Trotz Corona-Pandemie haben am Samstag weltweit zahlreiche Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. In Australien gingen landesweit Zehntausende auf die Straßen, obwohl die Regierung wegen einer möglichen Coronavirus-Ansteckungsgefahr davon abgeraten hatte. Auch in Großbritannien riefen die Behörden dazu auf, nicht zu der für Samstag vor dem Londoner Parlament geplanten Kundgebung zu gehen.
"Ich verstehe, warum die Menschen zutiefst bestürzt sind, aber wir haben es immer noch mit einer Gesundheitskrise zu tun, und das Coronavirus bleibt eine reale Bedrohung", sagte der britische Gesundheitsminister Matt Hancock am Freitag. Er rief dazu auf, sich angesichts der Sicherheitsbedenken nicht mit mehr als sechs Menschen zu versammeln. Für Sonntag ist zudem eine Demonstration vor der Londoner US-Botschaft geplant.
Auch in Deutschland gingen die Menschen am Samstag zu tausenden auf die Straße, um gegen Polizeigewalt und Rassismus zu protestieren.
In Hamburg etwa versammelten sich laut Polizeiangaben 9.000 Menschen am Jungfernstieg – obwohl wegen der Corona-Pandemie nur 525 Teilnehmer zugelassen waren.
Die Hamburger Polizei hatte bereits vor den Demonstrationen ihre Solidarität erklärt. "Wir sind an eurer Seite!", twitterte sie vor Beginn der Kundgebungen. "Rassismus darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wir arbeiten täglich dafür, dass sich alle Menschen in Hamburg sicher fühlen können.
In Berlin hatten haben am Samstag auf dem Alexanderplatz nach Polizeiangaben etwa 15.000 Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. Die Veranstaltung verlief weitgehend friedlich, wie eine Polizeisprecherin am Nachmittag sagte.
Damit waren weit mehr Menschen gekommen als von den Veranstaltern erwartet. Diese hatten 1.500 Teilnehmer angemeldet. Die Polizei rief dazu auf, die Corona-Regeln einzuhalten und angrenzende Straßen zu nutzen. Viele der Demonstranten waren dunkel gekleidet.
Bei einer Schweigeminute setzten sich die Demonstranten, darunter viele Jugendliche, auf den Boden. Sie dauerte genau 8 Minuten und 46 Sekunden. So lange hatte ein Polizist George Floyd sein Knie an den Hals gedrückt, bis dieser sein Bewusstsein verlor und kurz darauf starb.
In München waren es rund 20.000 Menschen, die sich an den Demonstrationen gegen Rassismus beteiligten. Die Zahl der Teilnehmer sei im Verlauf der Veranstaltung am Samstag immer weiter angestiegen, sagte ein Polizeisprecher. Anfangs waren zunächst 7000 Demonstranten am Münchner Königsplatz von der Polizei gezählt worden. Angemeldet waren 200 Menschen.
Rund 8.000 Menschen haben sich am Samstag in Frankfurt am Main versammelt. Nicht mal eine Stunde nach dem Beginn der Kundgebung sei der Römerplatz bereits voll gewesen, teilte ein Sprecher der Polizei mit. Weitere Teilnehmer könnten deshalb auf den nahe gelegenen Paulsplatz ausweichen. "Bisher ist alles friedlich", sagte der Sprecher am Samstagmittag. Auch die Hygiene- und Mundschutzregeln würden eingehalten.
In Sydney, wo die weltweiten Proteste am Samstag ihren Auftakt nahmen, wurde die Kundgebung erst kurz vor Beginn durch einen Gerichtsbeschluss genehmigt – die Behörden hatten sie ursprünglich untersagt. Viele der in schwarz gekleideten Demonstranten hielten Protestschilder hoch und trugen Atemschutzmasken mit der Aufschrift "Ich kann nicht atmen" – in Anlehnung an die letzten Worte des Afroamerikaners George Floyd.
Die australischen Demonstranten prangerten zudem eine hohe Inhaftierungsrate unter Mitgliedern der Aborigine-Gemeinschaft an sowie zahlreiche Todesfälle von inhaftierten Aborigines – mehr als 400 in den vergangenen 30 Jahren.
In Frankreich verboten die Behörden mehrere für Samstag angekündigte Demonstrationen gegen Polizeigewalt in Paris unter Verweis auf das Infektionsschutzgesetz. Wegen der Corona-Pandemie wurden alle Demonstrationen mit mehr als zehn Personen laut Polizei untersagt.
In Paris hatten bereits am Dienstag tausende Menschen gegen den Tod des Schwarzen Adama Traoré in einer Pariser Vorstadt 2016 demonstriert. Auch er war wie Floyd im Polizeigewahrsam am Boden fixiert worden.
(vdv/ mit Material von dpa und afp)