Die HBO-Serie "Sex and the City" feiert 20-jähriges Jubiläum. Das sind zwei Jahrzente Männer, Schuhe, Tränen und vor allem:
In zwei Jahrzehnten kann sich eine Menge ändern.
Schaut man Miranda, Carrie, Charlotte und Samantha heute bei ihren Irrungen und Wirrungen im New Yorker Großstadt-Dschungel zu, ist man lange nicht mehr so geschockt wie als man die Serie zum ersten Mal geschaut hat.
Bindungsunfähige Großstädter? Bitte. Sogar Carrie war daran schon so gewöhnt, dass sie mit einem netten, bindungswilligen Aidan nicht mehr klar kam. Das ist heute nicht anders.
Aber auch die zahlreichen Sex-Szenen, die uns früher mit offenem Mund vor dem Fernseher sitzen ließen, sind nicht mehr das, was sie mal waren.
Egal, welche ausgefallenen Sex-Szenen in "Sex and the City" gezeigt wurden – keine davon sind heute so schockierend, als dass man sie nicht in einer Tinder-Bio finden würde.
Tja, in der Postmoderne des "50 Shades of Grey"-Zeitalters kann uns wirklich gar nichts mehr schocken.
Und nicht falsch verstehen: Die Serie hat ihren Teil dazu beigetragen, sonst schmuddelig anmutende Themen salonfähig zu machen. Wenn man so überlegt: Wären die Sex-Szenen heute noch Schocker, hätten wir gesellschaftlich keine Fortschritte gemacht und das wäre traurig.
Was war da los, als die HBO-Serie in der 9. Folge der ersten Staffel einen Vibrator gezeigt hat! Der "Jack Rabbit" hat Charlotte sogar so süchtig gemacht, dass sie irgendwann nicht mehr aus dem Haus geht. Bis ihre Freundinnen eine Intervention initiieren. Fun Fact: Sex-Toys gibt es heute schon in Drogeriemärkten zu kaufen.
Das gleiche gilt für die von Samantha erwähnten "Nippelklemmen" in einer Unterhaltung mit den anderen Frauen in der Sauna. (Staffel 3, Folge 3) Wann die in deutsche Drogeriemärkte kommen, ist nur noch eine Frage der Zeit.
In der Serie kommt Bisexualität wiederholt zur Sprache.
Zum Beispiel in Staffel 3, Folge 4: Carries jüngerer Freund ist bisexuell und Carrie hat damit so einige Probleme. Sie sagt sogar, sie würde nicht an Bisexualität "glauben" sondern vermutet dahinter eher einen Zwischenstopp zur Homosexualität. You better believe it, Carrie.
Carries bisexueller Freund nimmt sie also mit auf eine ziemlich queere Party und dort küsst Carrie Alanis Morissette. Ganz normaler Freitagabend in Berlin-Mitte.
Oder in Staffel 4, Folge 2: Hier erweitert die sonst so Männer-fixierte Samantha ihren sexuellen Horizont und beginnt eine Beziehung mit der Künstlerin Maria. Die Beziehung ist ein Aufreger-Thema unter ihren Freundinnen, besonderes Charlotte zeigt sich verwirrt.
Been there, done that, würden einige von uns da heute sagen. Samantha wäre stolz.
Auch die speziellen Vorlieben der Serien-Charaktere sind heute keine revolutionären Schocker mehr, sondern höchstens noch nett anzuschauen.
Der Mann aus Staffel 2, Folge 15, der mit Miranda nur in der Öffentlichkeit Sex haben konnte?
Ein sehr expliziter Tantra-Workshop wie der aus Staffel 2, Folge 16? Also das gehört mittlerweile zum Standard-Repertoire eines gelungenen Samstagnachmittags-Programm in der Großstadt. Und in die Tinder-Bio.
Charlotte will in Staffel 1, Folge 4 nicht das "Up-the-butt-girl" sein. Okay, verständlich. Aber ist Anal-Sex heutzutage eine schockierende, anrüchige Sex-Praktik? Eher nicht.
Auch der Politiker, den Carrie in Staffel 3, Folge 2 dated ist längst kein weirdo mehr. Anpinkeln als Sexpraktik ist sicherlich auch heute eher ungewöhnlich. Aber was ist schon gewöhnlich heutzutage?
Und das alles bitte nicht ana(l)-chronistisch verstehen. Es macht auch heute noch Spaß, "Sex and the City" anzuschauen. Auch wenn man einige der "Schocker" mittlerweile möglicherweise de-mystifizieren konnte. Zum Glück.
Von daher: Alles Gute zum Zwanzigjährigen, Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha!
(yp)