Vor ein paar Tagen war ich im Zoo. Das war wahrscheinlich der erste Zoo-Besuch seit 15 oder 20 Jahren, ehrlich gesagt erinnere ich mich an meinen letzten Zoo-Besuch davor nicht einmal. Eigentlich finde ich es auch nicht so super unterstützenswert, Wildtiere einzusperren, aber das ist eine andere Geschichte.
Meiner Tochter, die gerade lernt, Tierlaute verschiedenen Tieren zuzuordnen, wollte ich einen Gefallen tun und ihr die Möglichkeit verschaffen, die Helden ihrer Bilderbücher mal in echt kennenzulernen. Immerhin hatte ich durch meinen Presseausweis freien Eintritt für sie und mich bekommen. Finanziell unterstützt habe ich die ganze Sache damit also nicht, auch wenn nun hier dieser Artikel aus dem Besuch entstanden ist.
Zwischen kreischenden Affen und zähnefletschenden Gorillas drängten wir uns an den Außengehegen vorbei, sahen blätterfressende Giraffen und schnatternde Wildenten, kauende Nashörner und kletternde Eidechsen. Nur die Visage einer Spezies bekam keiner zu Gesicht: jene des Homo Sapiens. Alle menschlichen Zoo-Besucher, die das Kindergarten- lter überschritten haben, hatten einen Mund-Nasen-Schutz auf. Vergaß einer mal, seinen Mundschutz nach dem Trinken wieder rechtzeitig hochzuziehen, rückte umgehend die Zoo-Polizei auf einem Segway an und wies auf die Nachlässigkeit hin.
Ob es jetzt wirklich nötig ist, Besucher eines Zoos im Außenbereich zum Tragen einer Maske zu verpflichten, finde ich durchaus diskutabel. Unter freiem Himmel die Ansteckungsgefahr nahe null, wenn alle Besucher – dank Voranmeldung und somit begrenzter Menschenmenge – in der Lage sind, die nötigen Abstände einzuhalten. Zum Glück wird ab diesem Wochenende in den Berliner Zoos und einigen anderen Städten auf eine generelle Maskenpflicht verzichtet. Aber für mich steht auch fest: Es gibt Orte, an denen ich auch nach der Pandemie weiterhin eine Maske tragen werde.
Das enge Gedränge in meinem Supermarkt um die Ecke beispielsweise. Es war mir schon immer suspekt, so eng gedrängt mit fremden Menschen einkaufen zu gehen, von denen ich nicht weiß, was sie gerade ausbrüten. Die Abstandsregelung fand ich daher durchaus sympathisch, aber auch das Tragen einer Maske, die mich vor den Viren der anderen schützen kann – und natürlich auch andere vor meinen Viren – werde ich mindestens in der kalten Jahreszeit beibehalten.
Es ist schon beachtlich, dass jährlichen Grippe-Toten diesen Winter weitgehend ausblieben. Die Corona-Maßnahmen haben eben auch alle anderen Infektionskrankheiten im Zaum gehalten. Wäre meine Tochter nicht regelmäßig mit irgendwelchen merkwürdigen Bazillen zuhause aufgetaucht, die nur in der besonderen Atmosphäre einer Kindertagesstätte wachsen können – ich bin mir sicher, dass dort mehr biologische Kampfstoffe entstehen als in allen Chemiewaffen-Laboren dieser Welt zusammen -, ich hätte wohl einen krankheitsfreien Winter erlebt.
Auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln werde ich weiter Maske tragen. Wer einmal die Berliner U-Bahnen erlebt hat, insbesondere die U8, der oder die wird sich schon früher gewünscht haben, dass dort eine Maskenpflicht herrscht. Zwischen eingeschlafenen Junkies und ausnüchternden Club-Besuchern ist die Alkoholfahne noch das kleinste Übel. Dass hier und in Berliner Clubs auch mal hochgefährliche Krankheiten wie eine Hirnhautentzündung weitergegeben werden, hat mein Vertrauen in die Gesundheit möglicher Mitfahrer in den U-Bahnen nicht gerade erhöht.
Auch nicht mein Vertrauen in die Hygiene-Konzepte der Berliner Clubs. Zu Recht hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller angeregt, dass einige Hygiene-Maßnahmen im Berliner Nachtleben weiterhin gelten sollen. Ob das dazu führen wird, dass im Berghain die Weitergabe von Infektionskrankheiten komplett unterbunden wird, sei dahingestellt.
Es gibt aber auch Orte, bei denen ich froh bin, wenn die Maskenpflicht endet. Züge im Fernverkehr beispielsweise. Die Fahrt von Berlin nach Hamburg war noch durchaus verschmerzbar. Zwei Stunden mit Maske gingen ganz gut. Bei Fahrten nach München, Stuttgart oder Köln sah ich dann aber doch irgendwann aus wie Dumbo der Elefant und hatte Angst, dass meine Ohren nun permanent in diesem Zustand verharren. Bei längeren Reisen freue ich mich daher wieder darauf, unbeschwert durch die Gänge spazieren zu können, ohne Angst um meine Ohren. Im Winter werde ich dort vielleicht trotzdem hin und wieder mit Maske herumlaufen, sicher ist sicher.
Ob es überhaupt diesen Winter so weit kommen wird, dass ich die Wahl habe, ist natürlich nach wie vor fraglich. Virologen warnen vor einer vierten Welle in diesem Herbst. Die wird mich aber nicht mehr so sehr betreffen, wie es im vergangenen Jahr der Fall war. Im Juli werde ich meine zweite Impfung bekommen. Vor einer Ansteckung mit Covid-19 habe ich daher nun weniger Angst. Ob geimpfte Personen weiterhin ansteckend sein können, ist nach wie vor unklar, vieles deutet aber darauf hin, dass es zumindest weniger der Fall ist. Eine Grundrechtseinschränkung, wie es die Maskenpflicht laut Argumentation der FDP ist, wäre damit für Geimpfte und Genesene nicht mehr zu rechtfertigen.
Für meine Tochter wäre ein Ende der Maskenpflicht vor allem eines: spannend. Als die Corona-Pandemie ausbrach, war sie kaum mehr als ein halbes Jahr alt. Den größten Teil ihres bisherigen Lebens hat sie damit im Lockdown verbracht. Die meisten Menschen hat sie seither vor allem mit Maske gesehen. Für sie wird es ein neues Lebensgefühl sein, die vielen verschiedenen Gesichter der Menschen beobachten zu können, ihre Mimik zu interpretieren und auf ihr Lächeln eine entsprechende Rückmeldung zu bekommen. Und natürlich ihren Papa lachen zu sehen, wenn gerade ein Elefant mit seinem Rüssel eine Fontäne Wasser über den Kopf der anwesenden Zoo-Besucher geschossen hat.