Moderator Markus Lanz (l.) lieferte sich einen harten Schlagabtausch mit Reiner Haseloff (zugeschaltet).ZDF/Screenshot
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Lanz nach Schlagabtausch mit Haseloff: "Ich bin völlig nass geschwitzt!"
26.02.2021, 12:18
Deana Mrkaja
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Bei der 1.500sten Sendung von "Markus Lanz" ging es am Donnerstagabend zwar erneut um das Thema Corona - doch nachdem sich der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloff, in Rage geredet hatte, waren für ihn am Ende die Öffentlich-Rechtlichen schuld an dem Impfdesaster in Deutschland. Das konnte Moderator Markus Lanz nicht auf sich sitzen lassen und lieferte sich einen harten Schlagabtausch mit dem CDU-Politiker.
Die Briten scheinen derzeit vorzumachen, wie es mit dem Impfen gehen kann. Bereits ein Drittel der Bevölkerung soll dort durchgeimpft worden sein, was sich auch in den Infektionszahlen niederschlägt. Ende Juni sollen laut Premierminister Boris Johnson alle Corona-Beschränkungen aufgehoben werden. Diana Zimmermann, Leiterin des ZDF-Studios London, berichtet bei "Lanz" davon, dass bereits im vergangenen Februar eine "Task Force" zur Impfstrategie errichtet wurde, die nicht nur dafür gesorgt hat, dass die Impfstoffe schnell zugelassen wurden, sondern dass auch viel davon eingekauft wurde. Auch vom britischen Hersteller Astrazeneca.
"Die Briten sind stolz auf ihren Impfstoff. Die fragen sogar explizit danach."
Diana Zimmermann
Während dieser Impfstoff in Deutschland liegenbleibt, weil die Bevölkerung ihn nicht haben möchte, fährt Großbritannien Erfolge ein. Laut einer Studie aus Schottland, soll Astrazeneca nach der ersten Impfung sogar bessere Ergebnisse liefern als der Stoff von Biontech.
Diana Zimmermann ist aus London zugeschaltet. ZDF/Screenshot
Auch Prof. Thorsten Lehr, Experte von der Universität des Saarlandes, sagt, dass die Zahl der Toten dort deutlich abnehme. Zudem würden die Briten auch Schnelltests verwenden, was sich auch positiv auswirke. In Deutschland hingegen sei man "versessen darauf, dass alles zertifiziert ist", weshalb Schnelltests zum Selbermachen immer noch nicht eingesetzt würden. "Wir hinken hinterher, statt proaktiv zu sein", sagt der Pharmazeut.
Auch die Politik-Chefin der "Welt", Claudia Kade, kritisiert nicht nur die "Kommunikationsversäumnisse der Politik in Bezug auf die Sicherheit des Astrazeneca-Impfstoffes", sondern findet es auch "erschütternd", dass bei der Bekämpfung der Pandemie nur auf die Impfung gesetzt würde. Es gebe immer noch keine Teststrategie und das, was Gesundheitsminister Jens Spahn als solche verkaufe, sei keine Strategie.
Claudia Kade kritisiert Jens Spahn bei "Markus Lanz". ZDF/Screenshot
Spahn habe sein Vorhaben mit den Testungen "im völligen Alleingang" entschieden und mit niemandem abgestimmt. Nicht einmal diejenigen, die seine Strategie durchführen sollten, wussten davon Bescheid, erklärt die Journalistin. "Man kann nicht eine Masse an Schnelltests in die Bevölkerung kippen ohne System". Dass nun Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema an sich gerissen hat, zeige das deutlich.
Haseloff mit kruder Theorie zum Impfdesaster
Diese Vorwürfe möchte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff nicht auf sich sitzen lassen und macht sich zur Abwehr der Anschuldigen bereit. Seiner Meinung nach, dürfe man die Leistung Deutschlands nicht "unter Wert verkaufen", vieles sei besser gelaufen als in anderen europäischen Ländern. Ob 76.000 Tote wirklich ernsthaft gut seien, hakt Markus Lanz nach, ebenso die schlechten Impfrate. Das sei es "natürlich nicht", jedoch habe man eben lang auf den Impfstoff warten müssen und wollte nicht - wie andere Länder - Experimente mit der Bevölkerung machen. Auch die Schnelltests stehen laut dem CDU-Politiker vor der "Praxisanwendung in der Fläche".
