Heiko Maas bei der Münchner Sicherheitskonferenz.Bild: picture alliance/dpa
International
Die Münchner Sicherheitskonferenz hat einen
tiefen Graben zwischen der US-Regierung und Europa offengelegt.
Europäische Top-Politiker beklagten Handlungsunfähigkeit und hielten Washington eine
Abkehr von internationalen Institutionen vor. US-Außenminister Mike Pompeo wies alle Kritik zurück. "Ich bin glücklich
Ihnen mitzuteilen, dass der Tod des transatlantischen Bündnisses
krass übertrieben ist. Der Westen gewinnt, zusammen gewinnen wir",
sagte Pompeo in München.
Die Meinungen gehen also weit auseinander – bis zur Unfähigkeit zum Dialog.
Macron ist enttäuscht von Deutschland
Enttäuschungen wurden bei der Konferenz aber auch im Verhältnis
Frankreichs zu Deutschland deutlich. Der französische Präsident
Emmanuel Macron sprach von einer Schwächung des Westens infolge einer
geänderten US-Politik und forderte erneut eine stärkere Kooperation
Europas auch in der Verteidigung. Sollte das Tandem Paris-Berlin
keine Antworten darauf geben, wie die Perspektive für eine Zeit in 20
oder 30 Jahren aussehe, wäre das ein "historischer Fehler".
Macron auf der Sicherheitskonferenz.Bild: imago images / Xinhua
Er warte in vielen Fällen noch auf deutsche Antworten auf seine
Vorschläge der vergangenen Jahre für eine Reform der EU. "Es geht
nicht um Frust, ich bin ungeduldig", bekannte Macron. Er warnte
zudem, nach Finanz- und Migrationskrise hätten viele Menschen den
Glauben an die Demokratie verloren. "Wir sind dabei ein Kontinent zu
werden, der nicht an seine Zukunft glaubt."
Macron plant für die Zeit nach Merkel
Der Franzose plante im München offenkundig schon für die Zeit
nach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und traf sich stundenlang mit
Annalena Baerbock und Robert Habeck von den Grünen, die in Umfragen
nur knapp hinter CDU/CSU rangieren. Dem Vernehmen nach dauerte ein
gemeinsames Abendessen mit den Grünen-Chefs auf Einladung Macrons
drei Stunden. Baerbock forderte am Sonntag in einer Diskussionsrunde
mehr leidenschaftlichen Einsatz für die EU.
Dabei war auch Armin Laschet, CDU-Vize und Ministerpräsident von
Nordrhein-Westfalen, dessen Äußerungen als offene Spitze gegen Merkel
verstanden wurden. Der Europapolitik von Merkel und der
Bundesregierung fehle es oft an Mut, Dynamik und Geschwindigkeit.
"Heute macht der französische Präsident Vorschläge, wir brauchen zu
lange bis man reagiert", sagte Laschet, der nach dem angekündigten
Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer als möglicher Bewerber für den
CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur gilt.
Pompeo kritisiert Steinmeier
US-Außenminister Pompeo hatte bereits am Samstag seinen großen
Auftritt und widersprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der
am Vortag das amerikanische Bekenntnis zu Europa deutlich infrage
gestellt und die Regierung in Washington frontal angegriffen hatte.
Pompeo sagte, es gebe taktische Unterschiede bei der Lösung von
sicherheitspolitischen Problemen, aber bei der Analyse sei man sich
einig. Auffällig: Er betonte mehrfach die Souveränität von Staaten – ohne die Rolle der EU oder der Vereinten Nationen zu beleuchten.
Mike Pompeo trifft Heiko Maas.Bild: imago images / photothek
Der frühere CIA-Chef Pompeo rief die westlichen Partner zu
Entschlossenheit auf. "Nennen Sie mir ein Beispiel aus der
Geschichte, wo sich die Schwachen und Kleinmütigen durchgesetzt
haben", sagte er - und forderte, sich zusammen gegen ein aggressives
Auftreten von Staaten wie China, Russland und Iran zu stellen.
Ausdrücklich nannte er chinesische Technologiefirmen, die
"Trojanische Pferde" chinesischer Geheimdienste seien.
Die Reaktionen kamen prompt: Der chinesische Außenminister Wang
Yi warf den USA "Schmierenkampagnen" vor. "Grundsätzlich kann ich
sagen, dass alle Beschuldigungen gegen China Lügen sind", sagte Wang
laut offizieller Übersetzung.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow verglich die Spannungen
zwischen seinem Land und der Nato mit dem Kalten Krieg. "Es findet
sozusagen eine Barbarisierung der internationalen Beziehungen statt,
die das Lebensumfeld der Menschen belastet." An den Nato-Außengrenzen
zu Russland wird seit Beginn der Ukraine-Krise 2014 auf beiden Seiten
aufgerüstet. Auslöser war die völkerrechtswidrige Annexion der Krim
durch Russland.
AKK appelliert an die EU
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer rief die EU zu mehr
Anstrengungen für die gemeinsame Sicherheit auf. "Ich sehe Europa und
gerade mein Land in der Pflicht, mehr Handlungsfähigkeit und mehr
Willen zum Handeln zu entwickeln."
Gegner hätten den Willen zum
Handeln und auch zum Gebrauch militärischer Gewalt. Sie nannte
islamistischen Terrorismus und die Annexion der Krim. "Und was macht
der Westen, was machen wir? Wir beschreiben unsere Schwächen. Wir
kommentieren das Handeln anderer. Und wir beklagen uns."
(ll/dpa)
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