Die jüngsten Proteste im Iran haben nach Worten des obersten iranischen Führers, Ajatollah Ali Chamenei, keine Auswirkung auf den politischen Kurs des Landes. "Das iranische Volk (...) will den Widerstand gegen die Weltmächte und keine Kapitulation, auch 41 Jahre nach der Revolution", sagte Chamenei beim Freitagsgebet in Teheran. Er hatte zum ersten Mal seit acht Jahren wieder das traditionelle Freitagsgebet geleitet.
"Wir haben keine Angst vor diplomatischen Verhandlungen", sagte Chamenei. Mit den USA und unter Druck wolle man aber nicht verhandeln. Deutschland, Frankreich und Großbritannien hätten mit ihrem Verhalten - dem Anstoßen des Vermittlungsprozesses im Atomabkommen - gezeigt, dass auch auf sie kein Verlass sei.
"Wir sollten nicht vergessen, dass sowohl Deutschland als auch Frankreich den Irak im Krieg gegen uns (1980-88) unterstützt haben", sagte der Ajatollah.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht den Iran bislang noch im Rahmen des Atomabkommens agieren. Dass sich das Land nicht mehr an Vorgaben gebunden fühle, heiße "noch lange nicht, dass Iran sie auch tatsächlich verletzt", sagte er dem "Spiegel" (Freitag). "Wir vertrauen weiterhin auf die Überprüfung durch die Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde in Iran."
Das Atomabkommen soll dem Iran ein ziviles Atomprogramm ermöglichen, aber eine atomare Bewaffnung unmöglich machen. Im Gegenzug sollten Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden. Der Iran hoffte auch einen Aufschwung, der jedoch nicht kam. US-Präsident Donald Trump ordnete am 8. Mai 2018 einen einseitigen Ausstieg aus dem Abkommen an und ließ den Iran wieder mit harten Sanktionen belegen.
Trump und seinen Außenminister Mike Pompeo bezeichnet Chamenei in seiner Rede als Clowns. Diese würden behaupten, sie stünden hinter der iranischen Bevölkerung. "Sie lügen, auch wenn sie zum iranischen Volk stehen würden, dann nur, um einen giftigen Dolch in die Brust des iranischen Volkes zu stoßen", sagte Chamenei.
Trump kritisierte die Ausagen "des sogenannten "Obersten Anführers" des Irans" am Freitag auf Twitter. "Er sollte sehr vorsichtig mit seinen Worten sein!" Der US-Präsident schrieb, die Wirtschaft des Irans breche zusammen, das Volk leide.
Chamenei forderte die Iraner auf, keine Kompromisse mit dem Ausland einzugehen, sondern selbst stark zu werden. Die Abhängigkeit von Ölexporten müsse verringert werden, damit internationale Sanktionen und Einschränkungen geringere Auswirkungen auf das Land hätten.
Die Tötung des Al-Kuds-Kommandeurs Ghassem Soleimani bezeichnete er als einen "feigen Terrorakt" der USA. Er würdigte die Reaktion der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) mit ihren Angriffen auf die US-Stützpunkte in Irak. "Noch wichtiger als der mutige Militärschlag gegen eine Weltmacht war der dadurch entstandene Imageschaden der USA", sagte Chamenei.
Millionen Menschen seien zur Trauerfeier für den getöteten Soleimani auf die Straße gegangen, sagte Chamenei. Einige Hunderte, die ihn mit ihren Parolen beleidigt hätten, seien von feindlichen Medien im Ausland getäuscht worden. Sie würden den Willen des Volkes nicht ändern können, so der Ajatollah, der laut Verfassung das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat.
Nach dem versehentlichen Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine durch das iranische Militär in der Nacht der Vergeltungsschläge gab es die Tage darauf in Teheran und weiteren Städten Proteste gegen den politischen Kurs im Land - viele der Opfer waren Iraner. Den Absturz der ukrainischen Maschine bezeichnete Chamenei als einen tragischen Vorfall, den er sehr bedauere.
Nach Medienangaben nahmen Zehntausende am Freitagsgebet teil und bekräftigten die Aussagen Chameneis mit Parolen wie "Tod den USA" und "Keine Kompromisse, keine Kapitulation, nur Kampf gegen die USA". Das Freitagsgebet wurde auf mehreren TV-Kanälen übertragen.
(pcl/dpa)