
Belarussische Frauen gehen gegen Lukaschenko auf die Straße. Bild: AP
International
Die Frauen wollen zeigen, dass sie sich nicht von den vielen Festnahmen in Belarus einschüchtern lassen. Geplant ist einer neuer Protestmarsch. Doch wie werden die Sicherheitskräfte reagieren?
12.09.2020, 10:1412.09.2020, 12:28
Nach der Festnahme der Oppositionellen Maria
Kolesnikowa werden an diesem Samstag in Belarus (Weißrussland)
Tausende Frauen zu neuen Protesten gegen Staatschef Alexander
Lukaschenko erwartet. Die Opposition hat dazu für 14 Uhr MESZ in
der Hauptstadt Minsk aufgerufen. Landesweit wird mit Aktionen
gerechnet. Dabei sollten die Demonstranten die Namen von Menschen
rufen, die von der autoritären Staatsführung unterdrückt würden. Sie
sollten zudem mit Pfeifen, Töpfen und Löffeln möglichst viel Lärm
machen, hieß es in dem Aufruf. Die Menschen sollten mit ihrer
Teilnahme zeigen, dass der Protest nicht verblasse, sondern wachse.
Derweil rief UN-Generalsekretär António Guterres die Behörden in
Belarus zur Zurückhaltung gegenüber friedlichen Demonstranten auf.
Bereits vor einer Woche waren Tausende Frauen zu Fuß gegen
Lukaschenko durch die Hauptstadt gezogen und hatten weiß-rot-weiße
Fahnen als Zeichen des Protests geschwenkt. Zuletzt gingen die
Sicherheitskräfte auch gegen weibliche Demonstranten vor, nachdem
anfänglich überwiegend nur Männer festgenommen worden waren.
Festnahmen am Freitag
Am Freitagabend gab es neue Festnahmen am Unabhängigkeitsplatz im
Zentrum von Minsk. Auf Videos war zu sehen, wie Frauen in die
katholische Kirche an dem Platz gelangen wollten. Maskierte
Sicherheitskräfte hinderten sie daran. Uniformierte fassten die
Frauen dabei mitunter hart an und führten einige in Kleinbussen ab.
Über die Zahl der Festgenommenen gab es zunächst keine Angaben. Die
katholische Kirche hatte zuletzt massiven Druck der Behörden beklagt.
Auch im Ausland gab es Proteste: So demonstrierten in Paris
Femen-Aktivistinnen vor der Botschaft von Belarus und prangerten die
Regierung von Lukaschenko an.
UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Freitag (Ortszeit) in
New York laut Mitteilung, die Lage in dem Land besorge ihn sehr.
"Insbesondere der anhaltende Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten und die Festnahme von Menschen, die legitime demokratische Rechte ausüben."
Auch Berichte über
Einschüchterungstaktiken unter anderem gegenüber Medienvertretern
besorgten ihn. Der Konflikt könne nur von den Menschen in Belarus mit
einem "breit angelegten inklusiven Dialog" gelöst werden, der
möglichst sofort starten solle, um Stabilität zu gewährleisten.
Weitere Proteste am Sonntag
Proteste sind in Minsk auch für Sonntag geplant. Dann soll es einen
"Marsch der Helden" geben – auch zu Ehren Kolesnikowas. Die
38-Jährige hatte diese Woche nach einer brutalen Entführung ihren
Pass zerrissen und damit ihre Abschiebung ins Nachbarland Ukraine
vereitelt. Sie sitzt nun in Untersuchungshaft unter dem Vorwurf der
versuchten Machtergreifung. Kolesnikowa, die in Stuttgart Musik
studiert und dort zwölf Jahre gelebt hat, droht eine lange
Haftstrafe.
Wie das Team der Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja mitteilte,
wurde Kolesnikowas Anwalt festgenommen. Die Behörden werfen ihm
demnach zufolge vor, der "nationalen Sicherheit Schaden" zu wollen.
Unter diesem Vorwand stehen auch die Ermittlungen gegen den
Koordinierungsrat der Zivilgesellschaft für einen friedlichen
Machtwechsel. Fast alle führenden Mitglieder des Gremiums, so auch
Kolesnikowa, sind entweder in Haft oder im Ausland.
Die Demokratiebewegung sieht Tichanowskaja, die am Freitag 38 Jahre
alt wurde, als rechtmäßige Siegerin der Wahl vom 9. August. Die
Bürgerrechtlerin war unter dem Druck der Behörden ins benachbarte
EU-Land Litauen geflüchtet. Lukaschenko beansprucht den Sieg aber mit
80,1 Prozent der Stimmen für sich. Der 66-Jährige, der als "letzter
Diktator Europas" bezeichnet wird, ist seit 26 Jahren an der Macht.
Fälle von Folter in Belarus
Derweil erklärten die EU-Staaten im Menschenrechtsrat, die
regierungskritischen Proteste zum Thema in dem Gremium machen und
eine Resolution verabschieden zu wollen. "Die andauernde
Verschlechterung der Menschenrechtslage in Belarus seit den
Präsidentschaftswahlen braucht die dringende Aufmerksamkeit des
Menschenrechtsrats", schrieb der deutsche Botschafter bei
den Vereinten Nationen in Genf, Michael von Ungern-Sternberg,
stellvertretend für die EU-Staaten. Der Diplomat verwies auf
UN-Berichte, laut denen in der vergangenen Woche 450 Fälle von Folter
und Misshandlungen von Gefangenen gemeldet wurden.
(lin/dpa)
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