Ein muslimischer Skandal-Rapper, das Bataclan und Marine Le Pen – klingt wie die perfekten Zutaten für einen Skandal? Ist auch so.
In Frankreich ist diese Woche ein Streit darüber entfacht, ob der Rapper Médine, der mit seinen Texten seit Jahren provoziert und sich selbst "Islam-Abschaum" nennt, im Oktober im Bataclan auftreten darf – dem Konzerthaus, in dem 89 Menschen durch IS-Terroristen ums Leben kamen.
Wir erklären dir die Debatte in vier Punkten.
Was ist das Problem mit Rapper Médine?
Médine Zaouiche ist ein französischer Rapper mit algerischen Wurzeln. Der 35-Jährige beschäftigt sich in seinen Songs vor allem mit dem Islam und Vorurteilen, die ihm begegnen.
Nach dem 11. September 2001 verkaufte er T-Shirts mit der Aufschrift: "I'm Muslim. Don't panic."
2004 brachte er sein erstes Album "11 septembre" heraus.
2005 folgte das Album "Jihad", dass er mit dem Verkauf einer Reihe T-Shirts mit der "Jihad"-Aufschrift promotete.
2015 brachte er seinen umstrittensten Song "Don't Laïk" (Don't Panic) heraus, in dem er sich über das säkulare Frankreich lustig machte.
Drei Auszüge aus "Don't Laïk"
"Kreuzige die Laizisten wie auf Golgatha. Polygame sind immer noch besser als Strauss-Kahn."
"Wenn ich dich in meinen Träumen umlege, entschuldige ich mich, sobald ich aufwache und berufe mich auf den Heiligen Koran."
"Ich spreche Fatwas gegen diese Trottel aus. (...) Am Tag der Frau trage ich Burkini."
Mit diesen Provokationen schaffte es Médine regelmäßig in die Medien. In Interviews blieb er jedoch immer dabei, dass seine Texte zwar provokant seien, er jeglichen islamischen Fundamentalismus aber verurteile.
Was hat er mit dem Bataclan zu tun?
Diesen März hat Médine einen neuen Song herausgebracht, in dem er darüber fantasiert, ausgerechnet im Konzerthaus Bataclan auftreten zu dürfen.
In dem Pariser Konzertsaal waren 2015 im November 89 Menschen bei einem Anschlag von IS-Terroristen ermordet worden, weitere 39 Menschen starben bei Folgeangriffen in der ganzen Stadt.
Bild: www.bataclan.fr
Nun wird der Wunsch des Skandal-Rappers Wirklichkeit: Im Oktober wird er zwei Konzerte im Bataclan geben – das erste davon ist jetzt schon ausverkauft.
Und was will Marine Le Pen jetzt machen?
Die rechte Partei "Rassemblement National populaire" hat es sich auf die Fahne geschrieben, beide Konzerte zu verhindern. "Kein Franzose kann es akzeptieren, dass dieser Typ seinen Müll am Ort des Bataclan-Blutbads verbreiten darf", postete Parteichefin Marine Le Pen auf Twitter.
Ein weiteres Parteimitglied rief sogar eine Petition ins Leben, die Médines Auftritte verhindern soll. Inzwischen haben über 20.000 Menschen diesen Aufruf unterschrieben.
Aber auch die gemäßigt-rechten "Les Républicains" sind auf den Empörungs-Zug aufgesprungen. Parteivorsitzender Laurent Wauquiez verkündete, die Konzerte seien "ein Sakrileg" und eine "Schande für Frankreich".
Médine selbst äußert sich zu der Debatte nicht. Sein Promoter Eric Bellamy sagte der Zeitung "Le Monde" aber, dass sie optimistisch sind, dass die Konzerte im Bataclan stattfinden.
Wie sehen das die jungen Franzosen?
Auf Twitter verbreitet sich derzeit der Hashtag #PasDeMédineAuBataclan (Kein Médine im Bataclan), auf dem einige Franzosen ihrem Unmut über die Konzerte Luft machen. So wie "AngryBarby": "Diesen Typen im Bataclan singen zu lassen, heißt auf den Opfern herumzutrampeln... es ist, als ob man sie ein zweites Mal töten würde."
Viele sehen das aber anders – selbst Betroffene. "Médine ist nicht mein Style, mir sind seine Texte zu brutal", sagt zum Beispiel Jérémie im Gespräch mit watson.de. Der Anfang 30-Jährige hat früher in Paris gewohnt und einen engen Freund durch den Anschlag verloren.
Trotzdem warnt er davor, vorschnell zu urteilen. "Das Team des Konzerthaus war direkt betroffen und das sind vernünftige Menschen, die Médines Texte kennen", sagt er.
"Wenn das Bataclan ihn trotzdem auftreten lässt, vertraue ich dieser Entscheidung."
Jèrèmie zu watson.de
Ganz ähnlich sieht das auch die Opferhilfe "Life for Paris", die vor einer Zensur warnte und auf Twitter deutliche Worte fand:
"Wir erinnern daran, dass dieses Konzerthaus ebenfalls Opfer der Attentate vom 13. November 2015 war und sie frei über ihr Programm entscheiden dürfen. (...) Wir werden niemanden das Andenken der Attentatsopfer für politische Zwecke instrumentalisieren lassen, wie es in diesem Fall passiert."
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