Kurz nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten ist die Website des Weißen Hauses wieder auf Spanisch verfügbar, bei der Vereidigung von Joe Biden singt Jennifer Lopez und zwischen den Familienfotos im Oval Office wird gut sichtbar die Büste des bekannten Latino-Gewerkschaftsführers César Chávez platziert. Biden macht deutlich, dass er auch für die größte Minderheit der USA, die überwiegend für ihn gestimmt hat, im Weißen Haus sitzt.
"Eine Nation unter Gott", zitierte die Popsängerin Jennifer Lopez, deren Eltern aus Puerto Rico stammen, bei Bidens Amtseinführung am Mittwoch den Amtseid des US-Präsidenten auf spanisch: "unteilbar, mit Freiheit und Gerechtigkeit für jeden."
Zu den ersten Amtshandlungen des frisch vereidigten Präsidenten gehörte eine Verordnung, mit der der Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko gestoppt wurde. Die Grenzbefestigung war ein Prestige-Projekt seines Amtsvorgängers Donald Trump gewesen, mit der dieser die irreguläre Einreise von Migranten und Flüchtlingen aus Lateinamerika stoppen wollte.
Mit einer weiteren Verordnung gab Biden den Startschuss für eine ambitionierte Einwanderungsreform und damit einen möglichen Weg zur US-Staatsbürgerschaft für rund elf Millionen Migranten ohne Papiere in den USA. Etwa fünf Millionen von ihnen stammen aus Mexiko, zwei Millionen aus Zentralamerika.
Noch am selben Tag wurde die spanischsprachige Website des Weißen Hauses wieder in Betrieb genommen. Sie war unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush eingerichtet und unter dessen Nachfolger Barack Obama weitergeführt worden. Unter Trump war sie vier Jahre lang nicht mehr aktualisiert worden.
Trump hatte darauf bestanden, dass in den USA Englisch gesprochen werde – trotz der Tatsache, dass die Vereinigten Staaten nicht über eine offizielle Amtssprache verfügen. Die etwa 60 Millionen Menschen mit lateinamerikanischen oder spanischen Wurzeln machen mehr als 18 Prozent der US-Bevölkerung aus. Laut US-Statistikbehörde sprechen rund 41 Millionen Bewohner der USA zu Hause Spanisch.
Präsident Biden zeige eine "neue Offenheit im Weißen Haus, die US-Latino-Bevölkerung einzubinden", glaubt Arturo Vargas, der Vorsitzende von Naleo, eines Verbands von gewählten und ernannten US-Vertretern mit lateinamerikanischen Wurzeln. "In den vergangenen vier Jahren hatte nur ein kleiner Teil der Latino-Gemeinde Zugang zum Weißen Haus." Das habe sich nun geändert. Von den rund 20 Millionen Latino-Wählern haben Schätzungen zufolge rund 70 Prozent für Biden gestimmt.
Symbolische Gesten, wie die Büste des Latino-Gewerkschafters Chávez, die nun im Oval-Office steht, seien "eine wichtige Anerkennung des Beitrags, den Latinos jeden Tag und Schulter an Schulter mit ihren Mitbürgern für den Fortschritt des Landes leisten", sagte Clarissa Martínez, die Vize-Präsidentin von UnidosUS, einer Organisation, die sich für die Rechte der Latino-Minderheit in den USA einsetzt.
Chávez, der Sohn einer Familie von Wanderarbeitern mit mexikanischen Wurzeln, war wegen seines Einsatzes für die Rechte von Landarbeitern zu einer Bürgerrechts-Ikone geworden. Seine Enkelin Julie Chávez Rodríguez gehört zu Bidens Team im Weißen Haus. Im neuen Kabinett sind zudem drei Latinos für Ministerposten vorgesehen, mehr als je zuvor in einer US-Regierung.
Auch außenpolitisch setzte Biden bereits erste Signale in Richtung Lateinamerika: Dem mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador zufolge will der US-Präsident vier Milliarden Dollar (3.29 Milliarden Euro) für die zentralamerikanischen Länder Guatemala, El Salvador und Honduras zur Verfügung stellen. Immer wieder machen sich tausende Menschen aus diesen Ländern zu Fuß auf den Weg in die USA, um Armut, Gewalt und Bandenkriminalität in ihren Heimatländern zu entfliehen.
López Obrador telefonierte nach eigenen Angaben bereits mit Biden und zeigte sich danach angetan vom neuen US-Präsidenten. "Alles deutet darauf hin, dass unsere Beziehungen gut für das Wohlergehen unserer Bevölkerungen und Nationen sein werden", twitterte er.
(lau/afp)