Acht Ministerinnen wird es in der neuen Bundesregierung geben. Damit wird die Hälfte der Ministerien mit einer Frau besetzt – der künftige Kanzler Olaf Scholz hat sein erstes Wahlversprechen also gehalten. Vier von sieben Ministerien besetzt die SPD weiblich, die Grünen halten sich ebenso an ihren Grundsatz: drei ihrer fünf Ministerposten werden von einer Frau besetzt werden, bei der FDP geht eins von vier Ministerien an eine Frau.
Gänzlich paritätisch besetzt ist das Kabinett allerdings nur, wenn der Kanzler nicht mitgezählt wird. Trotzdem ist durch die Verteilung der Ministerposten ein nächster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung getan!
Der Begriff Parität stammt vom lateinischen Wort paritas und bedeutet: Gleichheit oder gleich stark. Und genau das muss die Devise der neuen, progressiven Bundesregierung sein, wenn es um Frauen und Männer geht. Der Bundestag und die Regierung sollten den Anspruch haben, die Bevölkerung abzubilden: In vielen Punkten tun sie das nicht, so gibt es beispielsweise zu wenige Abgeordnete und Minister mit Migrationserfahrung, zu wenige aus dem Arbeitermilieu.
Mit der Verteilung der Ministerposten gleicht sich zumindest das Verhältnis der Geschlechter an: denn mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist laut Statistischem Bundesamt weiblich. Die selbsternannte Fortschrittskoalition schafft damit etwas, das vor ihr noch nicht realisiert wurde.
Das Kabinett der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel kam auf sechs Ministerinnen. Das erste Kabinett von Merkel (2005 bis 2009) zählte ebenfalls sechs Ministerinnen. Der SPD-Ex-Kanzler Gerhard Schröder war 1998 bis 2002 allerdings nah dran: Sieben der 15 Ministerien wurden damals weiblich besetzt.
"Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden", steht auf Seite 114 des Koalitionsvertrags – nach dieser Ansage ist es nur logisch, dass auch in der Bundesregierung mehr Frauen mitwirken. Denn Frauen müssen sichtbarer sein. Sie müssen genauso viel Raum einnehmen können wie Männer. Und sie müssen die Möglichkeit haben, sich zu beweisen.
Solange Politikerinnen noch immer gefragt werden, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen wollen, bleibt es wichtig, immer wieder die Parität in der Politik hochzuhalten. Gleiches sollte für alle anderen Bereiche des Lebens gelten, denn was nach wie vor einige Männer nicht verstehen: Frauen haben es genauso drauf wie Männer.
Auch ein Blick auf die künftigen Ministerien zeigt, die Politikerinnen sind nicht wegen der Quote auf den Posten gehoben worden:
Die künftige Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen zum Beispiel ist Diplomagraringenieurin. Annalena Baerbock (ebenfalls Die Grünen) hat ihren Master in "Public International Law" gemacht und ist somit mehr als geeignet für das Außenministerium. Die Grünen-Politikerin Anne Spiegel soll Familienministerin werden – ein Posten, den sie schon einmal in der Landesregierung von Rheinland-Pfalz innehatte und in dem sie sich für die Öffnung der Ehe für alle eingesetzt hat.
Als Rechtswissenschaftlerin ist auch Nancy Faeser (SPD) nicht gänzlich falsch auf dem ihr zugedachten Posten als Innenministerin – und nach Horst Seehofer, der von Menschen auf der Flucht als hybride Bedrohung spricht, so ehrlich kann man wohl sein, kann sie das Innenministerium nur besser leiten.
Nachdem sich Svenja Schulze (SPD) in den vergangenen vier Jahren als Umweltministerin verdient gemacht hat, ist zu erwarten, dass sie auch als Entwicklungsministerin eine gute Figur macht. Gleiches gilt für Christine Lambrecht (SPD), die es nach dem Ausscheiden Franziska Giffeys fertiggebracht hatte, gleich zwei Ministerien zu leiten. Sie soll nun Verteidigungsministerin werden. Damit bleibt dieses Ministerium nach Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen (beide CDU) weiterhin in Frauenhand.
Der Grundstein für das Jahrzehnt der Gleichstellung ist durch diese Besetzung also gelegt. Um das Versprechen im Koalitionsvertrag zu erfüllen, ist es aber noch ein weiter Weg. Denn um die Gleichstellung von Mann und Frau in diesem Jahrzehnt zu erreichen, fehlt weiterhin die Parität in der Wirtschaft. Wie eine Studie der Hochschule Hannover ergab, sind Frauen dort in Führungspositionen auch 2021 noch unterrepräsentiert. Und auch die Gender-Pay-Gap und die Gender-Data-Gap müssen endlich angegangen werden! Die Ampel-Koalition hat also Hausaufgaben zu erledigen. Und diese müssen sie in den kommenden vier Jahren angehen.
Die Erwartungen zumindest sind hoch.