
John Bolton (rechts) warnt in einem ABC-Interview vor einer Wiederwahl Trumps.Bild: www.imago-images.de / Oliver Contreras
USA
22.06.2020, 13:5222.06.2020, 13:51
Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, John Bolton, ist in einem Interview mit dem Sender ABC hart ins Gericht mit Donald Trump gegangen. Er dürfe nicht wiedergewählt werden, betonte Bolton – und bezeichnete Trumps Politikstil als Gefahr für die USA.
"Ich hoffe, die Geschichte wird Trump als Präsidenten mit nur einer Amtszeit erinnern, der das Land nicht unwiderruflich in eine Abwärtsspirale gestürzt hat, die wir nicht stoppen können. Eine Amtszeit können wir überstehen", sagte Bolton
in einem am Sonntagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Interview des
Senders ABC.
Die Schlussfolgerung aus seinem am kommenden Dienstag
erscheinenden Buch sei deutlich: "Ich denke, er sollte nicht
Präsident sein." Bolton sagte, er werde weder für Trump noch für
dessen mutmaßlichen Herausforderer Joe Biden stimmen.
Bolton erwartet nach Trump "eine enorme Menge an Reparaturarbeit"
ABC hatte bereits vor wenigen Tagen Auszüge des Interviews
veröffentlicht. Darin hatte Bolton gesagt, Trump sei nicht für das
Amt des Präsidenten geeignet. "Ich glaube nicht, dass er die
Kompetenz hat, den Job zu machen." Bolton wiederholte seinen Vorwurf, Trump gehe es vor allem um seine Wiederwahl im November, danach sei Trumps politisches Handeln ausgerichtet. "Entscheidungen werden in sehr wahlloser Art getroffen, vor allem auf dem potenziell tödliche Feld der nationalen Sicherheit. Das ist eine Gefahr für die Republik", sagte Bolton.
Bolton sagte ABC, er sah sich außerstande, Trumps außenpolitische Ziele
zusammenzufassen. "Ich glaube nicht, dass man das tun kann." Bolton
ging davon aus, dass die nationale Sicherheit der USA unter Trump
geschwächt worden sei. "Ich glaube, wir sind weltweit in einer
schwächeren Position. Ich glaube, wir haben in einer Vielzahl von
Bereichen die Führung aufgegeben." Wer auch immer Trump nachfolge,
werde "eine enorme Menge an Reparaturarbeit" zu leisten haben.
Der 71-Jährige hatte eineinhalb
Jahre lang mit Trump zusammengearbeitet. Trump hatte seinen
Nationalen Sicherheitsberater im vergangenen September geschasst.
Bolton kritisiert Trumps Nordkorea-Politik
Besonders scharf ging der Hardliner Bolton mit Trumps
Nordkorea-Politik ins Gericht. Bolton wurde gefragt, wie er auf eine
Skala von eins bis zehn Trumps Chancen einschätze, eine Abmachung zur
nuklearen Abrüstung Nordkoreas zu erreichen. "Ich denke, dass sie zu
diesem Zeitpunkt eindeutig bei Null sind." Die Bedrohung durch
Nordkorea sei heute größer als zu Trumps Amtsantritt. Trump sei es
bei seinen Treffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un in
erster Linie um Fototermine gegangen.
Er gehe davon aus, dass der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un sich über Trumps Sichtweise auf sein Verhältnis zu Pjöngjang "ins Fäustchen" lache, sagte Bolton. Trump habe Briefe, die "von irgendeinem Funktionär aus der Propagandaabteilung der nordkoreanischen Partei der Arbeit verfasst worden" seien, als Beweis für seine "tiefe Freundschaft" zu Kim betrachtet, sagte Bolton. Darüber könne der nordkoreanische Machthaber nur gelacht haben, fügte er hinzu.
Mit Blick auf die Ukraine-Affäre sagte Bolton, Trump habe
Militärhilfe für die Regierung in Kiew direkt von Untersuchungen
gegen Biden abhängig gemacht. Trumps Begründung, es sei ihm generell
um Korruption in der Ukraine gegangen, sei "ausgemachter Unsinn".
Trump musste sich wegen der Ukraine-Affäre einem
Amtsenthebungsverfahren unterziehen. An dessen Ende wurde er durch
die Mehrheit seiner Republikaner im Senat freigesprochen.
Bolton sagte bei dem Interview, Trump sei niemand, der viel lese.
Geheimdienst-Briefings bekäme er nicht wie üblich täglich, sondern
nur ein oder zwei Mal die Woche. Bei den Briefings rede Trump rund
die Hälfte der Zeit, statt zuzuhören. Auch sei Trump bei manchen
historischen Fakten lernresistent. So hätten ihm Gründe und Folgen
der Teilung der koreanischen Halbinsel immer und immer wieder erklärt
werden müssen.
Boltons Buch erscheint am Dienstag
Ein Bundesgericht in Washington hatte am Samstag den Antrag einer
einstweiligen Verfügung abgelehnt, mit der die Trump-Regierung die
Veröffentlichung des Buches wegen darin enthaltener
Geheiminformationen in letzter Minute stoppen wollte. In der
Begründung von Richter Royce Lamberth hieß es, es sei zu spät für
einen Veröffentlichungsstopp. Das Buch enthält explosive Verwürfe
gegen Trump. Der Präsident hat angekündigt, Bolton werde "einen sehr
hohen Preis" für die Veröffentlichung bezahlen.
Das knapp 600 Seiten lange Buch mit dem Titel "The Room Where It
Happened" (etwa: "Der Raum, in dem es geschah") soll an diesem Dienstag
erscheinen. In vorab bekannt gewordenen Passagen beschreibt Bolton
Trump darin als einen Politiker, der seine eigenen Interessen über
die des Landes stellt. Unter anderem soll der US-Präsident demnach
den chinesischen Präsidenten Xi Jinping um Hilfe für seine Wiederwahl
im November gebeten haben. Trump nannte das Buch bereits vorab eine
"Zusammenstellung von Lügen und erfundenen Geschichten".
(pcl/dpa/afp)
Der neue US-Präsident Donald Trump zeigt sich seit seinem Amtsantritt oft und gern im Oval Office. Meist sitzt er dabei an dem bekanntesten Schreibtisch der Welt, unterschreibt neue Dekrete, plaudert mit Reporter:innen oder bestellt sich über seinen speziellen "Diet Coke-Knopf" eine Cola.