Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich haben nur eine einzige Landgrenze, sie verläuft zwischen dem EU-Mitgliedsland Irland und der britischen Provinz Nordirland.Bild: dpa / Liam Mcburney
International
Im Streit um knappe Impfstoffe will die EU ihre Vakzin-Exporte künftig stärker kontrollieren. Weil dabei ausgerechnet die heikle irisch-nordirische Grenze in den Fokus geriet, war der Aufschrei groß. Brüssel lenkte ein - will jedoch weiter klare Kante zeigen.
30.01.2021, 08:5730.01.2021, 08:56
Im Impfstoffstreit mit Großbritannien hat die
EU versucht, die Wogen wieder zu glätten. "Konstruktive Gespräche mit
Premierminister Boris Johnson", twitterte Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen in der Nacht zum Samstag. "Wir sind uns im
Prinzip einig geworden, dass es keine Beschränkungen beim Export von
Impfstoffen durch Unternehmen geben soll, wenn diese ihre
vertraglichen Pflichten erfüllen."
Als Reaktion auf massive Lieferkürzungen des Impfstoffherstellers
Astrazeneca will die EU künftig stärker überwachen, wohin wie viel in
der EU produzierter Impfstoff exportiert wird. In einer ersten
Erklärung klang es jedoch, als wollte Brüssel für dieses Vorhaben an
der irisch-nordirischen Grenze Kontrollen durchführen und damit einen
Notfallmechanismus des sogenannten Nordirland-Protokolls aktivieren.
Der offenbar weder mit Dublin noch mit London abgestimmte Schritt
rief helle Empörung in Großbritannien und vor allem in Nordirland
hervor. Die EU wollte sich mit diesem Schritt wohl davor schützen,
dass über Nordirland als Hintertür doch unreguliert Impfstoffdosen
nach Großbritannien gelangen.
Schutzmaßnahmen-Klausel des Protokolls werde nicht aktiviert
Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich haben nur eine
einzige Landgrenze, sie verläuft zwischen dem EU-Mitgliedsland Irland
und der britischen Provinz Nordirland. Im Zuge der
Brexit-Verhandlungen wurde jedoch vereinbart, dass an dieser Grenze
keinesfalls Kontrollen stattfinden sollen, um den zerbrechlichen
Frieden in der ehemaligen Bürgerkriegsregion Nordirland nicht zu
gefährden.
Erst am späten Freitagabend lenkte die EU-Kommission ein und
versprach in einer Mitteilung, bei ihren Exportkontrollen von
Impfstoffen das Nordirland-Protokoll "unberührt" zu lassen. Man werde
die Schutzmaßnahmen-Klausel des Protokolls nicht aktivieren. Der
Streit hatte sich in den Stunden zuvor zur diplomatischen Krise
zwischen London und Brüssel entwickelt. Boris Johnson sprach von
"schwerer Besorgnis", Nordirlands Regierungschefin Arlene Foster
sogar von einem "Akt der Feindlichkeit". Trotz des schnellen
Zurückruderns der EU dürften die Vorgänge ihre Spuren in den ohnehin
angespannten Beziehungen beider Seiten hinterlassen und das Ringen um
die kostbaren Corona-Vakzine nicht einfacher machen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die zuvor mit Johnson
telefoniert hatte, twitterte außerdem, sie habe sich mit dem irischen
Premier Micheal Martin auf einen "zufriedenstellenden Weg" für die
Überwachung der Impfstoffexporte geeinigt. Weitere Details sollten im
Laufe des Samstag bekanntgegeben werden.
(mse/dpa)
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