Viele junge Klimaschützer fordern Solidarität von Älteren.Bild: imago images / Smith
Meinung
26.09.2021, 20:1927.09.2021, 10:50
Es gibt charmantere Formulierungen als jene, mit der Luca Barakat am Sonntagabend die ersten Hochrechnungen kommentiert hat. „Eltern scheißen auf ihre Kinder“, twitterte der Fridays-For-Future-Aktivist sichtlich frustriert. Und spielte damit offenbar auf den politischen Einfluss älterer Wähler bei der Bundestagswahl an.
Grob zusammengefasst ist die Generation 50 und 60+ traditionell die größte Wählergruppe mit der höchsten Wahlbeteiligung. Das geht zum Beispiel aus einer Untersuchung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung hervor.
Während bei jungen Menschen vor allem die Grünen populär sind, geben viele Ältere ihre Stimme der CDU. Also der Partei, die zwar für sich in Anspruch nimmt, ein Anker der Stabilität und des soliden Durchregierens zu sein. Aber genau deshalb auf die Zukunftspläne 16-jähriger Klimaaktivistinnen keine überzeugenden Antworten parat hat.
Die Grünen haben den ersten Hochrechnungen zufolge bei jungen Menschen die Nase mit 22 Prozent vorn. Die FDP belegt laut Forschungsgruppe Wahlen mit 20 Prozent Platz zwei, gefolgt von der SPD mit 17 Prozent. Unter der Gesamtheit der Wahlberechtigten erreichen die Grünen übrigens gerade mal 14 Prozent. Menschen über 60 wählen CDU und SPD, die Parteien lagen am späten Sonntagabend gleichauf. Unter jungen Leuten erreicht die CDU nur 11 Prozent.
Es ist gut, dass Deutschland ein bunt gefächertes Parteienspektrum hat. Konservative Positionen haben genauso eine Daseinsberechtigung wie grüne und linke Visionen – welche die herrschenden Verhältnisse zwar nicht umwerfen, aber doch zumindest hin und wieder schwungvoll anrempeln. Der wochenlange Hungerstreik junger Klimaschützer, der mit einem Gesprächsangebot von Olaf Scholz endete, ist nur das jüngste Beispiel.
Boomer haben Wahlverantwortung gegenüber den Jungen
Mit dem letztlich wahlentscheidenden Übergewicht der Boomer-Generation geht durchaus eine gewisse Verantwortung einher, die über die bloße Stimmabgabe hinausgeht. Demokratische Gesellschaften sind immer dort am lebendigsten, wo die Menschen über die eigenen Bedürfnisse hinaus Verantwortung füreinander übernehmen.
In Frankreich haben sich vor einigen Jahren Schülerinnen und Schüler der Protestbewegung gegen harte Rentenreform-Pläne angeschlossen. In Deutschland marschieren die "Grandparents For Future" Seite an Seite mit ihren Enkel und Enkelinnen für eine zukunftsfähige Klimapolitik. Von dieser Solidarität brauchen wir mehr.
Ein "Nein" für's Klima bei der Bundestagswahl
Unter dem Tweet von FFF-Aktivist Luca Barakat kommentiert ein User: "Wie auch meine Eltern. Habe alle 3 Rezo-Videos mit ihnen zusammen geschaut, haben in allen Punkten zugestimmt und dann trotzdem das Gleiche gewählt wie immer."
Das klingt auf den ersten Blick ein bisschen lustig. Auf den zweiten Blick skizziert er präzise, woher der Frust vieler junger Aktivistien und Aktivistinnen kommt. Es wird Zeit, dass dies die Älteren zur Kenntnis nehmen – und Taten folgen lassen.
Am Ende haben nicht Abtreibungen, der Klimawandel oder die Außenpolitik die US-Präsidentschaftswahl entschieden. Wichtigstes Thema waren die Inflation und die Preise. Für 34 Prozent der republikanischen Wähler:innen war es laut einer Umfrage von YouGov ausschlaggebend für die Wahlentscheidung.