Angela Merkel (l.) mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron (m.) und dem Präsident des Europäischen Rates Charles Michel. Bild: EPA Pool / Stephanie Lecocq
International
Im Ringen um den milliardenschweren
Corona-Aufbauplan nehmen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die
anderen EU-Staats- und Regierungschefs am Samstag einen neuen Anlauf.
Denn am ersten Tag des Brüsseler EU- Sondergipfels hatten sich die
Verhandlungen völlig verhakt. EU-Ratschef Charles Michel unterbrach
die Gespräche kurz vor Mitternacht ohne Ergebnis. Die Beratungen
sollen um 11.00 Uhr weitergehen.
Merkel hatte am Freitagvormittag zu Beginn des Gipfels – dem
ersten physischen Treffen der Staats- und Regierungschefs seit
Ausbruch der Corona-Krise – zur Kompromissbereitschaft aufgerufen.
Vor allem die Niederlande gaben Diplomaten zufolge jedoch in einem
wichtigen Punkt nicht nach. Die Folge war eine Blockade.
Worum es geht
Als Folge der Corona-Krise wird für die
EU-Wirtschaft ein Einbruch um 8,3 Prozent befürchtet. Deshalb beraten
die EU-Staaten über ein schuldenfinanziertes Paket in Höhe von 750
Milliarden Euro, das die Folgen abfedern soll. 500 Milliarden Euro
sollen den jüngsten Vorschlägen zufolge als Zuschüsse an die
Krisenstaaten fließen, der Rest als Kredite. Zusätzlich beraten die
Staats- und Regierungschefs über den EU-Haushalt für die nächsten
sieben Jahre. Umfang: mehr als eine Billion Euro. Allerdings sind
etliche Streitfragen noch ungeklärt.
Umfang und Rabatte
Selbst beim Volumen der Pakete sind sich die
EU-Staaten nicht einig. Die selbst ernannten "Sparsamen Vier"
Österreich, Schweden, Dänemark und Niederlande wollen sowohl den
Corona-Plan als auch den Haushalt kürzen. Insbesondere soll es
weniger Zuschüsse als die vorgesehenen 500 Milliarden Euro geben. Bei
den Verhandlungen am Freitag war das einer der Knackpunkte, bei dem
unter anderem Österreich nicht locker ließ, wie Diplomaten
berichteten. Als Nettozahler, die mehr in den Haushalt einzahlen als
sie herausbekommen, fordern sie wie Deutschland außerdem
Beitragsrabatte.
Entscheidungen
Die Auszahlung des Geldes soll an bestimmte
Bedingungen geknüpft werden – aber wer bestimmt, ob sie erfüllt sind?
Die Niederlande wollen, dass alle 27 Länder einstimmig darüber
entscheiden – stehen damit Diplomaten zufolge aber alleine dar.
Demnach gab es in dieser Frage am Freitag eine Blockade in den
Verhandlungen.
Vergabekriterien
Auf welcher Grundlage wird das Geld verteilt?
Die EU-Kommission hatte in ihrem Vorschlag vor allem die
Arbeitslosigkeit zwischen 2015 und 2019 als Kriterium angesetzt. Das
berücksichtigt die Folgen der Corona-Krise allerdings nicht.
EU-Ratschef Michel hat deshalb eine Alternative vorgeschlagen. Sie
sieht vor, dass bei 30 Prozent des Gelds der tatsächliche
Wirtschaftseinbruch infolge der Corona-Krise berücksichtigt wird.
Dieses Modell führt jedoch zu Unsicherheiten, denn dadurch wissen die
EU-Staaten heute noch nicht, wie viel Geld sie letztlich bekommen
werden.
Rechtsstaatlichkeit
Staaten wie Deutschland oder Belgien möchten
die Vergabe von Geld aus dem langfristigen Haushalt daran koppeln,
dass in Empfängerländern rechtsstaatliche Standards eingehalten
werden. Länder wie Polen und Ungarn schließen das allerdings
kategorisch aus.
(lin/dpa)
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