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Schwere Waffen für die Ukraine: Scholz hat zu lange gezögert

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt nach einer Telefonschaltkonferenz mit US-Präsident Biden und europäischen Verbündeten zur Lage in der Ukraine zu einem Pressestatement.
Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Telefonschaltkonferenz mit US-Präsident Biden und den europäischen Verbündeten zur Lage in der Ukraine.Bild: Reuters/Pool / Lisi Niesner
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Schwere Waffen an die Ukraine: Scholz hat mit seinem Zögern vor allem Zeit gestohlen

Die Ukraine fordert seit Wochen lautstark schwere Waffen zur Verteidigung vor den russischen Streitkräften. Passiert ist bisher wenig. Jetzt kommt die zögerliche Bundesregierung so langsam ins Handeln. Das ist zu spät. Ein Kommentar.
26.04.2022, 16:2008.06.2022, 17:06
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Die Forderung: schwere Waffen an die Ukraine. Und zwar schnell. Passiert ist erstmal nichts.

Bis jetzt.

Gegen Ende letzter Woche bewegte sich die Bundesregierung hin zu indirekten Waffenlieferungen, am Montagabend kam dann die Ansage: Nun liefert Deutschland doch schweres Kriegsgerät aus dem Bestand des eigenen Militärs.

Das ist gut, das ist richtig – aber es kommt zu spät.

Die schwerfällige Bundesregierung hat sich in den vergangenen Wochen vor allem an ihrer Bürokratie aufgehängt. Und an einem zögernden Olaf Scholz. Der hatte es in einer eigens dafür einberufenen Pressekonferenz nicht einmal fertiggebracht, das Wort "schwere Waffen" überhaupt in den Mund zu nehmen. Stattdessen fiel vor allem das Wort "Artillerie", wurde das Mantra "keine deutschen Alleingänge" in die Öffentlichkeit getragen.

"Der Sinneswandel kommt zu spät."

Der Krieg in der Ukraine ist in einer neuen Phase. Eine Phase, in der es schnell schwere Waffen braucht. Das ist allen mehr als bewusst. Andere Länder, wie etwa Estland, Litauen oder die Slowakei lieferten bereits, doch Scholz schwieg. Er war offensichtlich nicht bereit, mit seiner Politik ebenfalls in eine neue Phase einzutreten. Die Phase des politischen Handelns.

(dpa file) - A file picture dated 06 October 2010 shows a Gepard air defence tank shooting a drone at the firing range in Todendorf, Germany. On 12 March 2012, the Chief of Staff will decommission the ...
Ein deutscher Gepard-Panzer.Bild: dpa / Carsten Rehder

In den letzten Wochen gab es vor allem eine Person, die mit der Politik des Bundeskanzlers zufrieden war: Olaf Scholz selbst.

Er war offenbar damit zufrieden, weiterhin im Vagen zu bleiben, nichts Konkretes anzubieten. Sich nicht zu positionieren. Offensichtlich ist diese Zeit vorbei. Doch der Sinneswandel kommt zu spät.

Zuerst hatte die Bundesregierung Ende Februar – also kurz nach dem brutalen russischen Einmarsch in die Ukraine – eine außenpolitische Kehrtwende angekündigt: Nach Jahren der Abrüstung und einem Abbau der Militär-Ausgaben gibt es nun ein 100 Milliarden schweres Sondervermögen für die Bundeswehr.

Dann kam Deutschland langsam ins Handeln.

Und hat zwei Monate später wohl endlich verstanden, was die Ukraine benötigt: schwere Waffen. Schnell.

Deshalb wird nun ein sogenannter Ringtausch vorbereitet. Osteuropäische Nato-Partner, wie Slowenien, liefern die schweren Waffen aus meist sowjetischer Herstellung, im Gegenzug werden sie sukzessive mit westlichen Waffensystemen ausgestattet.

Deutschland startet den Versuch, zu helfen, aber offenbar ist dies noch nicht genug. Der allgemeine Tenor in der deutschen Bevölkerung: Die Bundesregierung gibt wieder nur Geld. Scholz sagt zwar "ja" zu schweren Waffen, aber positioniert hat er sich immer noch nicht. Eine Finanzierung fremder schwerer Waffen wirkt für viele lediglich wie eine Unterstützung der Ukraine durch die Hintertür.