"Warum haben Sie ein Jahr für diese Erkenntnis gebraucht?", fragt Lanz nach. "Wir haben kein Jahr gebraucht. Wir haben sukzessive Dinge angepasst." Er wolle sich auch nicht mit Ländern wie Südkorea oder Neuseeland vergleichen, weil dies Inseln sind. Am 3. März steht die nächste Runde der Ministerpräsidenten an und da müsse was passieren, gibt er dennoch zu. Nach "Augenmaß" würde Dinge wieder geöffnet werden und so ein "Stück Normalität" zurückgegeben.
Reiner Haseloff ist an diesem Abend zugeschaltet. ZDF/Screenshot
Dann will es Lanz konkret wissen und fragt, wie in den Schulen getestet wird, sobald diese wieder aufmachen. "Wir haben für die Erwachsenen ausreichend Tests zur Verfügung gestellt. Für die Kinder gibt es noch keine Impfung. Aber die Schnelltests sollen kommen." "Wann?", fragt der Moderator. "Wenn sie zur Verfügung stehen", äußert der Politiker und lässt es somit unkonkret. Lanz erklärt, dass in Österreich alle Schüler wöchentlich getestet würden. Haseloff jedoch will vom "Hü und Hott" Österreichs nichts hören. "Warum reagieren Sie so heftig?", legt Lanz nach. Doch erklärt der Ministerpräsident aufgewühlt, dass auch in Deutschland Schüler getestet und i Quarantäne geschickt würden, jedoch kann er nicht genau erklären, wie systematisch das Ganze abläuft.
Die Hersteller von Schnelltests würden in Deutschland auf ihren Tests sitzenbleiben, erklärt Lanz, und verkauften sie deshalb nach Österreich. Dafür könne man die Politik nicht verantwortlich machen, antwortet Haseloff. "Sondern?" "Die Fachbehörden, die zertifizieren." Überrascht schaut ihn Lanz an, doch dann packt Haseloff weiter aus und redet sich in Rage. Er behauptet, es gäbe es Deutschland Impfstoff "noch und nöcher", jedoch wollen sich die Leute nicht impfen lassen. Es habe "sicherlich kein Politiker gesagt, dass man sich nicht impfen lassen sollte".
"Sorgen Sie dafür, dass jeden Tag 30 Minuten Aufklärung bei den Öffentlich-Rechtlichen läuft, damit wir Leben retten können."
Reiner Haseloff
"Das machen wir schon die ganze Woche, Herr Haseloff", antwortet Lanz leicht perplex. "Sie machen das aber zu spät, wer schaut denn so spät? Lassen Sie sich um 20.15 Uhr gut platzieren, damit das, was wir jetzt diskutieren, Wirkung entfalten kann. "Interessant" findet Lanz diesen Einwand des CDU-Politikers insbesondere deshalb, weil Sachsen-Anhalt erst kürzlich eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages gestoppt hat. Darüber könne man reden, sagt Haseloff, jedoch sei der Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen in erster Linie ein Bildungsauftrag. Deshalb soll die Bildung nach vorne und "Quiz oder so was nach hinten für diejenigen, die nicht einschlafen können".
Markus Lanz wird sauer: "Ich will Sie mal aufklären"
Das kann der Moderator nicht so auf sich sitzen lassen und sagt: "Ich will Sie mal aufklären." 2,5 Millionen Menschen würde seine Sendung schauen, das "Heute Journal" würden sogar 6 Millionen Menschen sehe, es fände also Aufklärung statt. Und dann kommt Haseloff mit eine kruden Vergleich:
"Wir müssen aber 60 Millionen impfen für eine Herdenimmunität. Das ist Ihre Marschrichtung für die Öffentlich-Rechtlichen."
