Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat vor dem ersten Jahrestag der Erstürmung des US-Kapitols verstärktes Engagement für die Demokratie gefordert. "Wir haben vor einem Jahr als Deutsche, als Europäer alle in tiefer, tiefer Freundschaft und erschüttert nach Washington geschaut", sagte Baerbock am Mittwoch bei ihrem Antrittsbesuch in Washington. "Das ist nicht nur an dieser Stadt nicht spurlos vorüber gegangen, sondern auch nicht an vielen Menschen in Deutschland."
Das Verständnis dafür, "dass Demokratie nicht vom Himmel fällt, sondern dass Demokratie starke Demokratinnen und Demokraten braucht", sei eine der Lehren des 6. Januar 2021, sagte Baerbock nach einem Treffen mit der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Demokratie brauche "immer wieder ein Eintreten für Menschenrechte, für Bürgerrechte, für Rechtsstaatlichkeit", aber auch "ein Bekenntnis zu staatlichen Institutionen, eine Finanzierung von staatlichen Institutionen".
Radikale Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump hatten das Kapitol gestürmt, als dort der Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020 zertifiziert werden sollte. Der Sturm auf den Sitz des Kongresses sorgte weltweit für Entsetzen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie.
Die USA begehen am Donnerstag den ersten Jahrestag der Kapitol-Erstürmung. Präsident Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris werden Reden in der Statuen-Halle des Kongresses halten. Geplant sind auch Ansprachen von Nancy Pelosi, eine Schweigeminute und ein Gespräch mit Historikern über die Ereignisse des 6. Januar.
Zahlreiche Parlamentarier von Trumps oppositionellen Republikanern werden den Gedenkveranstaltungen allerdings fernbleiben. Der Ex-Präsident selbst hatte ursprünglich für den Donnerstag eine Pressekonferenz angekündigt, diese dann aber gestrichen. Trump verbreitet bis heute die vielfach widerlegte Behauptung, er sei durch angeblichen massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden.
Bundesaußenministerin Baerbock absolvierte am Mittwoch ihren eintägigen Antrittsbesuch in Washington. Bei ihrem Treffen mit ihrem US-Kollegen Antony Blinken ging es insbesondere um die Ukraine-Krise. Baerbock wiederholte in Washington ihre Warnung an Russland vor einem Einmarsch in der Ukraine. Sollte es zu "weiterer Eskalation, Aggression und vor allen Dingen zu einem Bruch von Souveränität" kommen, werde das "dramatische diplomatische und wirtschaftliche Folgen haben".
(andi/afp)