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Fünf US-Amerikaner erklären: "Darum unterstütze ich Joe Biden"

ST. PAUL, MN - OCTOBER 30: Democratic presidential nominee Joe Biden speaks during a drive-in campaign rally at the Minnesota State Fairgrounds on October 30, 2020 in St. Paul, Minnesota. Biden is cam ...
Wird er der nächste US-Präsident? Wenn es nach fünf US-Amerikanern geht, mit denen wir gesprochen haben, schon.Bild: Getty Images North America / Drew Angerer
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"Er ist kein Kandidat, der mich mit Leidenschaft erfüllt, aber...": Darum unterstützen US-Amerikaner Joe Biden

03.11.2020, 14:1804.11.2020, 08:42
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In den Umfragen liegt er aktuell vorne. Demokrat Joe Biden kann der neue Mann im Weißen Haus werden. Der amtierende US-Präsident Donald Trump würde damit nach nur einer Amtszeit abgewählt werden. Es ist ungewiss, ob er das Ruder noch herumreißt.

Sein Kontrahent Biden gilt zwar nicht unbedingt als starker demokratischer Kandidat. Der ehemalige Vize Barack Obamas erfreut sich nicht derselben Beliebtheit wie Trumps charismatischer Vorgänger.

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Bild: www.imago-images.de / tampa bay times

Kritisiert wird Biden häufiger wegen seines hohen Alters (er ist drei Jahre älter als Trump), verbaler Patzer sowie mangelnden Engagements für People of Color.

Zahlreiche Unterstützer findet er trotzdem. Watson hat mit fünf von ihnen gesprochen und gefragt: Warum habt ihr für Joe Biden gestimmt? Das sind ihre Antworten.

"Hoffentlich kann Biden das Land heilen"

Katie hat schon immer die Demokraten gewählt.
Katie hat schon immer die Demokraten gewählt. Bild: privat

Katie K., 31, ist Account Managerin bei einem Software-Unternehmen in Chicago, Illinois. Sie glaubt: Seit Trump Präsident ist, ist es nicht mehr so verpönt, sich sexistisch oder rassistisch zu äußern. Das müsse sich ändern.

"Ich habe für Biden gestimmt, weil unser Land einen rationalen und kompetenten Präsidenten braucht. Biden ist meiner Ansicht nach seinen Aufgaben gewachsen, er hört auf seine Berater und will nur das Beste für die US-amerikanische Bevölkerung.

Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die schon immer den Gewerkschaften sehr nahestand, das hatte einen großen Einfluss auf mich. Deswegen habe ich schon immer die Demokraten gewählt. Ich glaube, von ihrer politischen Arbeit profitieren wir alle, nicht nur einzelne Gruppen.

"Wegen Trump scheint es nun in Ordnung zu sein, sich rassistisch, sexistisch oder hasserfüllt über bestimmte Themen zu äußern, anstatt die dahinter liegenden Probleme zu lösen."

Viele US-Bürger und -Bürgerinnen haben gelernt, ihre extremen und vorurteilsbelasteten Ansichten zu verstecken – Präsident Trump lässt sie ans Licht kommen. Seinetwegen scheint es nun in Ordnung zu sein, sich rassistisch, sexistisch oder hasserfüllt über bestimmte Themen zu äußern, anstatt die dahinter liegenden Probleme zu lösen.

Ich glaube, Biden wäre ein guter Präsident. Sicherlich würde er ein kompetentes Team um sich herum aufbauen und die USA so zum Positiven verändern. Ich erwarte von ihm, eine Stimme der Vernunft zu sein, die die Menschen wieder zusammenbringt. Hoffentlich kann er das Land nach den vergangenen vier Jahren unter Trump heilen und den politischen Wandel bringen, der uns allen helfen würde."

"Jeder Kandidat ist besser als Trump"

Aleksandra ist geschockt von der Zustimmung, die Donald Trump in den USA erfährt.
Aleksandra ist geschockt von der Zustimmung, die Donald Trump in den USA erfährt.privat

Aleksandra K., 40, lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in New Jersey. Die Anwältin ist überzeugt, jeder wäre ein besserer US-Präsident als Trump.

"Ich und mein Mann haben 2016 beide gegen Trump gestimmt und waren überrascht von den Wahlergebnissen. Menschen wie wir, die Trump nie gewählt haben, sind müde von der rassistischen und chaotischen Politik, die er und seine Regierung an den Tag legen.

Selbst erfahrene Bundesbeamte waren geschockt von der Art und Weise, mit der Trump und sein Stab regieren. Seine Weigerung, einen Corona-Krisenstab auf Landesebene zu koordinieren und stattdessen die Pandemie ständig herunterzuspielen, ist der Gipfel seiner Versäumnisse und Fehler der vergangenen vier Jahre.

