Politische Ruhe strahlte CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner im Plasberg-Talk nicht aus. Stattdessen geriet sie mit einem Landwirt aneinander.ard
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16.07.2019, 09:2516.07.2019, 12:25
deana mrkaja
Brände, Schädlinge und Dürre: Der Wald brennt und Deutschlands Bauern droht eine Missernte. Doch was ist nun der richtige Weg, um mit dem Klimawandel umzugehen? Bei "Hart aber fair" wurde am Montagabend heiß diskutiert – insbesondere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner war in Streitlaune.
Er liegt wieder auf der Intensivstation: der Wald. Während in den 80er Jahren viel davon die Rede war, aber das Waldsterben eigentlich nicht stattfand, wird nun gar nicht mehr darüber gesprochen, obwohl der Wald stirbt – und das direkt vor unseren Augen. Mehrere Tausend Hektar Wald in ganz Deutschland sind von Käfern befallen, vertrocknen und verbrennen oder werden von Stürmen zerstört.
In diesem Jahr sind bereits mehrere Tausend Hektar Wald in Deutschland abgebrannt. ard/screenshot
"Hart aber fair": Waldbesitzer warnt vor Waldsterben
"Ganze Wälder verlieren ihren Lebensmut“, sagt Franz Prinz zu Salm-Salm, der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands in Sachsen-Anhalt ist. Er beschreibt dabei Szenen aus deutschen Wäldern: "Allein in Dessau sind 200 Jahre alte Eichenbestände von 2600 Hektar Größe mit Schädlingen befallen. In einem Forst, der zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Die Mitarbeiter dort müssen mit 'Biochemiekampfanzügen' in die Kulturpflege gehen. Das ist kein Witz, sondern bitterer Ernst.“
Was er meint, ist der Befall mit Eichen-Prozessionsspinnern. Die Raupenart breitet sich in ganz Deutschland stark aus, schädigt die Bäume so sehr, dass sie absterben und ist auch für den Menschen nicht ungefährlich. Denn ihre feinen Brennhaare, die sich in der Luft verteilen, können zu Hautausschlägen, Atembeschwerden und Netzhautentzündungen führen, wie ein Einspieler zeigt.
Der Eichen-Prozessionsspinner breitet sich massiv in deutschen Wäldern aus.ard/screenshot
Auch der Schwammspinner greift Pflanzen und Bäume an. Ist für den Menschen jedoch ungefährlich.ard/screenshot
Der Waldbesitzer redet sich so sehr in Rage, aber ist dabei so leidenschaftlich, dass Moderator Frank Plasberg ihm gleich vorschlägt, in die Politik zu gehen. Dafür sei er "zu ehrlich“, gibt Prinz zu verstehen, doch macht er mit Nachdruck deutlich, was er von der Gesellschaft in Deutschland in Bezug auf das Waldsterben hält:
"Die Gesellschaft lässt uns Waldbesitzer im Stich. Alle wollen darin wandern, sich erholen, Mountainbike-Fahren, aber wie der Wald erhalten werden soll, interessiert die Gesellschaft einen Scheißdreck.“
Er spielt darauf an, dass bisher keine steuerliche Abgabe für den Erhalt der Wälder entrichtet wird. "Wir Waldbesitzer wurden einfach im Stich gelassen“. Er fordert einen Klimafond, der bei den Waldbesitzern auch ankommt. Das derzeitige politische Problem jedoch sei, dass der Forst Ländersache ist und die Bundesregierung wenig Einfluss darauf hat, wo genau die Steuergelder am Ende in den Bundesländern hinfließen.