Durch sein Zögern erweckt Scholz den Eindruck, als hätte er panische Angst davor, dass Deutschland durch die offensive Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine tatsächlich zu einer Kriegspartei werden könnte. Dabei wäre vor allem eines jetzt gefragt: das aktive Handeln Deutschlands!

Das soll es jetzt auch geben: Die Bundesregierung hat offenbar zugestimmt, dass der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) technisch aufgearbeitete Gepard-Flugabwehrpanzer aus früheren Beständen der Bundeswehr verkaufen darf.

Einer der Gründe, weshalb Deutschland so lange mit der Lieferung schwerer Waffen gezögert hat, ist die fehlende entsprechende Ausbildung der ukrainischen Soldaten. Und es gibt sie tatsächlich: die faktischen und technischen Hürden bei einer solchen Lieferung von deutschen Panzern nach Nato-Bauweise.

"Die Finanzierung von osteuropäischen schweren Waffen wäre eine sinnvolle Möglichkeit gewesen, frühzeitig und niederschwellig zu helfen."

Mit den technischen Unterschieden, wie der Konzeptionierung für unterschiedliche Einsatzgebiete, würden ukrainische Soldaten vermutlich noch klarkommen. Sie haben in den letzten Wochen vor allem eines bewiesen: Improvisationstalent.

Diese Begründung ist also hinfällig.

Allerdings gibt es noch ein größeres Problem: Panzer nach Nato-Bauweise sehen eine Vier-Personen-Besatzung vor. Die nach jugoslawischer Bauweise, wie sie auch in der Ukraine Standard sind, lediglich eine Drei-Personen-Besetzung. Es fehlt der Mensch, der die Munition nachlädt. Für diese Aufgabe müssten die ukrainischen Soldaten erst ausgebildet werden.

Unklar ist, wie lange eine solche Umschulung dauern würde. Wenige Tage? Wochen? Monate? Benötigt es dafür extra Ausbildungszentren?

Und auch die Frage nach benötigten Ersatzteilen und längeren Wartungsarbeiten ist noch nicht abschließend geklärt. Denn bis dato lagen der Bundesregierung nur Angebote von Firmen wie Rheinmetall vor, bei denen es den Panzern unter anderem an Munition mangelte. Offenbar gibt es Länder, die diese Munition liefern können, aber auch das würde erst einmal Zeit in Anspruch nehmen. Und ob die Munition ausreichen wird, sei auch mal dahingestellt.

Ein kleiner Wermutstropfen sind da zumindest die 50 Gepard-Panzer, die KMW jetzt an Kiew verkaufen will. Sie sind offenbar technisch auf den neuesten Stand gebracht worden.

Auch beim Ringtausch kann Deutschland nicht zwingend mit Rüstungsgütern helfen: Selbst wenn Deutschland Ersatzteile hätte, könnte es schwierig werden, diese in die slowenischen Panzer einzubauen.

In der Diskussion um die zu späte Reaktion der Bundesregierung war also nicht alles nur eine Ausrede. Trotzdem kommt die deutsche Antwort zu spät.

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Olaf Scholz bei einem G7-Treffen Ende März mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.Bild: PA Wire / Henry Nicholls

Die Finanzierung von osteuropäischen schweren Waffen wäre eine sinnvolle Möglichkeit gewesen, frühzeitig und niederschwellig zu helfen. Sie hätte aber früher kommen müssen. Denn dann hätte die Ukraine in der Zwischenzeit ihre Streitkräfte ausbilden können, deutsche Panzer zu bedienen. Und dann wären wir jetzt tatsächlich an einem Punkt, an dem die Lieferung von Nato-Panzern Sinn ergeben würde.

Scholz hat mit seinem Zögern Zeit gestohlen. Wertvolle Zeit, in der die Ukraine so dringend Hilfe benötigt hätte.

Jetzt ist es vor allem an Olaf Scholz, endlich von der Bürokratie abzurücken und, wenn auch spät, eine schnelle Lieferung der zugesagten Panzer zu gewährleisten. Die ukrainischen Streitkräfte müssen schnellstmöglich für die Nutzung der Panzer ausgebildet werden.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat diese Ausbildung auf deutschem Boden nun auch angekündigt. Doch es könnte auch noch schneller gehen: Scholz sollte dem Angebot der Rüstungsindustrie zusagen, dass diese Schulung auch Mitarbeitende der entsprechenden Unternehmen, wie etwa von Rheinmetall, durchführen können.

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