Rechts die Vergangenheit (Kaiser und Kaiserin), links die Zukunft (Kronprinz und Frau): Japans Kaiser dankt zugunsten seines Sohnes ab.Bild: www.imago-images.de
International
30.04.2019, 10:3330.04.2019, 10:34
Japan vollzieht eine Zeitenwende: Zum ersten Mal in der ältesten
Erbmonarchie der Welt seit 200 Jahren dankt an diesem Dienstag der Kaiser des Landes ab
und macht den Thron für seinen Sohn frei. Eine neue Ära beginnt.
Hier kannst du die Abdankungszeremonie in Tokio anschauen:
Japans Kaiser Akihito hat den Göttern des Landes seine Abdankung angekündigt.
Der 85 Jahre alte Monarch führte am Dienstag
in den Schreinen seines Palastes religiöse Riten aus - gekleidet in
die moderne Version einer jahrhundertealten höfischen Tracht aus
goldbrauner Robe und hoch aufragender schwarzer Kopfbedeckung. In den
Heiligtümern der japanischen Ur-Religion Shinto wird unter anderem
die Sonnengöttin Amaterasu Omikami verehrt. Den Mythen nach sind die
japanischen Kaiser unmittelbare Nachfahren von Amaterasu Omikami.
Wollen nicht mehr: Kaiser Akihito und seine Frau Michiko.Bild: www.imago-images.de
Formal dankt Akihito um Mitternacht (1700 MESZ) ab, womit seine
30-jährige Regentschaft namens "Heisei" (Frieden schaffen) endet. Es
ist das erste Mal seit rund 200 Jahren in der ältesten Erbmonarchie
der Welt, dass ein Kaiser zu seinen Lebzeiten abdankt.
Am Tag darauf besteigt Akihitos ältester Sohn, Kronprinz Naruhito (59), den Thron und läutet damit eine neue Ära für Japan ein.
Sein Vater Akihito wollte zuvor am Dienstag bei einer staatlichen
Abdankungszeremonie im Palast ein letztes Mal Worte an die
Öffentlichkeit richten. Es wird die letzte Rede Akihitos als Tenno
sein. Als Vertreter der Öffentlichkeit wird der rechtskonservative
Ministerpräsident Shinzo Abe im Beisein von rund 300 Gästen und
Mitgliedern der Staatsspitze Worte der Dankbarkeit für den seit 30
Jahren amtierenden Tenno aussprechen.
Akihitos Regentschaft "Heisei" war für Japan eine Zeit des Friedens,
aber auch der Katastrophen - wie das Erdbeben in Kobe 1995 und die
Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Atomunfall 2011 in
Fukushima. Wirtschaftlich ging es zudem mit Japan in dieser Zeit
bergab. Voller Erwartung blicken die Japaner denn auch auf die Ära
des neuen Kaisers Naruhito, der die Regierung den Devisennamen
"Reiwa" gab. Offiziell wird dies mit "schöner Harmonie" übersetzt.
Akihito war der erste Repräsentant eines etwas moderneren, dem Volke näheren Hofes.
Als damaliger Kronprinz brach er im April 1959 mit der
fast 2000 Jahre alten Hoftradition und heiratete mit der
Unternehmertochter Michiko Shoda eine Bürgerliche. Die Hochzeit
zwischen Akihito und seiner "Tennisplatz-Liebe" versetzte damals
Millionen Japaner in wahre Begeisterungsstürme. Ihre Kinder kamen im
Krankenhaus und nicht im Palast zur Welt. Michiko schaffte die Amme
ab und stillte ihre Kinder selbst, bis dahin unvorstellbar.
Während Akihito wie üblich ab dem dritten Lebensalter von einer
fremden Familie aufgezogen wurde, erzogen er und Michiko ihre Kinder
selbst.
Tenno-Experte Ernst Lokowandt sagt:
"Ab dem jetzigen Kaiser kann man erstmals von einer kaiserlichen Familie sprechen", meint der
Tokio, dpa
Zwar darf sich ein japanischer Kaiser zu politischen Fragen nicht äußern.
Dennoch wurde Akihito zum Verfechter der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Trotz seiner eigenen
angeschlagenen Gesundheit setzte er sich mit Michiko für die Opfer
von Katastrophen ein, spendete den Menschen Trost und machte Mut.
Es wird erwartet, dass der künftige Kaiser Naruhito seinem Vater
nacheifert. Zugleich erwartet man von ihm ebenfalls Neues, das zur
künftigen Entwicklung der Gesellschaft passt. Palastbeobachtern
zufolge dürfte sich Naruhito als erster Kaiser, der im Ausland
studierte, verstärkt auf globale Fragen konzentrieren. Seine Frau,
die künftige Kaiserin Masako, ist eine in Harvard ausgebildete
Diplomatin. Seit 15 Jahren erholt sie sich nach offiziellen Angaben
von einer "Anpassungsstörung", die vom Stress ihres Amtes herrühre.
Kronprinz Nuruhito und seine Frau Masako winken. Winke winke.Bild: www.imago-images.de
Beobachter sehen dahinter vor allem den lange Zeit auf ihr lastenden
Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären. Die künftige Kaiserin
brachte zwar schließlich Tochter Aiko zur Welt, doch Frauen ist der
Thron in Japan verwehrt. Das Volk bringt für Masako jedoch längst
nicht mehr nur Mitleid auf: Kritiker vermissen bei ihr einen "Geist
der Selbstlosigkeit", den ihre Schwiegermutter für das Volk
aufbrachte.
(dpa)
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