Jill und Joe Biden feiern den Wahlsieg des Demokraten.Bild: imago images / UPI Photo
USA
15.12.2020, 07:4116.12.2020, 08:19
Knapp sechs Wochen nach der
US-Präsidentenwahl haben die Wahlleute in den Bundesstaaten Joe
Bidens Sieg über Amtsinhaber Donald Trump bestätigt. Der Demokrat
Biden forderte den Republikaner Trump am Montagabend (Ortszeit) auf,
die Niederlage einzugestehen. Der gewählte Präsident verwies darauf,
dass er 306 der 538 Wahlleute-Stimmen erhalten hat – ebensoviele wie
Trump vor vier Jahren, als dieser von einem "Erdrutschsieg"
gesprochen hatte. "Nach seinen eigenen Maßstäben haben diese Zahlen
damals einen klaren Sieg dargestellt, und ich schlage respektvoll
vor, dass sie das auch jetzt tun", sagte Biden bei seiner Ansprache
in Wilmington (Delaware).
In den 50 Bundesstaaten und dem Hauptstadtbezirk Washington
hatten am Montag die 538 Wahlleute stellvertretend für das Volk ihre
Stimmen für den künftigen Präsidenten abgegeben. Dieser wird in den
USA indirekt gewählt. In den allermeisten Bundesstaaten bekommt der
Kandidat, der am Wahltag die Mehrheit der Stimmen aus dem Volk
bekommen hat, auch alle Stimmen der dortigen Wahlleute. Biden kam auf
die nach den Wahlergebnissen vom 3. November erwarteten 306 Stimmen,
Trump auf 232. Die Schwelle für einen Sieg liegt bei 270.
Ein Trump-Verbündeter schmeißt hin
Während der laufenden Abstimmung der Wahlleute teilte Trump auf
Twitter mit, dass Justizminister William Barr seinen Rücktritt
eingereicht habe. In dem von Trump veröffentlichten
Rücktrittsschreiben heißt es, Barr werde am 23. Dezember aus dem Amt
scheiden. Trump hatte Kritik an Barr geäußert, nachdem dieser gesagt
hatte, dass er keine Beweise für massiven Wahlbetrug kenne. Damit
hatte er Trumps Behauptungen offen widersprochen. Barr galt bislang
als enger Verbündeter des Präsidenten.
Am vergangenen Samstag hatte Trump erneut Kritik an Barr
geäußert. Das "Wall Street Journal" hatte berichtet, dass der
Justizminister bereits seit dem Frühjahr von Ermittlungen gegen den
Sohn des gewählten US-Präsidenten, Hunter Biden, gewusst habe.
Barr habe die Ermittlungen aus dem Wahlkampf heraushalten wollen,
hieß es in der Zeitung. "Eine große Enttäuschung!", schrieb Trump.
Ein weiterer enger Verbündeter des Präsidenten verlässt das sinkende Schiff: US-Justizminister William Barr tritt zurück.Bild: imago images / UPI Photo
Trumps erfolglose Klagen gegen Bidens Sieg
Trump (74) sieht sich durch Betrug um seinen Sieg gebracht und
behauptet weiterhin ohne jede Grundlage, er habe die Wahl gegen Biden
(78) gewonnen. Stichhaltige Beweise für Manipulationen haben weder er
noch seine Anwälte oder Unterstützer vorgelegt. Mehr als 50 Klagen
des Trump-Lagers wurden bislang abgeschmettert, zwei davon vor dem
Supreme Court, dem Obersten Gericht der USA.
Das Endergebnis der Wahl wird offiziell am 6. Januar im Kongress
in Washington verkündet. Biden soll am 20. Januar vereidigt werden.
An dem Tag endet Trumps Amtszeit nach der Verfassung automatisch,
auch wenn er seine Niederlage nicht eingesteht. Dass Biden gewonnen
hat, ist spätestens seit dem 7. November klar, als ihn führende
US-Medien – wie in den Vereinigten Staaten üblich – zum Sieger
ausgerufen hatten. Die zuständigen US-Behörden erklärten die Wahl zur
sichersten jemals in den USA. Trump hat angekündigt, seinen
juristischen Kampf fortzusetzen. Chancen werden ihm nicht eingeräumt.
Biden spricht von Sieg der Demokratie
Biden sagte am Montag, es sei an der Zeit, ein neues Kapitel
aufzuschlagen. Trump hätten alle Wege offengestanden, das Ergebnis
anzufechten, und der Präsident habe jede dieser Möglichkeiten
genutzt. Mehr als 80 Richter im ganzen Land hätten Argumente gehört
und als unbegründet abgewiesen. Auch erneute Stimmenauszählungen
hätten nichts am Ergebnis geändert. "In diesem Kampf um die Seele
Amerikas hat die Demokratie gesiegt", sagte Biden. "Die Flamme der
Demokratie wurde in dieser Nation vor langer Zeit entzündet. Und wir
wissen jetzt, dass nichts – nicht einmal eine Pandemie oder ein
Machtmissbrauch – diese Flamme auslöschen kann."
Erkennen wichtige Republikaner nun Bidens Sieg an?
Die Abstimmung der Wahlleute ist in normalen Wahljahren eine
Formalie, weil der unterlegene Kandidat in der Regel noch in der
Wahlnacht seine Niederlage einräumt. Viele Republikaner – darunter
die führenden Parteikollegen im US-Kongress – haben Biden öffentlich
noch nicht als Wahlsieger anerkannt. Nach der Abstimmung der
Wahlleute könnte diese Front nun aber bröckeln. Der republikanische
Senator Roy Blunt sagte der Zeitung "The Kansas City Star", als
Vorsitzender des Kongress-Komitees für die Vereidigung des neuen
Präsidenten werde er nun mit dem Biden-Team zusammenarbeiten. Er
bezeichnete Biden als gewählten Präsidenten.
(vdv/dpa)
Volkswirtschaftslehre ist komplex, kann erschlagen, wirkt schlichtweg langweilig. Ein müßiges Fachgebiet. Jeder versuchte Vorstoß endet schnell mit Hirn-Muskelkater. Also Schotten dicht, Expert:innen wie Politiker:innen regeln schon. Flucht in Fatalismus: ein großer Fehler.