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Joe Biden verspricht, die USA aus Trumps Schatten zu führen

Democratic presidential candidate former Vice President Joe Biden speaks at a campaign event at the William "Hicks" Anderson Community Center in Wilmington, Del., Tuesday, July 28, 2020. (AP ...
Joe Biden bei seiner Abschlussrede auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten. Bild: ap / Andrew Harnik
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Kämpfer gegen Corona und Rassismus: Joe Biden inszeniert sich als Anti-Trump

Joe Bidens Wahlkampf lebt von der Abgrenzung zu Trump. Und wenn es nach ihm geht, gibt es bei der US-Wahl nicht viel zu überlegen. Die wichtigste Rede seiner politischen Karriere gibt einen Vorgeschmack, wie es sich anfühlen könnte, wenn er im Weißen Haus spricht.
21.08.2020, 16:0321.08.2020, 16:51
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Wenn es ernst ist und sich ein US-Präsident an das Volk wendet, steht er ganz allein vor der Kamera. Im Hintergrund stehen dann Flaggen, es gibt kein Blitzlichtgewitter, keine wedelnden Fähnchen, keinen Applaus. Als Joe Biden ans Rednerpult tritt, ist die Szenerie ähnlich. Doch er steht auf einer Bühne, nicht im Weißen Haus. Joe Biden äußert sich am Ende des Parteitags der Demokraten als frisch gekürter Präsidentschaftskandidat und stellt die Amerikaner vor die Wahl: zwischen mehr Wut, mehr Angst, mehr Spaltung und Veränderung, Einheit, Hoffnung.

Die Wahl zwischen ihm und Donald Trump.

Biden hat mehr als 30 Jahre auf diesen Moment hingearbeitet. Für die Wahl 1988 unternahm er den ersten Anlauf, Präsidentschaftskandidat zu werden. 2008 folgte der zweite – am Ende wurde er Vize von Barack Obama. Mittlerweile ist Biden 77 Jahre alt und die Demokraten haben entschieden, dass er der beste Kandidat ist, um am 3. November die Wiederwahl des republikanischen Amtsinhabers zu verhindern.

Wegen der Corona-Pandemie steht Biden bei seiner Nominierungsrede nicht wie sonst üblich vor einer jubelnden Masse an Menschen, sondern allein im Scheinwerferlicht. Drumherum ist es dunkel. Das Bild spiegelt Bidens Worte wider: "Der gegenwärtige Präsident hat Amerika viel zu lange in Dunkelheit gehüllt", sagt er. "Wir können den Weg wählen, wütender, weniger hoffnungsvoll und noch gespaltener zu werden. Ein Weg des Schattens und des Misstrauens. Oder wir können einen anderen Weg wählen und zusammen die Chance wahrnehmen, neu zu beginnen, zu einen. Ein Weg der Hoffnung und des Lichtes."

Biden will der anständige Gegenpart zu Trump sein

Die Kontraste, die Biden durch seine Rede führen, sind die logische Fortsetzung des Gegensatzes zwischen Biden und Trump (74), den die Demokraten während ihres weitgehend virtuellen Parteitags seit Montag konsequent erzählt haben. Mit der Stimme von Ex-Präsidenten wie Barack Obama oder Bill Clinton, ehemaligen Rivalen Bidens wie dem linken Senator Bernie Sanders bishin zu einfachen Bürgern.

Biden habe einen moralischen Kompass, er sei anständig, ehrlich, empathisch und selbstlos – diese Worte fielen immer wieder. Trump dagegen lüge, handele nur in seinem eigenen Interesse und sei eine Gefahr für die Demokratie. Bidens Wahlkampf lebt von der Abgrenzung zu Trump. Die Demokraten präsentierten ihn nicht nur als Politiker, der Brücken zwischen den Parteien schlagen kann, sondern vor allem als Menschen. Joe, der liebevolle Familienvater und Ehemann, der schwere Schicksalsschläge erlebt hat. Der Kümmerer, der einem 13-Jährigen dazu verhilft, vor einer Kamera zu sprechen. Der Junge hat beim Parteitag der Demokraten seinen großen Auftritt. Er stottert – Biden tat es auch.

Democratic vice presidential candidate Senator Kamala Harris looks on as presidential candidate and former Vice President Joe Biden speaks at a campaign event, their first joint appearance since Biden ...
Sie sollen es richten: Joe Biden und seine Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala HarrisBild: reuters / CARLOS BARRIA

Den Präsidenten nennt er nicht beim Namen

Viele hatten Biden zeitweise schon als Präsidentschaftskandidaten abgeschrieben. Mehrfach hatte er bei Auftritten das Bild eines alten Mannes abgegeben, der teils fahrig und unsouverän wirkte und bisweilen sogar Wähler unwirsch anging. Es spielte Trump in die Hände, der Biden nur "Slow" oder "Sleepy Joe" nennt, den langsamen und verschlafenen Joe, der nicht auf der Höhe sei. Von all dem war am Donnerstagabend (Ortszeit) in der Halle in seinem Wohnort Wilmington nichts zu spüren. Biden war fokussiert, sprach besonnen und entschlossen. Er gab sich staatsmännisch – auch, als er seinen Rivalen im Weißen Haus angriff. Er nannte ihn nicht beim Namen.

