
Bild: ap / Evan Vucci
USA
08.07.2020, 07:1708.07.2020, 11:23
Hat US-Präsident Donald Trump als Schüler
beim Qualifikationstest für das Studium betrogen? Das Weiße Haus wies
entsprechende Vorwürfe aus dem Enthüllungsbuch der Präsidentennichte
Mary Trump am Dienstag (Ortszeit) als "absurd" und "vollkommen
falsch" zurück. In vorab vom US-Sender CNN veröffentlichten Passagen
des Buches schreibt Mary Trump, ihr Onkel habe jemand anderen dafür
bezahlt, den Test für ihn abzulegen.
Donald Trump absolvierte nach
Angaben des Weißen Hauses die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
der Universität Pennsylvania, die Wharton School of Finance, die der
Präsident immer wieder als "großartig" hervorhebt.
Neben CNN zitierten am Dienstag auch die Zeitungen "Washington
Post" und "New York Times" sowie andere US-Medien vorab aus dem Buch.
Aus den Berichten wird nicht ersichtlich, ob Mary Trump Belege für
ihren Vorwurf anführt und wenn ja, welche. Laut CNN schreibt Mary
Trump, ihr Buch stütze sich auf eigene Erinnerungen, auf Gespräche
mit Familienmitgliedern und auf Dokumente wie etwa Steuerunterlagen.
Das Enthüllungsbuch der Trump-Nichte
Mary Trump ist promovierte Psychologin. Der Titel ihres 240
Seiten umfassenden Buchs lautet auf Deutsch übersetzt: "Zu viel und
nie genug - Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt
geschaffen hat". Es soll kommende Woche in den USA auf den Markt
kommen - weniger als vier Monate vor der Wahl, bei der sich Donald
Trump um eine zweite Amtszeit bewirbt. Der Verlag hat die
Veröffentlichung um zwei Wochen vorgezogen. Donald Trumps Bruder
Robert hatte versucht, die Publikation gerichtlich zu verhindern.
Die Vizesprecherin des Weißen Hauses, Sarah Matthews, teilte mit,
das Buch sei aus finanziellem Interesse der Autorin und des Verlages
entstanden - und nicht aus öffentlichem Interesse. Matthews warf die
Frage auf, warum Mary Trump das Buch erst nach drei Amtsjahren des
Präsidenten veröffentliche. Mary Trump schreibt laut CNN, nach den
vergangenen drei Jahren habe sie "nicht länger schweigen" können.
"Ich kann nicht zulassen, dass er mein Land zerstört."
Nichte: Trump wie ein Dreijähriger, der nie geliebt wurde
Mary Trump unterstellt ihrem Onkel, ein Narzisst zu sein: Trump
erfülle alle Kriterien, schreibt Mary Trump laut "New York Times".
Die Zuschreibung greife dennoch zu kurz. Seine Verhaltensweisen seien
oft so unerklärlich, dass eine genaue Diagnose nur mithilfe von Tests
erstellt werden könnte, denen sich Donald Trump nie unterziehen
würde. Laut CNN vergleicht Mary Trump ihren Onkel in dem Buch mit
einem Dreijährigen, der wisse, dass er nie geliebt worden sei. Donald
Trumps Ego sei fragil und müsse stets gestützt werden, "weil er tief
im Inneren weiß, dass er nichts von dem ist, was er vorgibt zu sein".

Mary Trump und ihr Buch.Bild: ap
Mary Trump schreibt laut "Washington Post", dass sie die
Präsidentschaftskandidatur Donald Trumps 2015 nicht ernstgenommen
habe. "Ich dachte nicht, dass er es ernst nahm." Als Erbe des
Familienkonzerns sei es ihm nur um "kostenlose Werbung für seine
Marke" gegangen. Donald Trumps ältere Schwester Maryanne habe
verwundert darauf reagiert, als prominente evangelikale Christen die
Kandidatur unterstützten. Maryanne Trump habe demnach gesagt: "Das
einzige Mal, dass Donald in die Kirche ging, war, als die Kameras
dort waren. Das ist unglaublich. Er hat keine Prinzipien."
Nichte beschreibt Trumps Vater als Soziopathen
In der Beschreibung des Verlags Simon & Schuster heißt es, Mary
Trump zeichne ein "Porträt von Donald J. Trump und der toxischen
Familie", die ihn zu dem gemacht habe, was er heute sei: Ein Mann,
"der jetzt die Gesundheit, die wirtschaftliche Sicherheit und das
soziale Gefüge der Welt bedroht". Mary Trump ist die Tochter von
Donald Trumps ältestem Bruder Fred, der 1981 starb.
Die "Washington Post" berichtete, Mary Trump stelle ihren
Großvater als Patriarchen und "Soziopathen" dar, der ihren als
sensibel und sanft beschriebenen Vater stets missbilligt habe. Donald
Trump habe daher früh gelernt, dass es "falsch" wäre, wie sein
älterer Bruder zu sein. Das habe Trump die Fähigkeit genommen, "das
gesamte Spektrum menschlicher Emotionen zu entwickeln und zu
erfahren". Donald Trumps Weltvorstellung sei durch seinen Wunsch
geprägt worden, als Kind vom Vater nicht missbilligt zu werden.
Die Vizesprecherin des Weißen Hauses, Matthews, teilte mit, der
Präsident beschreibe das Verhältnis, das er zu seinem Vater hatte,
als warm. "Er sagte, sein Vater sei liebevoll und überhaupt nicht
hart zu ihm als Kind gewesen."
Weißes Haus wollte gegen Veröffentlichung vorgehen
Donald Trumps jüngerer Bruder Robert Trump hatte versucht, die
Veröffentlichung des Buches juristisch zu verhindern. Er
argumentierte, dass das Buch gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung
verstoße, die im Zusammenhang mit der Nachlassregelung seines Vaters
geschlossen worden sei. Donald Trump selbst hat die geplante
Veröffentlichung mit Verweis auf die Vertraulichkeitsvereinbarung als
rechtswidrig bezeichnet.
Vergangene Woche hatte ein Gericht in New York eine einstweilige
Verfügung gegen den Verlag aufgehoben. Die Verfügung gegen Mary Trump
blieb jedoch zunächst in Kraft, wie aus Gerichtsunterlagen
hervorgeht. Eine Anhörung ist für Freitag angesetzt. Donald Trumps
Beraterin Kellyanne Conway kritisierte die Veröffentlichung. "Ich
denke, familiäre Angelegenheiten sollten familiäre Angelegenheiten
sein", sagte sie im Sender Fox News. Es gebe zu viele Bücher, "die
nie auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden".
(hau/dpa)
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