Prunkvoll sollte der "Tag des Sieges" wohl in Moskau verlaufen. Doch in den sozialen Medien erntet Kremlchef Wladimir Putin reichlich Lacher für seine diesjährige Militärparade. Nach Beobachtungen von Anton Gerashchenko, Berater des ukrainischen Innenministeriums, nahmen bei der Parade keine modernen Panzer, Schützenpanzer oder Flugzeuge teil.
Auf Twitter schreibt er über die Feierlichkeiten: "Sie war eine der kleinsten in der russischen Geschichte und dauerte weniger als zehn Minuten." Lediglich ein T-34-Panzer sei dabei gewesen, der schon am Zweiten Weltkrieg teilgenommen habe. Auch die marschierenden Soldaten sollen laut Gerashchenko hauptsächlich aus Kadetten und Studierenden von Militäruniversitäten stammen – nicht etwa aus Militärpersonal.
Putin wirkte dennoch zufrieden, gelegentlich lachte er sogar auf der Tribüne mit seinen Gästen. In seiner Rede rechtfertigte er Russlands völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine. Dabei stellte er sein Land als Hauptleidtragenden dar.
"Heute befindet sich die Zivilisation erneut an einem entscheidenden Wendepunkt. Gegen unser Vaterland wurde ein echter Krieg entfesselt", sagte Putin mit Blick auf die in der Ukraine tobenden Kämpfe, die er vor mehr als einem Jahr selbst angeordnet hatte.
Mit der Militärparade und seinem Auftritt will er wohl Stärke zeigen – allerdings macht ihm Wagner-Chef Jewgeni Prgoschin einen Strich durch die Rechnung.
Denn laut ihm läuft so gar nichts nach Plan und der Sieg sei offenbar in ferner Sicht.
"Der Tag des Sieges ist der Tag des Sieges unserer Großväter. Wir haben diesen Sieg noch mit keinem Millimeter verdient", verkündete Prigoschin mit Blick auf die Veranstaltung. In einem Video, das er über Telegram veröffentlicht, klagte er ebenfalls: Die vom russischen Verteidigungsministerium versprochenen Munitionslieferungen für die Wagner-Gruppe sei noch immer nicht angekommen.
Dann warf er den russischen Truppen sogar Fahnenflucht vor. Während Putin die Opferbereitschaft seiner Armee in seiner Rede hervorhebt, behauptet Prigoschin, dass russische Soldaten bei schweren Kämpfen um die ukrainische Stadt Bachmut aus ihren Stellungen geflohen seien. "Heute ist eine der Einheiten des Verteidigungsministeriums von einer unserer Flanken geflohen."
Für Gerashchenko ist das wohl die Top-News des Tages. Er twittert: "Prigoschin sagte, dass die 72. Brigade und die Gazprom 'Torch' PMC ihre Positionen aufgegeben haben, nachdem 500 Wagner-Mitglieder dafür gestorben sind – das wahre Gesicht der 'russischen Macht'".
In Bachmut toben seit Monaten blutige Kämpfe mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Zwar soll die Wagner-Gruppe nach eigenen Angaben inzwischen etwa 95 Prozent der Stadt eingenommen haben – doch ukrainische Verteidiger halten unermüdlich im westlichen Teil Bachmuts Stand.
Dies hat bereits für reichlich Zündstoff innerhalb des Kremls gesorgt. So treten in der russischen Militärführung seit Monaten auch immer offener Machtkämpfe zutage.
(Mit Material der dpa)