Eigentlich hätte es am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" um die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden gehen sollen, doch am Ende drehte sich die Diskussion nicht nur darum, ob Katja Kipping noch einmal als Chefin der Linken antreten wolle, sondern auch um die Vergangenheit der Linken und die Definition der DDR als Unrechtsstaat. Dabei blieb die Linke auch dieses Mal eine konkrete Antwort schuldig.
Zunächst diskutierte Moderator Markus Lanz gemeinsam mit der Vorsitzenden der Links-Partei, Katja Kipping, und dem Verleger und Publizisten Wolfram Weimer über die drei neuen Bewerber um den CDU-Chefposten: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen.
Es gehe ihr besonders um die Frage, was nach der Groko käme, was nach 16 Jahren Angela Merkel als Kanzlerin? Die 42-Jährige will sich mehr auf die nächste Bundestagswahl als auf die Personaldebatte der CDU konzentrieren. "Ich will wissen, wohin die Reise führt in diesem Land. Diese Frage ist viel wichtiger zu stellen." Kipping äußert sich auch nachdenklich: "Und ich habe Sorge, dass diese Reise auf dem Rücken der Migranten ausgetragen wird im kommenden Wahlkampf."
Zwar möchte Lanz unbedingt von der Parteichefin wissen, welchen Posten sie für sich sehen würde nach einer Bundestagswahl mit grün-rot-rotem Ausgang, doch Kipping möchte darauf nicht antworten: "Ich werde erst meiner Partei mitteilen, in welcher Position ich antrete, bevor ich das vor laufenden Kameras tue." Lanz hakt noch einmal nach: "Wenn Robert Habeck Kanzler wird, welchen Ministerposten wollen Sie dann haben?" Doch auch hier bekommt er keine klare Antwort. Dann mischt sich auch noch der Publizist Wolfram Weimer in die Diskussion ein: "Treten Sie noch einmal als Parteichefin an?
Seiner Meinung nach würde das zwar nicht gegen die Satzung der Links-Partei verstoßen, jedoch gegen die "Commons". Auch hier folgt keine klare Antwort der Politikerin, die die Linke bereits seit 2012 gemeinsam mit Bernd Riexinger führt. "Ich glaube nicht, dass sie Vorsitzende bleibt", äußert sich Weimer dazu, ohne Kipping direkt anzusprechen.
Dann ergreift die gebürtige Dresdnerin doch das Wort: "Sie machen es sich immer einfach, wenn Sie sagen: Wenn Wahlkampf ist, müssen wir über Personaldebatten reden. Man kann auch einfach mal über Inhalte reden, unabhängig davon, ob gerade Wahlkampf ist." Dafür erntet sie Applaus im Studio. Und dann wird sie inhaltlich:
Weimer, der nicht locker lassen will, sagt, die Linke bliebe sowohl im Osten der Republik als auch im Westen weit hinter ihren eigenen Erwartungen zurück und habe in Brandenburg und Sachsen enorme Verluste eingefahren. Kipping kontert daraufhin, dass in kurzer Zeit viel passieren könne und dass die Linke in Brandenburg wieder um fünf Prozent zugelegt hätte in den Umfragen – was wohl auch an der vergangenen Wahl in Thüringen läge. Ihrer Meinung nach, habe die Linke dort "sehr gut und klug agiert".
Doch bei jedem Versuch, etwas zu erklären, fällt ihr der ehemalige Chefredakteur der "Welt" und der "Berliner Morgenpost" ins Wort: "Ihr Narrativ stimmt nicht!" Bodo Ramelow, der ehemalige Ministerpräsident Thüringens, habe weder eine Mehrheit innerhalb der Bevölkerung noch im Parlament gehabt. "Herr Weimer, was wäre denn Ihr Vorschlag in Thüringen gewesen?", unterbricht ihn Kipping. "Jetzt lassen Sie mich doch auf mal ausreden", antwortet der Journalist, der der Politikerin zuvor schon einige Male ins Wort gefallen war. "Dann reden Sie mal aus. Doch das dauert bei Ihnen immer so lange."
Lanz versucht einzugreifen: "Für einen CDU-Abgeordneten in Thüringen scheint es einfacher zu sein, Geschäfte mit Rechts statt mit Links einzugehen. Zu viele Verletzungen, zu viel Geschichte, man kennt sich, SED-Nachfolgepartei." Er erklärt weiter, dass Ramelow, als er mal bei ihm im Studio war, nicht zugeben konnte, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei und fragt Kipping: "Wie erklären Sie sich das?"
"Ich bin viel im Osten unterwegs und rede mit Menschen. Das als pauschale Aburteilung zu nennen, das wird den Menschen nicht gerecht." Ihrer Meinung nach sei das eine Abwertung der Lebensleistung vieler Ostdeutscher. Sie verstehe jemanden wie Roland Jahn, den Leiter der Stasiunterlagenbehörde und ehemaliger DDR-Bürgerrechtler, der solche Aussagen treffe, weil er das Unrecht selbst erlebt habe.
"Warum geht Ihnen das so schwer über die Lippen?", fragt Lanz nach. Kipping: "Ich würde das so nicht sagen wie Jahn, aber ich verstehe, was er meint. Dass es eine Mauer gab, ist schlimm. Dass die Menschen bei Fluchtversuchen getötet wurden, ist ein Unrecht."
Dann unterbricht Weimer Kipping erneut:
"Sagen Sie doch einfach, dass es ein Unrechtsstaat war!", fordert der Journalist mehrfach. Die Politikerin erklärt ruhig, sie wolle auf diese Unterwerfungsgeste, die vom Westen eingefordert wird, nicht eingehen.
Die Linke würde sich kritisch mit ihrer Geschichte auseinandersetzen und auch sie habe schon mit ehemaligen Mitgliedern der SED gesprochen: "Vieles, was sie damals gemacht haben, sehen sie als Fehler." Und sie wendet sich an Weimer: "Sie wollen diesen einen Satz hören. Und Sie sprechen Menschen ab, dass sie sich kritisch mit der Sache auseinandergesetzt haben." Die Linke befasse sich nicht nur kritisch mit der eigenen Vergangenheit, sondern habe sich auch bei den Opfern der DDR-Regierung entschuldigt.
Auch Andrej Hunko von den Linken (MdB), der im vergangenen Jahr nach Venezuela reiste und sich dort mit dem ehemaligen sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro traf, war Thema bei Lanz. Schließlich habe die Linke hier die Hand eines Diktators geschüttelt. Dass sich Hunko auch mit dem Gegner Maduros, Juan Guaido, getroffen habe, sei hingegen nicht berichtet worden, kontert die Linke-Politikerin zunächst. "Das ist ein brutaler Mörder, der Frauen mit Elektroschocks foltert", provoziert Weimer die 42-Jährige. "Den zu hofieren, da zeigt sich der moralische Bruch bei der Linken. Das ist Ihr Grundproblem."
Am Ende gibt Kipping zu, dass es ein Fehler Hunkos gewesen sei: "Ich hätte ihm nicht die Hand geschüttelt. Es war ein Fehler." Und damit endet eine hitzige Debatte, bei der es am Ende schon lange nicht mehr um den zukünftigen Vorsitz der CDU gegangen ist.