Der leidenschaftliche Waldbesitzer betont weiter: "Ich habe weinende Waldbesitzer bei mir. Die machen das nicht mehr lange mit. Wenn wir die Wälder nicht gemeinsam retten, dann geben sie alle auf." Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner stimmt Prinz zu und spricht sich für einen Klimafond aus. Da der Wald als "Allesretter“ betrachtet würde, müsse ein Millionen-Aufforstungsprogramm gestartet werden. Dazu bräuchte sie rund 600 Millionen Euro, rechnet die Ministerin vor, sagt jedoch nicht, wo das Geld dafür hergenommen werden soll.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner spricht sich für einen Klimafond aus. ard/screenshot
Julia Klöckner reagiert auf Kritik vom Bauernverband
Polarisieren tut an diesem Abend jedoch insbesondere Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes. Vom Journalisten Franz Alt wegen vermeintlicher Monokultur in der Landwirtschaft und dem prophylaktischen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angegriffen, kontert der Bauer:
"Wir setzen diese Mittel nicht prophylaktisch ein. Aber ohne Pflanzenschutzmitteln können wir keine Qualität und kein Ertrag sichern.“
Joachim Rukwied
Ökolandbau ist für den Präsidenten jedoch nicht allein die Waffe gegen schlechte Böden und miese Ernten. Er glaube an den richtigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und einer Auflockerung der Fruchtfolge, sodass sehr unterschiedliche Lebensmittel auf den Boden eingepflanzt werden können.
Die Ministerin will dem Landwirt zur Hilfe eilen und macht deutlich: "Als erstes sind die Landwirte da, um die Menschen satt zu bekommen. Die Subventionen, die an Landwirte ausgeschüttet werden, sollen nun an noch stärkere Bedingungen im Bereich Tierschutz und Umweltschutz gekoppelt werden.“
"Hart aber fair": Julia Klöckner ist genervt vom Chef-Bauer
Und während sie versucht, die Lage ein wenig zu beruhigen, quasselt Rukwied immer wieder dazwischen, statt ihre Hilfe anzunehmen. Sichtlich genervt von den Unterbrechungen sagt Klöckner: "Im Gegensatz zu Ihnen war ich im Agrarrat und ich entscheide das, also lassen Sie mich mal quatschen.“
Joachim Rukwied (l.) und Julia Klöckner (r.) fallen sich gegenseitig ständig ins Wort. ard/screenshot
Als er auch dann nicht aufhört und der Journalist Franz Alt auch erneut einsteigt, sagt sie zu Rukwied:
"Machen Sie sich mal locker!“
Julia Klöckner zu Joachim Rukied
Mittlerweile wird die Situation auch Frank Plasberg zu bunt und er greift ein, um den "unharmonischen Chorgesang“ von Ministerin und Bauer zu unterbrechen.
Moderator Plasberg (m.) muss die beiden Streithähne Klöckner (l.) und Rukwied (r.) beruhigen. ard/screenshot
Am Ende dreht sich die Diskussion um die Verantwortung der Verbraucher. Und bevor der Landwirt vor Wut noch "mit dem Traktor ins Studio fährt", wie Plasberg kommentiert, übergibt er Rukwied noch einmal das Wort: "Wir produzieren im Ganzen schon rund sechs Prozent Ökoprodukte, aber die Sachen kommen gar nicht weg. Wir Landwirte machen das, aber es wird nicht gekauft."
Schaut man sich die "Fridays for Future“-Bewegung und die Zustimmung zu den Grünen in Deutschland an, könne man von "verbaler Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“ sprechen, sagt Moderator Plasberg in Bezug auf das Konsumverhalten von Verbrauchern.
Schließlich würden immer mehr Lebensmittel in der Tonne landen, mehr geflogen und noch mehr SUVs jährlich angemeldet werden. Und Plasberg gibt zu: "Bevor es mein Nachbar verrät: Ich habe auch einen SUV."
Während in der Diskussion im Studio die Verantwortung für den Klimawandel erneut zu einem großen Teil bei der Bevölkerung gesucht wird, spricht sich nur Alt für politische Verbote aus – wenngleich mit etwas erstaunlichen Vergleichen:
"Die Kinderarbeit ist doch auch nicht mit höheren Steuern besiegt worden, der Sklavenhandel auch nicht. Wo sind die schlichten Verbote? Nur Verbote seitens der Politik können jetzt noch helfen."
Das abstruse Ende eines chaotischen Abends.
Am Ende haben nicht Abtreibungen, der Klimawandel oder die Außenpolitik die US-Präsidentschaftswahl entschieden. Wichtigstes Thema waren die Inflation und die Preise. Für 34 Prozent der republikanischen Wähler:innen war es laut einer Umfrage von YouGov ausschlaggebend für die Wahlentscheidung.