International
Italiens Regierung hat eine deutliche Verschärfung des Asylrechts beschlossen. Ein entsprechendes Dekret wurde am Montag in Rom verkündet, es muss aber noch von Staatschef Sergio Mattarella und dem Parlament abgesegnet werden. Innenminister Matteo Salvini sagte, künftig könnten Asylanträge ausgesetzt werden, wenn der Antragsteller als "sozial gefährlich" eingestuft werde oder in erster Instanz verurteilt worden sei. Auf diese Weise solle Italien sicherer gemacht werden.
Asylanträge von Bewerbern, denen Drogenhandel oder Taschendiebstahl zur Last gelegt werde, werden demnach künftig abgelehnt. Die Vergabe von humanitären Aufenthaltsgenehmigungen soll stark eingeschränkt werden. In den vergangenen Jahren hatten rund ein Viertel der Asylbewerber in Italien diesen Sonderstatus unterhalb des Asylstatus erhalten.
Migranten brauchen "Heldentaten"
Nach dem Willen der Regierung kommen künftig für die humanitäre Aufenthaltsgenehmigung etwa Opfer von Naturkatastrophen oder Einwanderer in Frage, die dringend auf medizinische Versorgung angewiesen sind. Außerdem könnten sich Migranten mit einer Heldentat diesen Status verdienen.
Innenminister Matteo Salvini will weniger Migranten im Land.Bild: imago stock&people
Auch die Verteilung und Unterbringung von Aslybewerbern will die Regierung neu organisieren. Die meisten von ihnen sollen in großen Auffangzentren untergebracht werden. Lediglich unbegleitete Minderjährige und anerkannte Flüchtlinge sollen auf kleinere Unterkünfte verteilt werden, um ihre Integration zu erleichtern. Der Zusammenschluss der italienischen Bürgermeister lehnt das Vorhaben ab, da Unterkünfte mit hunderten beschäftigungslosen Asylbewerbern insbesondere in kleineren Kommunen für Probleme sorgen.
Auf seiner Facebook-Seite schrieb Salvini, das per Dekret erlassene Gesetz sei "ein Schritt nach vorn, um Italien sicherer zu machen". Es trage dazu bei, dass Italien "stärker im Kampf gegen die Mafia" sowie gegen Schleuser werde. "Kriminelle" und "falsche Asylbewerber" würden schneller ausgewiesen.
Salvini erklärte, das Dekret gebe den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse und dämme "die Kosten einer übertriebenen Einwanderung" ein. Der Minister verwies zudem auf die neue Möglichkeit, "Terroristen" die italienische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Kritiker zweifeln aber daran, dass dies verfassungsgemäß ist.
Als sicherheitspolitische Neuerung ist in dem Dekret unter anderem vorgesehen, den Einsatz von Elektroschock-Pistolen auszuweiten und die Verwaltung von beschlagnahmten Mafia-Gütern neu zu regeln. Außerdem wird die Räumung besetzter Häuser erleichtert, weil die Verpflichtung entfällt, sozial benachteiligten Bewohnern eine Ersatzunterkunft anzubieten.
Das Dekret soll in Kraft treten, sobald Mattarella es unterzeichnet hat. Die Vorlage soll ihm in den kommenden Tagen zugeleitet werden. Danach muss auch das italienische Parlament innerhalb von 60 Tagen zustimmen. Laut italienischen Medienberichten hatte Mattarella mit der Drohung, seine Unterschrift zu verweigern, bereits Änderungen an dem Dekret erwirkt.
Über das Sicherheitsdekret wurde in italienischen Medien seit Wochen diskutiert. Auch innerhalb der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, die seit Juni mit Salvinis rechtsextremer Partei Lega regiert, war das Vorhaben umstritten.
Der Generalsekretär der italienischen Bischofskonferenz, Nunzio Galantino, kritisierte, dass die Einwanderungs- und die Sicherheitspolitik in einem einzigen Dekret zusammengefasst werden. Dies bedeute, dass Einwanderer pauschal "als öffentliche Gefahr angesehen" würden, erklärte der Kirchenvertreter. Dies sei "ein schlechtes Zeichen".
Salvini ist zugleich Chef der fremdenfeindlichen Lega und stellvertretender Ministerpräsident. Er will die Aufnahme von Migranten drastisch begrenzen und verweigerte immer wieder Rettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord die Einfahrt in einen Hafen, bis andere EU-Staaten sich zur Aufnahme eines Teils der Geretteten bereit erklären.
Der Lega-Chef ging bei seiner Pressekonferenz auch auf die Roma-Minderheit ein. Maßnahmen gegen sie seien wegen des zu erwarteten Aufschreis nicht in dem Dekret enthalten, sagte Salvini. Sein Ziel bleibe es dennoch, in seiner Regierungszeit "die Schließung aller Roma-Lager" in Italien zu erreichen.
(tl/afp)
Die FDP windet sich weiter in ihrer selbstgewählten Zwangslage als Regierungspartei. Immer wieder kokettieren Spitzenpolitiker der Liberalen mit dem Ausstieg aus der Ampel-Regierung. Nach der desaströsen Brandenburgwahl Ende September kündigte Parteichef Christian Lindner einen "Herbst der Entscheidungen an".