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Wahl in Schleswig-Holstein: Warum wir das AfD-Aus nicht überbewerten dürfen

Jörg Nobis (l), Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, nach Bekanntgabe erster Prognosen.
Jörg Nobis war der Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Schon nach Bekanntgabe erster Prognosen am Sonntag sah man ihm die Enttäuschung an.Bild: dpa / Marcus Brandt
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Die AfD ist raus in Schleswig-Holstein – doch das dürfen wir nicht überbewerten

Die Rechtspopulisten waren im "echten Norden" nie besonders stark. Dass sie jetzt aus dem Landesparlament geflogen sind, ist schön – aber es ist kein Zeichen von Entspannung.
09.05.2022, 13:5109.05.2022, 16:46
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Mit 4,4 Prozent hat es die AfD-Schleswig-Holstein nicht ins Kieler Landesparlament geschafft. Am Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus ist die rechte Partei an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Demokratisch rausgeworfen.

Das ist ein wunderbares Zeichen für Demokratie. Ein klares Nein zu Rechtsnationalismus und zu einer Partei, die sich in der Corona-Pandemie, in der Klimakrise und im russischen Krieg gegen die Ukraine der Wissenschaft entgegen auf die Seite von Hass, Hetze und Verschwörungsideologien stellt.

Doch es ist kein Zeichen von Entspannung in ganz Deutschland. Es ist ein kleiner Triumph, der nicht überbewertet werden darf.

AfD war in Schleswig-Holstein nie besonders stark

In Schleswig-Holstein war die teils rechtsextreme AfD noch nie besonders stark. Selbst als sie noch einigermaßen moderat aufgetreten ist, 2014 etwa als rein EU-kritische Partei, ist die Partei dort nicht über neun Prozent der Stimmen bei Umfragen hinausgekommen. Insgesamt waberte die Prozentzahl der AfD-Fürsprecherinnen und -Führsprecher immer zwischen fünf und sieben. Bei der vergangenen Landtagswahl in Schleswig-Holstein, im Jahr 2017, kamen die Rechtspopulisten auf 5,9 Prozent.

Nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen hat sich die Landespartei quasi selbst zerlegt. Wie vorher in Bremen und Niedersachsen verlor die AfD 2020 in Schleswig-Holstein am Ende noch ihren Fraktionsstatus. Sie hatte fünf Sitze im Kieler Parlament. Nur im Saarland hatte die Partei noch weniger (3).

"Wir dürfen uns von dem Sieg gegen Rechts in Schleswig-Holstein nicht blenden lassen."

Wenn wir den Blick aber einmal weiten, sehen wir, wie stark die Partei in anderen Ländern ist.

So sehen aktuelle Umfragewerte für die AfD in ausgewählten Bundesländern aus:

  • Sachsen: 28 %
    (INSA)
  • Sachsen-Anhalt: 20 %
    (Infratest dimap)
  • Brandenburg: 19 %
    (Infratest dimap)
  • Mecklenburg-Vorpommern: 18 %
    (INSA)
  • Hessen: 10 %
    (INSA)
  • Baden-Württemberg: 9 %
    (Infratest dimap)
  • Bayern: 9 %
    (GMS)

Schleswig-Holstein steht also nicht für die gesamte Bundesrepublik. Die Wahl war schließlich auch eine heftige Niederlage für die SPD, die ja bekanntlich den Bundeskanzler stellt und auch sonst bundesweit zumindest einigermaßen solide dasteht.

Die Wahl am Sonntag war eine Bestätigung der aktuellen Regierung in Kiel und vor allem des CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther.

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, steht neben der deutschen Blumenfee Johanna Griem, nachdem sie ihm vor der Staatskanzlei einen Blumenstrauß überreicht hatte. Am 14.02.2 ...
Daniel Günther ist der beliebteste Ministerpräsident Deutschlands.Bild: dpa / Marcus Brandt

Günther gilt als der beliebteste Ministerpräsident in ganz Deutschland. Der bundesweit einzigartigen Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP vertrauten die Menschen in Schleswig-Holstein. Sogar SPD-Wählerinnen und -Wähler waren mit der Regierung zufrieden.

Zuspruch für Rechtspopulismus in Europa nimmt zu

Nichtsdestotrotz: Natürlich ist es ein schönes Symbol, wenn am Tag des Sieges über Nazi-Deutschland, am Tag der Befreiung, dem 8. Mai, die Rechten aus einem Parlament gewählt werden – dennoch sind sie weiterhin in 15 Landtagen vertreten. Ende März wurden sie gerade wieder in den Landtag vom Saarland gewählt. Vergangenes Jahr in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz. Nicht zu vergessen bei der Bundestagswahl im September 2021.

Klar, auch hier hat die Partei eingebüßt, allerdings nur 2,3 Prozentpunkte. Ein Blick in unser westliches Nachbarland zeigt außerdem, dass Rechtspopulismus wieder erstarkt: In Frankreich hat die Rechtspopulistin Marine Le Pen 41 Prozent der Stimmen geholt.

41 Prozent haben einer extrem rechten Politikerin ihre Stimme gegeben!

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Marine Le Pen hat in den vergangenen Jahren zwar weichere Töne angeschlagen, doch ihr Kurs bleibt weiter radikal rechts.Bild: imago images / imago images

Und damit nicht genug: In den vergangenen Jahren ist der Zuspruch für Rechtspopulisten in ganz Europa gestiegen. In Ungarn kam die Fidesz-Partei 2018 auf 49,3 Prozent. Die PiS in Polen erreichte 2019 43,6 Prozent. Bei der Parlamentswahl 2018 lag die Fünf-Sterne-Bewegung in Italien bei 32,7 Prozent.

Wir haben durch unsere Geschichte in Deutschland ein distanzierteres Verhältnis zu nationalistischen Ideen und Rechtspopulismus. "Nie wieder" ist für uns zu einem allgegenwärtigen Credo geworden. Auch deshalb sind rechte Parteien bei uns lange nicht so beliebt wie in anderen Ländern. Das bedeutet trotzdem, dass wir immer achtsam bleiben müssen.

Die AfD ist angezählt, das ist richtig. Intensive Kontakte zu Russland, die zerschlagene Hoffnung, durch die Corona-Pandemie eine neue Wählergruppe für sich gewinnen zu können und der Ausstieg Jörg Meuthens aus der Partei machen es dem Parteichef Tino Chrupalla immer schwerer, Zuspruch auch innerhalb seiner politischen Heimat zu finden.

In Nordrhein-Westfalen liegt die AfD laut Umfragen bei sechs bis acht Prozent. Also werden sie wohl am kommenden Sonntag auch hier wieder in den Landtag gewählt.

Wir dürfen uns also von diesem Sieg gegen Rechts in Schleswig-Holstein nicht blenden lassen.

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Anfang des Jahres führte Günther Felßner noch als Vorsitzender des Bayerischen Bauernverbands die Proteste der Landwirte gegen die Ampel-Regierung in Berlin an. Mit gelber Warnweste stand er an der Spitze von Traktor-Kolonnen und protestierte unter anderem gegen die Politik von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).

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