
US-Präsident Donald Trump dreht der WHO den Geldhahn zu.Bild: imago images/ZUMA Wire
USA
15.04.2020, 10:1215.04.2020, 10:26
Mitten in der Coronavirus-Pandemie hat
US-Präsident Donald Trump einen Stopp der Beitragszahlungen für die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranlasst. Trump machte die
Organisation am Dienstagabend (Ortszeit) für die Vielzahl an Toten
mitverantwortlich.
Seine Regierung werde in den kommenden
60 bis 90 Tagen prüfen, welche Rolle die WHO bei der "schlechten
Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus" gespielt
habe. So lange lägen die Zahlungen auf Eis.
Das ist Trumps Kritik:
Fast zehn Minuten trug Trump seine vernichtende Kritik an die
Adresse der WHO vor. "Eine der gefährlichsten und kostspieligsten
Entscheidungen der WHO war die katastrophale Entscheidung, sich gegen
Reisebeschränkungen aus China und anderen Ländern auszusprechen",
sagte er. "Zum Glück war ich nicht überzeugt und setzte Reisen von
China aus und habe damit unzählige Leben gerettet. Tausende und
Abertausende Menschen wären gestorben."
Ende Januar verhängten die
USA ein Einreiseverbot für ausländische Reisende aus China. Andere
Länder hätten die Empfehlungen der WHO dagegen befolgt und damit "die
Pandemie auf der ganzen Welt beschleunigt", behauptete Trump. "Die
Entscheidung anderer großer Länder, das Reisen offen zu halten, war
eine der großen Tragödien und verpassten Chancen in der ersten Zeit."
Damit nicht genug der Belehrung: Die WHO habe es versäumt, die Angaben der chinesischen Regierung kritisch und zeitnah zu überprüfen, kritisierte Trump weiter. Stattdessen habe sie Chinas Zusicherungen für bare Münze genommen und das Land gar für seine "sogenannte Transparenz" gelobt.
Die späte Erklärung einer gesundheitlichen Notlage habe "wertvolle Zeit gekostet". Mit einem schnelleren und entschlosseneren Einschreiten der WHO hätte die Epidemie mit wenigen Toten auf ihren Ursprungsort begrenzt werden können, behauptete Trump. "Das hätte Tausende Leben gerettet und weltweiten wirtschaftlichen Schaden verhindert."
Was ist an Trumps Kritik dran?
Bei seiner Pressekonferenz holten Trump eigene Aussagen aus der
jüngeren Vergangenheit wieder ein. Er hatte den Umgang Chinas mit dem
Ausbruch Anfang des Jahres selbst mehrfach ausdrücklich gelobt.
"China hat sehr hart daran gearbeitet, das Coronavirus einzudämmen.
Die Vereinigten Staaten wissen ihre Anstrengungen und Transparenz zu
schätzen", ist etwa in einem Tweet vom 24. Januar nachzulesen.
Die WHO ist für Trump ein willkommener Sündenbock. In der
Corona-Krise ist er selbst erheblich unter Druck geraten. Der
Republikaner hatte die Gefahr des Coronavirus öffentlich lange
heruntergespielt. Nun wird ihm vorgeworfen, zu zögerlich auf den
Ausbruch reagiert zu haben, so dass die USA weitestgehend
unvorbereitet von der Epidemie getroffen wurden.
Noch bis Anfang März
beteuerte Trump, das Virus sei für die USA kein Grund zur Sorge, und
erklärte: "Wir haben eine ungeheure Kontrolle darüber."
Mittlerweile sind die USA das Land mit den meisten nachgewiesenen
Infektionen und Corona-Toten weltweit. Spätestens seit die "New York
Times" am Wochenende umfassend die Reaktion der Regierungszentrale
auf das Virus dokumentierte, wehrt sich Trump immer vehementer gegen
die Vorwürfe. Er beteuert, alles in seiner Macht stehende getan und
auf den Rat von Experten gehört zu haben.
"Die Wahrheit ist, dass
Donald Trump im Januar vor dieser Pandemie gewarnt wurde, diese
Warnungen ignoriert, unzureichende Maßnahmen ergriffen und unnötigen
Tod und Unglück angerichtet hat", erklärte die Sprecherin des
US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi.
Kritik an Trumps Entscheidung
UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte Trumps
Entscheidung. Es sei "nicht die Zeit, Ressourcen für die
Anstrengungen der WHO oder irgendeiner anderen humanitären
Organisation im Kampf gegen das Virus zu reduzieren", erklärte er.
Das Virus und "seine erschütternden Konsequenzen" müssten
gemeinschaftlich gestoppt werden.
Der UN-Chef hatte die Arbeit der
WHO vergangene Woche ausdrücklich verteidigt – aber auch eine
Untersuchung zu späterer Zeit in Aussicht gestellt. "Fakt ist, dass
die WHO hilft, die Amerikaner zu schützen. Das ist eine
unverzichtbare Institution", sagte der ehemalige Chef der
US-Gesundheitsbehörde CDC, Tom Frieden, dem Sender Fox News. "Eine
stärkere WHO ist entscheidend."
(dpa/ll)
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