Er ist wieder da. Zumindest der Name: Mussolini. Gleich zwei Mussolinis treten in Italien zur Europawahl an. Caio Giulio Cesare und Alessandra Mussolini. Sie sind Urenkel und Enkelin des faschistischen Diktators Benito Mussolini, der einst mit Adolf Hitler gemeinsame Sache machte und die Rassengesetze in Italien einführte.
Nun ist es nicht verwerflich, Enkel eines Diktators zu sein und zu Wahlen anzutreten. Allerdings sind die Nachwuchsmussolinis stolze Nachfahren und Namensträger – und nutzen ihren Namen ganz gezielt, um auf Wählerfang zu gehen.
Da ist der 51-jährige Caio Giulio Cesare Mussolini. Er tritt für die rechtsnationale Partei "Fratelli d'Italia" ("Brüder Italiens") an, die bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr vier Prozent der Stimmen holte.
Der Urenkel des "Duce" nennt sich selbst "Comandante Mussolini", wurde in Argentinien geboren, war 15 Jahre Marineoffizier, hat für italienische Unternehmen im Ausland gearbeitet und setzt bei der anstehenden Europawahl vor allem auf ein zentrales Argument: den Namen. Der ist es nämlich, der fett und ziemlich einsam auf dessen Wahlplakaten steht.
Ja. Er sei stolz auf seinen Nachnamen, sagte der Duce-Ur-Enkel der Deutschen Presseagentur. "Zuhause hat man immer Familiäres von Politischem getrennt und vor allem über ersteres geredet. Wie in allen Familien mit politisch engagierten Verwandten".
Dass man in Italien mit dem Namen eines Faschisten auf Stimmenfang gehen kann, sei Ausdruck einer gewissen italienischen Exotik, sagt der Politikwissenschaftler und Italienexperte Roman Maruhn zu watson. Die Familie Mussolini gehe sehr offensiv mit ihrem Erbe um. "Der Name ist eher Bonus als Malus", so Maruhn.
Entsprechend verharmlosend blickt der Urenkel auf Uropa und die faschistische Vergangenheit. Distanzierung? Fehlanzeige: "Ich denke, dass der Faschismus eine wichtige Zeit der italienischen Geschichte gewesen ist, die noch vertiefend von den Historikern untersucht werden muss. Aber ich denke, dass nach über 80 Jahren der Moment gekommen ist, nach vorne zu schauen."
Caio Giulio Cesare ist nicht der erste Mussolini, der in Italien für eine rechte Partei auf Stimmenfang geht. Alessandra Mussolini ist ihrem Cousin zweiten Grades bereits einen Schritt voraus: Sie sitzt schon im EU-Parlament. Für "Forza Italia", die Partei des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Der wusste schon länger, dass mit dem Namen Politik zu machen ist.
Auch die Enkelin des Diktators will wieder ins EU-Parlament, auch sie ist stolz auf Namen und ihren Uropa. Während eines Radiointerviews drohte sie, all jene "wegen Verherrlichung des Antifaschismus" verklagen zu wollen, die Opa Mussolini beleidigen.
In Italien ist Mussolini eine Marke. "Duce"-Denkmäler findet man überall im Land. Oft ohne Hinweis auf die Opfer des Faschismus. Insofern scheint die offensive Art und Weise, wie die Mussolinis mit ihrem Namen in den Wahlkampf ziehen, auch Folge einer defizitären Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit. In einigen Teilen der italienischen Gesellschaft gebe es große Diskussionen, wie die Person Mussolini zu bewerten sei, sagt der Politikwissenschaftler Maruhn. "Es gibt sogar Regierungsmitglieder, die Mussolini als größten Staatsmann aller Zeiten sehen."
(ts mit dpa)