor dem
offiziellen Wahltermin abstimmen lassen.
Bisher gaben bereits mehr als 50 Millionen Menschen ihre Stimme in
Wahllokalen oder per Brief ab. Bei der Präsidentenwahl 2016 hatten
knapp 139 Millionen Amerikaner abgestimmt. Angesichts der
Corona-Krise nutzen mehr Menschen als sonst die Möglichkeit zur
frühen Stimmabgabe. Nachdem es in den vergangenen Monaten die Sorge
gab, dass per Brief abgeschickte Stimmzettel nicht rechtzeitig
ankommen könnten, nehmen viele Menschen stundenlange Wartezeiten in
Kauf, um persönlich abzustimmen - etwa in New York, wo am Samstag
Wahllokale für frühe Abstimmungen öffneten.
Trump behauptet seit Monaten, dass mit massenweise per Post
verschickten Stimmzetteln die Gefahr von Wahlfälschungen drastisch
steige. Experten und Wahlbehörden betonen indes, dass es dafür keine
Belege gebe. Die Demokraten warnen vor einem Versuch des
republikanischen Präsidenten, so Zweifel am Wahlausgang zu säen.
Bei der Präsidentenwahl vor vier Jahren hatten gut 47 Millionen
US-Bürger die Möglichkeit zur frühen Stimmabgabe genutzt. Diesmal
waren es bis Sonntag nach Daten des "U.S. Elections Project" des
Politikwissenschaftlers Michael McDonald von der Universität Florida
bereits knapp 57,5 Millionen. Von ihnen hätten fast 18 Millionen
persönlich abgestimmt und rund 39,5 Millionen per Brief.
Der Stabschef von Pence, Marc Short, ist nach seinem positiven
Corona-Test unterdessen in Quarantäne, wie ein Sprecher des
Vizepräsidenten in der Nacht zum Sonntag mitteilte.
(hau/dpa)
Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Innenministeriums zeigt: Jede:r dritte:r Polizeibeamt:in hat bei Kolleg:innen rassistisches Verhalten bemerkt. Autor und Journalist Mohamed Amjahid forscht seit Jahren zum strukturellen Rassismusproblem der Polizei und hat darüber ein Buch geschrieben. Im Gespräch mit watson erläutert er die vielschichtige Problematik.