In diesem Haus wurde Haitis Präsident ermordet.Bild: AA / Stringer
International
Ein haitianischer Arzt aus Florida soll den Mord des Präsidenten seiner Heimat in Auftrag gegeben haben, weil er ihn ersetzen wollte. Das teilt die Polizei mit, die den 63-Jährigen festgenommen hat. Es bleiben Fragen offen – auch: Wer hat in Haiti eigentlich das Sagen?
Haitis Nationalpolizei hat nach eigenen
Angaben einen mutmaßlichen Drahtzieher des Mordes am Präsidenten
Jovenel Moïse festgenommen. Es handelte sich um einen 63 Jahre alten
haitianischen Arzt, der im US-Bundesstaat Florida wohnt, wie
Interims-Polizeichef Léon Charles am Sonntag in einem Pressebriefing
sagte.
Der Mann sei vor kurzem in einem Privatflugzeug nach Haiti
gekommen, um die Präsidentschaft an sich zu reißen. Hochrangige
Beamte aus den USA, die bei den Ermittlungen helfen sollen, haben
sich am Sonntag in Haiti mit Charles sowie mit den Protagonisten des
dort brodelnden Machtkampfs getroffen.
Söldner offenbar über Sicherheitsfirma angeheuert
Der Arzt werde beschuldigt, die als Attentäter verdächtigten
kolumbianischen Söldner über eine venezolanische, private
Sicherheitsfirma mit Sitz in Florida angeheuert zu haben, hieß es von
der Polizei. Er sei der Erste gewesen, den diese nach dem Attentat
angerufen hätten. In seiner Wohnung seien Beweise gefunden worden.
Der Mann habe mit zwei weiteren Hintermännern Kontakt gehabt. Er ist
der dritte US-Bewohner haitianischer Herkunft, und der 21. Mann
insgesamt, der als Tatverdächtiger nach dem Mordanschlag festgenommen
worden ist. Auch die anderen beiden lebten Berichten zufolge in
Florida, das nur rund 1000 Kilometer von Haiti entfernt liegt.
Attentäter gaben sich als Agenten der US-Drogenbehörde aus
Der 53 Jahre alte Staatschef Moïse war in der Nacht zum Mittwoch in
seiner Residenz überfallen und erschossen worden. Seine Ehefrau wurde
schwer verletzt. Nach Angaben der Polizei führten 26 Kolumbianer und
zwei US-Amerikaner haitianischer Herkunft den Mord aus.
Sie hätten
sich als Agenten der US-Anti-Drogenbehörde DEA ausgegeben. Drei der
Kolumbianer wurden demnach getötet, nach den übrigen fünf wurde noch
gefahndet. Die Hintergründe der Tat blieben bisher unklar. Für
Spekulationen sorgte unter anderem, dass die Wächter des Präsidenten
anscheinend keinen Widerstand leisteten.
Haitis Politik versinkt im Chaos
Interims-Premierminister Claude Joseph führt seit dem Mord die
Regierung, obwohl Moïse noch am Montag den Neurochirurgen und
Ex-Innenminister Ariel Henry zu dessen Nachfolger ernannt hatte.
Henry sagte in einem Interview, aus seiner Sicht sei er der wahre
Interims-Premierminister. Der Senat wählte seinen Präsidenten Joseph
Lambert, der Henry unterstützt, am Freitag zum Interims-Staatschef.
Das Parlament ist jedoch seit Anfang 2020 nicht beschlussfähig,
nachdem eine Wahl ausgefallen war und die Amtszeiten der meisten
Abgeordneten abliefen. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs
starb vor wenigen Wochen an den Folgen von Covid-19. Für den 26.
September sind Präsidenten- und Parlamentswahlen geplant.
Internationale Gemeinschaft will Ermittlungen unterstützen
Die internationale Gemeinschaft hat Joseph, der auch Außenminister
ist, bisher als Ansprechpartner anerkannt. Seine Regierung bat die
Ex-Besatzungsmacht USA, Truppen zu schicken, um für Sicherheit zu
sorgen und Infrastruktur zu schützen. Die Bitte werde geprüft,
erklärte Pentagon-Sprecher John Kirby. Der Fokus liege derzeit aber
darauf, bei den Ermittlungen zu helfen, sagte er dem Sender Fox News.
Dafür wurden hochrangige Beamte unter anderem der US-Bundespolizei
FBI und des Heimatschutzministeriums nach Haiti geschickt. Diese
trafen sich am Sonntag nach Angaben von Lambert auch mit ihm.
Gemeinsam habe man seine Wahl zum Übergangspräsidenten gewürdigt und
die nächsten Schritte besprochen, schrieb er bei Twitter. Kurz darauf
twitterte Lambert, er sei empört: Joseph habe seinen Rivalen Henry
vor der US-Delegation verleumdet und beleidigt.
USA will Impfstoff senden
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, hatte auch eine baldige
Lieferung von Impfstoff gegen das Coronavirus angekündigt - daran
fehlt es in Haiti, dem ärmsten Land des amerikanischen Kontinents,
bislang komplett. Die Fallzahlen stiegen dort zuletzt deutlich.
Proteste gegen Präsidenten seit 2017
Proteste gegen Moïse, der seit 2017 im Amt war, hatten Haiti zuletzt
immer wieder lahmgelegt. Ihm wurden Korruption, Verbindungen zu
brutalen Banden und autokratische Tendenzen vorgeworfen. Im Februar
ernannten Oppositionsparteien einen Übergangspräsidenten, weil aus
ihrer Sicht Moïses Amtszeit abgelaufen war.
Zuletzt trieben blutige
Kämpfe zwischen Banden um die Kontrolle über Teile der Hauptstadt
mehr als 14.000 Menschen in die Flucht.
Der berüchtigte Bandenführer und Ex-Polizist Jimmy "Barbecue"
Cherizier, dem Verbindungen zu Moïse nachgesagt wurden, sagte in
einem am Samstag veröffentlichten Video, dessen Ermordung sei eine
nationale und internationale Verschwörung gegen das haitianische Volk
gewesen. Er rufe alle Banden auf, zu mobilisieren.
(fgr/dpa)
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