"Unsere Stadt ist aufgeteilt in Demokraten und Republikaner. Wenn wir Leute treffen, die wir für Trump-Supporter halten, klammern wir das Thema Politik lieber aus."

Mein Mann und ich haben das Gefühl, das Niveau sinkt jeden Tag weiter, seit Trump im Amt ist. Am liebsten würden wir die Nachrichten abstellen und einfach wieder normale Tage mit unseren Freunden und der Familie verbringen. Dass Kinder von Migrantenfamilien von ihren Eltern getrennt und in Käfigen gehalten wurden, ist unglaublich und unmenschlich. Es ist unfassbar, dass Trumps Leute dies vorgeschlagen und unterstützt haben. Der US-Präsident ist zwar nur ein Mann, aber es gibt unzählige Menschen, die ihn und seine faschistischen Maßnahmen gutheißen.

Wir wussten schon 2016, wer Trump ist. Aber zu sehen, wie viele Intellektuelle und Staatsdiener seine Politik unterstützen und ausführen, hat uns überrascht und macht uns Angst. Offensichtlich gibt es für uns keine Alternative zu Biden. Egal wer, Hauptsache nicht Trump. Joe Biden ist zwar älter, aber er ist schlau, aufrichtig und seine Regierung wird von vielen jungen und enthusiastischen Demokraten unterstützt werden, die nicht rassistisch sind, der Wissenschaft vertrauen und unsere Demokratie wiederherstellen werden."

"Der Diktator sitzt im Weißen Haus"

Christa besitzt die deutsche und US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie ist in Boston aufgewachsen und lebt heute in Berlin.
Christa besitzt die deutsche und US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie ist in Boston aufgewachsen und lebt heute in Berlin.null / privat

Christa W., 34, arbeitet als Projektmanagerin für ein deutsches Unternehmen, dass in der Entwicklungshilfe tätig ist. Sie befürchtet, dass in den USA Verhältnisse wie in den Diktaturen des Nahen und Mittleren Osten eintreten könnten.

"2016 war ich während der Schlacht um Mossul als Helferin für eine Hilfsorganisation im Irak, als mich die Nachricht erreichte, dass Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewonnen hatte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, aus der Ferne mitzuverfolgen, wie jemand ins Präsidentenamt gewählt wird, der so offen Sympathien für autokratische Regierungsformen bekundete, während ich im Irak daran arbeitete, die Schäden und die Spaltung zu überwinden, die die jahrzehntelange Diktatur von Saddam Hussein verursacht hatte.

In den vergangenen vier Jahren hat Trump daran gearbeitet, das politische System der Vereinigten Staaten zu untergraben und langsam aber sicher die demokratischen Institutionen und ihre Grundwerte auszuhöhlen. Die republikanische Partei ist eine Partei ohne jegliche Grundsätze und sieht ihren einzigen Zweck nur noch darin, an der Macht festzuhalten. Selbst, wenn das bedeutet, die Verfassung zu verraten und sich autoritären Regierungsformen zuzuwenden.

"Biden ist kein Kandidat, der mich mit Leidenschaft erfüllt, aber er ist jemand, der Respekt und Aufrichtigkeit ins Weiße Haus zurückbringen kann."

Die USA haben ein marodes Gesundheits- und Schulsystem. Uns fehlen Konzepte für bessere Polizeiarbeit, Gleichberechtigung und Menschenrechte. Um hier Fortschritte zu machen, benötigen wir auch einen Präsidenten, der diese Werte verinnerlicht hat. Biden wird eine Menge Arbeit vor sich haben, wenn er Präsident werden sollte. Besonders dann, wenn er einen republikanisch dominierten Senat gegen sich hat.

Aber: Biden respektiert die Institutionen, die unsere Vorväter gegründet haben und gibt den Bürgern ihre Rechte zurück, indem er die öffentliche Hand stärkt. Die Erwartungen und Standards des US-amerikanischen Volkes sind so niedrig nach vier Jahren Trump, dass jedes bisschen Anstand, das demokratische Werte repräsentiert, ein erster Schritt dahin ist, diese kranke und kaputte Demokratie wieder auf Kurs zu bringen. Daher habe ich per Briefwahl für Biden gestimmt.

Die ganze Welt hält ihren Atem an und verfolgt gebannt das Ergebnis der US-Wahlen. Aber ich habe auch Angst vor Gewalt und Wahlmanipulation. Die Präsidentschaftswahl 2020 ist nicht nur ein Kampf zwischen Republikanern und Demokraten, es ist auch ein Kampf gegen die Autokratie. Zum ersten Mal seit hundert Jahren kämpfen die USA nicht gegen einen internationalen Diktator. Sie kämpfen gegen einen im Weißen Haus."

