Es ist noch gar nicht so lange her: Vor nicht ganz einem Jahr trat die Schwedin Greta Thunberg in den Klimastreik. Monate später hat sie europaweit Nachahmer gefunden, auch in Deutschland. Hier gehen Schülerinnen und Schüler unter dem Namen "Fridays for Future" auf die Straße und fordern mehr Klimaschutz.
Ab Mittwoch treffen sich 1400 deutsche Aktivisten in Dortmund zu einen fünftägigen Kongress, um sich zu vernetzen und auszutauschen. Die große Frage für die Bewegung wird sein: Wie geht es jetzt weiter?
Wir beantworten euch die wichtigsten Fragen zum Stand bei "Fridays for Future".
Im Kern will die Bewegung, dass die deutsche Regierung die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens umsetzt.
Das heißt: Der globale Temperaturanstieg soll auf die vereinbarten 1,5 Grad Celsius (im Vergleich zur vorindustriellen Zeit) begrenzt werden. Das sei mit dem aktuellen Kurs der Bundesregierung nicht möglich, sondern erfordere einen stärkeren Verzicht auf klimaschädliches CO2, erklären die Aktivisten.
Mit diesem Urteil stehen sie nicht alleine da. Auch Experten sind der Meinung: Der Kohleausstieg 2038, wie von der deutschen Kohlekommission vereinbart, ist nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar.
"Fridays for Future" fordern daher einen schnellen Kohleausstieg bis 2030 und eine Stromversorgung bis 2035, die zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien in Deutschland setzt. Bis dahin soll auch die "Nettonull" stehen. Das heißt: Deutschland soll nicht mehr CO2 produzieren, als es durch die Natur oder andere Speichersysteme kompensieren kann.
Gemessen an den konkreten Forderungen der Bewegung, hat "Fridays for Future" tatsächlich nichts erreicht. Der Kohleausstieg ist weiter für 2038 angesetzt. Subventionen für Kohle, Öl und Gas gibt es weiterhin.
Im Juni benutzten daher auch führende Köpfe der Bewegung den Hashtag "#6MonateNixPassiert". Der Hashtag trendete deutschlandweit auf Twitter.
Blickt man nicht nur auf die Forderungen, sondern auf den Einfluss, den "Fridays for Future" entwickelt hat, muss man festhalten: Es ist sogar eine ganze Menge passiert.
Klimaschutz ist wieder ganz oben auf der öffentlichen Agenda. "Dominierte zugunsten der AfD zuvor das Flüchtlingsthema viele Debatten, wird nun in einer breiten Öffentlichkeit über die Auswirkungen des Klimawandels diskutiert", sagt Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance der Deutschen Presse-Agentur.
Plötzlich ist der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wieder so grün wie sein grünes Shrek-Kostüm. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt sich wieder dafür ein, dass Deutschland 2050 klimaneutral wird. Und die Bundesregierung will sich im Herbst auf ein Klimaschutzgesetz einigen. Sogar eine CO2-Steuer ist im Gespräch. (Auch wenn sich das sogenannte "Klimakabinett" da bisher nicht einig ist.)
Neue Gesetze in einer Demokratie brauchen manchmal eben Zeit.
Bloße Absichtserklärungen helfen natürlich niemandem. "Eine Debatte verringert noch nicht den CO2-Austoß", sagt etwa Jakob Blasel, Klimaaktivist aus Kiel und Mitinitiator des Dortmunder Sommerkongresses.
Um ihre Ziele zu erreichen, muss die "Fridays for Future"-Bewegung also dranbleiben. Und dafür, glauben manche Verantwortlichen, muss die Bewegung auch eigene Baustellen bewältigen.
Der Soziologe Dieter Rucht sagt der Deutschen Presse-Agentur: Es fehle dem losen, dezentralen Bündnis an klaren Verantwortlichkeiten und gewählten Delegierten, Entscheidungsabläufe seien auch nach mehreren Monaten des Bestehens "diffus und intransparent".
Immer wieder bestimmen auch Unstimmigkeiten zwischen Mitgliedern der Bewegung und ihren Führungsfiguren wie Luisa Neubauer die Schlagzeilen.
Zu guter Letzt wird sich "Fridays for Future" irgendwann die Frage stellen müssen: Will die Bewegung den Sprung von der Straße in die Parlamente unternehmen? Und wenn ja, wie?
Der Protestexperte und Soziologe Rucht warnt gegenüber der dpa auch:
(ll/mit dpa)