Die Debatte um die sicheren Herkunftsstaaten ist in Deutschland und der EU aufgeheizt. Am Donnerstag ging es im Bundestag unter anderem konkret um die finale Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsländer.
Das bringt mit sich, dass Menschen, die aus diesen Staaten Asyl in Deutschland beantragen wollen, weniger Rechte haben als Geflüchtete aus anderen Ländern. Denn: Die allgemeinen politischen Verhältnisse der sicheren Herkunftsstaaten lassen vermuten, dass dort keine Asylgründe wie politische Verfolgung oder unmenschliche Bestrafung oder Behandlung vorliegen.
Einen entsprechenden Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten, brachte die Bundesregierung Anfang September als besonders eilbedürftig vor den Bundesrat.
Diese Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten stieß nicht nur im Voraus auf viel Kritik, die Abstimmung im Bundestag am Donnerstag versprach ebenfalls viel Zündstoff und hielt einige Überraschungen bereit.
Asylanträge von Menschen aus sicheren Herkunftsländern werden in einem beschleunigten Verfahren geprüft – und meist abgelehnt.
Wegen der gestiegenen Geflüchtetenzahlen soll die Liste dieser Staaten erweitert werden. Aktuell stehen dort die Staaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien drauf.
In der Vergangenheit wurden nur unter 0,1 Prozent der Asylanträge aus Moldau und Georgien anerkannt. Daher sollen diese Staaten nun auch auf die Liste.
Doch die Kritik daran: Das Konzept missachtet die individuelle Situation von Schutzsuchenden. Und es ist unvereinbar mit dem Menschenrecht auf Schutz vor Verfolgung. Dadurch würden Geflüchtete aus sicheren Herkunftsstaaten diskriminiert.
Ein konkretes Beispiel aus Georgien und Moldau: Die Lage für queere Menschen und Roma ist nicht sicher. Sie sehen sich Verfolgung und Erniedrigung ausgesetzt.
Traditionell stehen die Grünen dem Konzept der sicheren Herkunftsstaaten eher kritisch gegenüber. Mitgetragen haben sie den Entwurf bisher trotzdem, wenn auch widerwillig. Doch kurz vor der Abstimmung im Bundestag am Donnerstag hieß es aus Regierungskreisen plötzlich: Zahlreiche Abgeordnete wollen wohl dagegenstimmen, nicht nur von den Grünen. Ein Dammbruch.
Zunächst war eine namentliche Abstimmung geplant. So wäre ersichtlich gewesen, welche:r Politiker:in für das Gesetzesvorhaben oder eben dagegen ist. Doch das Ergebnis des Handzeichens war eindeutig: Das Gesetz wurde im Bundestag angenommen. Nur die Linke stimmte schlussendlich dagegen.
Doch die Bundestagsabgeordnete der Grünen und jugendpolitische Sprecherin, Emilia Fester, ist eine von jenen, die ebenfalls nicht dafür gestimmt haben. Sie hat gar nicht abgestimmt. Neben ihr auch unter anderem ihre Fraktionskollegen Sven Lehmann, Max Lucks und Awet Tesfaiesus.
In ihrer persönlichen Erklärung, die sie dazu im Bundestag abgegeben hat, die watson vorliegt, begründet sie das so:
Fester führt aus: Die Einstufung als solche erleichtere auch nicht die Abschiebung in solche Länder. Entscheidend sei die Bereitschaft des jeweiligen Staates, seine Bürger zurückzunehmen und Dokumente auszustellen.
Und weiter:
Als offen bisexuelle Frau schaue sie mit großer Sorge insbesondere auf Georgien. Dort habe sich die Lage für LGBTQIA+-Personen in den vergangenen Jahren stark verschlechtert.
Das, unter anderem, mache es ihr nicht möglich, dem Gesetz zuzustimmen.
Welche Abgeordnete der anderen Parteien ebenfalls nicht abgestimmt haben, ist Donnerstagabend noch nicht öffentlich bekannt.