"Unser derzeitiger Präsident hat in seiner grundlegendsten Pflicht gegenüber der Nation versagt. Er hat uns nicht beschützt. Er hat Amerika nicht beschützt."

Trumps Krisenmanagement stand schon in den vergangenen Tagen am Pranger, Biden setzte die Kritik des Parteitags mit deutlichen Worten fort. "Unser derzeitiger Präsident hat in seiner grundlegendsten Pflicht gegenüber der Nation versagt. Er hat uns nicht beschützt. Er hat Amerika nicht beschützt", sagt Biden und meint die Corona-Pandemie, die in den USA mehr als 170.000 Menschenleben gekostet hat. "Das ist unverzeihlich."

Trump habe noch immer keinen Plan, obwohl die USA mehr Tote und Infektionen zu beklagen hätten als jedes andere Land der Welt, sagt der Demokrat. "Er wartet immer noch auf ein Wunder. Nun, ich habe Neuigkeiten für ihn: Es wird kein Wunder geschehen." Biden sagte den Wählern zu: "Der erste Schritt, den ich als Präsident machen werde, wird sein, dass ich das Virus unter Kontrolle bekomme, das so viele Leben ruiniert hat."

Biden verspricht, dass seine Generation den Rassismus beseitigt

Biden will noch mit einem anderen Versprechen den Nerv der Menschen treffen. Seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz steht das Thema Rassismus im Wahlkampf ganz oben auf der Agenda. "Werden wir die Generation sein, die endlich den Schandfleck des Rassismus aus unserem nationalen Charakter beseitigt? Ich glaube, wir sind bereit dazu", sagt Biden. "Amerikas Geschichte lehrt uns, dass wir in unseren dunkelsten Momenten die größten Fortschritte gemacht haben."

Der 77-Jährige war nach Floyds Tod zunehmend unter Druck geraten, eine nicht-weiße Frau zu seiner Vize-Kandidatin zu machen – und traf die historische Entscheidung. Kamala Harris könnte damit die erste Frau und Schwarze auf dem Vizepräsidentenposten werden. "Sie weiß um alle Hindernisse, die so vielen in unserem Land in den Weg geworfen werden", sagt Biden. Die 55-Jährige sagte bei ihrer Nominierung am Vortag: "Es gibt keine Impfung gegen Rassismus. Wir müssen die Arbeit machen."

Die Umfragen sind mit Vorsicht zu genießen

In Umfragen sieht es derzeit gut aus für Trumps Herausforderer – auch wenn man die Erhebungen wegen des komplizierten Wahlsystems mit Vorsicht genießen muss. Eines wird an ihnen aber klar: Nicht alle Wähler sind so elektrisiert von Biden wie eine Krankenschwester aus New York, die beim Parteitag voller Enthusiasmus "It's Joe Time" in die Kamera rief.

Für die Mehrheit der Wähler, die Biden unterstützen wollen, ist es eine Entscheidung gegen Trump. Anders sieht es bei dem Republikaner aus, der nicht nur auf seine treue Basis, sondern auf die "stille Mehrheit" in der Bevölkerung setzt. Die Demokraten hoffen ihrerseits in den Reihen der Republikaner auf "stille Biden-Wähler".

"Wir wissen über diesen Präsidenten, dass er in vier weiteren Jahren das sein wird, was er in den letzten vier Jahren war", sagt Biden. Die Amerikaner seien doch gute und anständige Leute. "Um Gottes willen! Das sind die Vereinigten Staaten von Amerika", sagt er nahezu flehend. Die Wahl werde Leben verändern und Amerikas Zukunft für eine lange Zeit bestimmen. "Möge die Geschichte sagen können, dass das Ende dieses Kapitels der amerikanischen Finsternis heute Abend hier begann", sagt Biden in die Stille hinein.

Nach seiner Rede ist er nicht mehr allein. Mit Ehefrau Jill, Vize-Kandidatin Harris und ihrem Ehemann Doug Emhoff verlässt Biden die Halle in Richtung Parkplatz. Autolichter blinken, Feuerwerk steigt auf. Und die Menschen jubeln.

(se/dpa)

"Man kann fast sagen: Schade, dass Vance und Walz nur für den Nummer-2-Job kandidieren"
Die erste und einzige Debatte der beiden Vizepräsidentschaftskandidaten ist Geschichte. Historiker und USA-Experte Ronald D. Gerste lobt den Auftritt von J.D. Vance und Tim Walz und macht einen Vergleich mit John F. Kennedy.

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