Oliver Welke (l.) sprach in der "Heute-Show" mit seinem Kollegen Abdelkarim, der nach einer Demo angegriffen wurde.Bild: Screenshot ZDF
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09.05.2020, 18:4909.05.2020, 18:48
Diese Ausgabe der "Heute-Show" war eine ganz bedeutsame – aus einem hässlichen Anlass. Am Maifeiertag war ein Team des ZDF-Satiremagazins am Rand einer Demonstration in Berlin attackiert worden. Eine Gruppe von 15 bis 20 Personen soll plötzlich mit Metallstangen auf das Kamerateam sowie ihre Security-Leute losgegangen sein, sie traten einem Mann ins Gesicht.
Die TV-Crew musste im Krankenhaus behandelt werden. Beamte hatten am vergangenen Wochenende mehrere Personen festgenommen, die mittlerweile aber wieder auf freiem Fuß sind. Aktuell ermittelt der Staatsschutz.
"Heute-Show"-Anchorman Oliver Welke thematisierte die Attacke am Freitagabend im ZDF. "Diese Woche haben wir als Nachrichtenshow erfahren wie es ist, selbst in den Nachrichten vorzukommen", so seine einleitenden Worte. Nachdem er dann zunächst diverse Einspieler zur aktuellen Nachrichtenlage gezeigt hatte, begrüßte Welke seinen Kollegen Abdelkarim im Studio, der den Angriff in Berlin miterlebt hatte und als Einziger unverletzt blieb.
Das Bild stammt vom Tatort, auf dem Boden liegen Ton- und Kameraausrüstung des ZDF-Teams.Bild: Screenshot ZDF
"Heute-Show"-Reporter Abdelkarim spricht mit Welke über Attacke
Die Demo hätte aus einem bunten Haufen von Verschwörungstheoretikern bestanden, erläuterte Welke zunächst noch einmal die Ausgangslage, aus Menschen, die sich um die Grundrechte sorgen und aus "ganz normalen Spinnern". Doch dann hätte ein "Mob aus 15 bis 20 Vermummten" seine Kollegen krankenhausreif geprügelt. "Die Staatsanwaltschaft rechnet die Täter dem linken Spektrum zu, über das Motiv weiß man zur Stunde noch nichts", so der Moderator. Dann überließ er Abdelkarim das Wort. Der erklärte:
"Es geht mir sehr gut. Vor allem geht es mir gut, weil alle Verletzten körperlich zu 100 Prozent wieder fit werden – und psychisch hoffentlich auch."
"Diese Leute stürmten auf uns zu"
Die beiden hätten gerne gezeigt, was die ZDF-Kameras auf der Demonstration aufgenommen hätten – doch dies sei nicht möglich. Denn: "Wir können das Material nicht zeigen, das wird gerade vom LKA ausgewertet."
Abdelkarim schilderte Welke noch einmal, wie er den Angriff erlebte: "Das ging ratzfatz. Alle waren schwarz gekleidet und vermummt. Es ging so schnell, wir hatten keine Chance, das einzuordnen. Diese Leute stürmten auf uns zu, die waren wie Zombies, die schnell rennen können. Und es ging so schnell, dass wir nicht mal die Gelegenheit hatten, Angst zu haben."
Angriff auf ZDF-Team geplant? "Es standen Fluchtfahrzeuge bereit"
Aus Instinkt sei er direkt losgerannt, hätte nach einigen Metern aber wieder angehalten und sich die Frage gestellt, ob er zurückrennen und seinen Kollegen helfen oder lieber die Polizei rufen solle. Nüchtern stellte er fest: "Zurückzugehen hätte nicht geholfen. Wir hatten drei Schränke dabei [die Security-Männer, Anm. d. Red.] und auch die konnten nichts machen." Abdelkarim wollte nicht den Helden spielen und fand glücklicherweise unweit des Angriffs eine Polizeistreife, die dem ZDF-Team zur Hilfe eilte.
Das Erschreckende: Laut Abdelkarims Schilderungen könnte die Attacke auf die "Heute-Show"-Crew gezielt geplant worden sein. Denn: "Es standen Fluchtfahrzeuge bereit." Welke griff diesen Punkt auf: "Das klingt nicht nach einer spontanen Aktion, sagt der Sherlock Holmes in mir."
Trotz des Erlebten würde der Reporter gerne weiter für die "Heute-Show" arbeiten, stellte er abschließend noch einmal klar. Und Satiriker Oliver Welke hatte gleich das passende Einsatzgebiet vor Augen: "Nächstes Mal schicken wir dich irgendwo hin, wo es nur schön ist. Zur Bundesgartenschau zum Beispiel."
Zur Verabschiedung sprach der "Heute-Show"-Moderator noch einen für ihn wichtigen Punkt an: Zwei Tage vor Sendungsaufzeichnung hatte es am Rand einer weiteren Corona-Demo erneut einen Angriff auf einen Journalisten gegeben. Dieses Mal traf es einen Kollegen von der ARD. "Ist es konsequent", so Welke, "sich am Rande von Veranstaltungen, die sich angeblich für die Grundrechte einsetzen, die Pressefreiheit buchstäblich mit Füßen zu treten?" Ein kollegiales Auftreten – und ein bedeutsamer Denkanstoß.
(ab)
Bis 2015 schien die Welt für viele junge Menschen in Europa noch größtenteils in Ordnung. Zumindest waren Kriege fern und hatten kaum Auswirkungen auf das Leben hierzulande. Das änderte sich 2015. Durch die große Migrationskrise konnte die Bevölkerung in Deutschland das Leid nicht mehr ignorieren.