Reiner Haseloff
Dann platzt Markus Lanz der Kragen, doch er bleibt ruhig und erklärt dem Politiker erneut alle politischen Versäumnisse der vergangenen Monate und stellt am Ende klar, dass es sicherlich nicht die Schuld der Sender ist, dass nicht geimpft würde. "Ich bin nach dieser Diskussion mit ihnen völlig nass geschwitzt. Ich weiß nicht, ob das an Ihnen liegt oder am Ingwerwasser", sagt der Moderator als er den Ministerpräsidenten verabschiedet.
Lanz drängt Halles Oberbürgermeister in die Ecke: "Warum wurden Sie schon geimpft?"
Am Ende der Sendung geht es noch einmal um die Corona-Impfung. Dieses Mal jedoch um bereits durchgeführte. Der 64 Jahre alte Oberbürgermeister von Halle Bernd Wiegand sorgte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen, weil er bereits geimpft wurde, obwohl er laut Bundesimpfverordnung noch nicht an der Reihe gewesen wäre.
Bernd Wiegand wurde bereits gegen Corona geimpft.ZDF/Screenshot
Der Politiker erklärt, es wäre um Impfstoff gegangen, der weggeschmissen worden wäre, wenn er ihn nicht genommen hätte. Seine Sicht der Dinge ist folgende: Am 17. Januar wurde er von Impfteam angerufen und dafüber informiert, dass er zum Impfen kommen könnte - innerhalb von 15 Minuten, weil sonst die Impffrist für den Stoff ablaufen würde. Er habe mehrfach nachgefragt, ob nicht jemand, der eigentlich vor ihm ein Anrecht darauf hat, geimpft werden könne. Jedoch habe man ihm am Telefon und später auch vor Ort versichert, dass "niemand gefunden werden konnte". Bevor der Stoff also entsorgt werden müsse, habe er sich dazu entschieden, ihn zu nehmen.
Für solche Fälle wurde in Halle eine Impfprioritätenliste vom Krisenstab erstellt, dessen Leiter er selbst ist, die unterschiedliche Gruppierungen aufzählt: Ärzte, Rettungssanitäter, aber auch Personen aus dem Stadtrat. Wieso ausgerechnet dieser auf der List stünde, aber keine Lehrer oder Polizisten, will Lanz von ihm wissen und hakt mehrfach nach. "Das kann man kritisieren und hinterfragen, aber wir haben diese Entscheidung damals so getroffen", sagt Wiegand ruhig. Der Stadtrat habe eine "Schlüsselfunktion" innerhalb des Krisenmanagements und müsse dieses auch händeln. Eigentlich soll in einem solchen Fall ein Zufallsgenerator und ein Sechs-Augen-Prinzip angewendet werden. Bei ihm sei der Zufallsgenerator nicht zum Zuge gekommen, gibt er selbst zu. "Die Auswahl ist ausgerechnet auf Sie gefallen?" "Das Team, das vor Ort war, hat mir versichert, sie hätten keine andere Person erreichen können", erklärt der Oberbürgermeister immer wieder.
Unsere Kanzlerin, ist sich Lanz sich, hätte nicht so gehandelt, wenn sie in der gleichen Situation gewesen wäre. Auch die Landrätin aus Bayern, Rita Röhrl, die an diesem Abend anwesend ist, sagt, sie habe ein solches Impfangebot bereits bekommen und es abgelehnt. 800 Leute sollen auf der Liste theoretisch gestanden haben, jedoch sei niemand erreicht worden - das findet der Moderator nicht glaubhaft und macht das auch deutlich. Doch der Politiker lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und versichert immer wieder, er habe mehrfach nachgefragt und habe am Ende "unter Druck" entscheiden müssen. Dass er später nicht gleich gesagt habe, dass er geimpft wurde, sehe er "als Fehler". "Weil Sie wissen, dass das die Leute geärgert hätte", entgegnet Lanz. "Die Leute hätten schon akzeptiert, dass der Leiter des Katastrophenstabs geimpft wurde." Am Ende sagt Lanz, dass er gespannt sei, wie es in dem Fall weiterginge, weil auch die Staatsanwaltschaft nun gegen Wiegand ermittle.
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