"Biden war nicht meine erste Wahl"

Penelope wünscht sich eine breitere Debattenkultur in den USA.
Penelope wünscht sich eine breitere Debattenkultur in den USA. Bild: privat

Penelope S., 27, ist Ingenieurin in Boston. Eigentlich steht sie politisch den Libertären nahe – hat nun aber für Biden gestimmt, um Trump zu verhindern:

"Ich habe dieses Jahr für die Demokraten gestimmt, obwohl Biden nicht meine erste Wahl gewesen ist. Zwar teile ich viele seiner Ansichten, gleichzeitig fand ich seine Antworten in den Präsidentschaftsdebatten gegen Trump nicht immer nachvollziehbar. Auch sein hohes Alter bereitet mir Sorgen.

"Generell finde ich es schade, dass sich die politische Debatte so auf die Demokraten und Republikaner zentriert und zu wenige andere Kandidaten zu Wort kommen."

Meine erste Wahl wäre eigentlich Bill Weld gewesen, der in den Vorwahlen als Republikaner gegen Trump angetreten ist. Weld war ursprünglich Mitglied der Libertären, die Partei, mit der ich mich eigentlich identifiziere, die aber neben den Demokraten und Republikanern ziemlich untergeht.

Biden war insofern eher ein Kompromiss für mich, Trump kommt nicht infrage. Jemanden, der so unüberlegt daherredet, sehe ich nicht in der Position eines Staatsoberhaupts. Ich finde Trump peinlich. Generell finde ich es schade, dass sich die politische Debatte so auf die Demokraten und Republikaner zentriert und zu wenige andere Kandidaten zu Wort kommen. Eine breite Debattenkultur finde ich wichtig."

"Trump ist ein Rassist, ein Narzisst und völlig inkompetent"

Von einem Präsident Biden erwartet Danielle, dass er seine Entscheidungen auf Basis von Fakten, nicht Launen trifft.
Von einem Präsident Biden erwartet Danielle, dass er seine Entscheidungen auf Basis von Fakten, nicht Launen trifft.Bild: privat

Danielle B., 38, stammt ursprünglich aus New York und lebt in Chicago. Sie arbeitet in einem Versicherungsunternehmen. Für Biden hat sie unter anderem gestimmt, weil sie glaubt, er würde besser mit der Corona-Pandemie umgehen.

"Ich habe dieses Jahr für Biden gestimmt, weil ich glaube, dass er unser Land in die richtige Richtung führen wird. Vor allem würde er sicherlich besser mit der Pandemie fertig werden als Trump, bessere Entscheidungen für die Wirtschaft treffen und den Riss kitten, der unser Land spaltet.

Meine Eltern wählen beide seit jeher die Republikaner, auch ich dachte lange Zeit, ich würde den Konservativen näher stehen. Bis ich aufs College kam: Erst dort lernte ich so wirklich, wofür die beiden Parteien stehen. Seitdem stimme ich für die Demokraten.

"Ich bin davon überzeugt, dass Trumps nachlässiges Verhalten den Tod von mehr als 100.000 US-Amerikanern mit verschuldet hat."

Trump hat das Land negativ beeinflusst. Er ist ein Rassist, ein Narzisst und völlig inkompetent. Er hat keine Ahnung davon, wie man ein Land regiert, sondern sorgt lediglich dafür, dass sich die politischen Lager immer weiter voneinander entfernen. Seine Fans feiern ihn dafür.

Vor allem sein Krisenmanagement während der Corona-Pandemie ist eine absolute Katastrophe. Ich bin davon überzeugt, dass sein nachlässiges Verhalten den Tod von mehr als 100.000 US-Amerikanern mit verschuldet hat.

Was ich an Biden kritisch finde, ist, dass er nicht pro Medicare ist, also nicht die staatlich finanzierte Krankenversicherung für alle befürwortet. Das tun allerdings viele moderate Demokraten nicht und schließlich will Biden sicherlich auch nicht-konservativere Wähler überzeugen.

Sollte Biden Präsident werden, hoffe ich, dass er ein kompetentes Team um sich herum aufbaut. Ich hoffe, dass er auf Expertenmeinungen hört und seine Entscheidungen auf Basis von Fakten, nicht Launen trifft. Und vor allem hoffe ich, dass er sich für die Migranten einsetzt und nachvollziehbare Gesetze für sie einführt – nach all dem, was Trump in den vergangenen Jahren angerichtet hat."

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