AfD-Einladung bei Unternehmerverband: Kunden rufen zum dm-Boykott auf
Der Wirtschaftsverband "Die Familienunternehmer" steckt mitten in einer politischen Kontroverse. Nachdem der Verband erstmals AfD-Vertreter:innen zu einem Parlamentarischen Abend eingeladen und sein bisheriges Kontaktverbot aufgehoben hat, reagieren mehrere große Unternehmen mit Austritten – darunter Rossmann, Vorwerk und Fritz-Kola.
Gleichzeitig steht dm im Zentrum von Boykottaufrufen. Wie konnte es dazu kommen – und was steckt hinter dem Verband, dessen Kurs gerade derart polarisiert?
Was ist der Wirtschaftsverband "Die Familienunternehmer"?
"Die Familienunternehmer" ist ein bundesweiter Wirtschaftsverband, der rund 6500 familiengeführte Mittelständler vertritt – vom kleinen Traditionsbetrieb bis zum großen Hidden Champion. Er versteht sich als politische Stimme des Unternehmertums und mischt sich entsprechend stark in Debatten über Steuern, Bürokratie, Arbeitsmarkt und Wettbewerbsfähigkeit ein.
Zentral ist das Prinzip: unternehmerische Freiheit, Eigentum und Verantwortung. Organisiert ist der Verband in Landes- und Regionalgruppen, an der Spitze steht ein ehrenamtliches Präsidium.
Was hat die AfD mit dem Verband zu tun?
Auslöser der Debatte ist ein Parlamentarischer Abend des Verbands im Oktober, zu dem erstmals auch AfD-Vertreter eingeladen wurden. Präsidentin Marie-Christine Ostermann sagte dem "Handelsblatt", das "Kontaktverbot" zu AfD-Bundestagsabgeordneten sei aufgehoben worden.
Verdi-Chef Frank Werneke sieht die Gefahr, dass der Verband "endgültig nach rechts abzudriften" drohe, wie er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte. "Die Geschichte mahnt, wie wichtig eine klare Abgrenzung der Wirtschaft gegenüber Rechtsextremen ist." Er verwies dabei auf historische Parallelen zur Unterstützung der NSDAP durch Industrielle im Jahr 1933. "Also: Wehret den Anfängen!", sagte er.
Wer ist aus dem Familienunternehmer-Verband ausgetreten?
Die Unternehmen Rossmann und Vorwerk sind aus dem Verband der Familienunternehmer ausgetreten – als Reaktion auf dessen jüngste Öffnung für Gespräche mit der AfD. "Vorwerk distanziert sich von den Aussagen des Verbands 'Die Familienunternehmer' zum Umgang mit der AfD", teilte der Hausgerätehersteller mit. "Für uns gilt unverändert: Die Positionierung von Unternehmen muss jederzeit klar auf demokratischen Grundwerten basieren."
Auch Fritz-Kola hat seinen Austritt bekannt gegeben. In einer Pressemitteilung schreibt das Unternehmen:
Warum gibt es Boykottaufrufe gegen dm?
Drogeriekette dm erfährt währenddessen Boykottaufrufe. Kund:innen erwarten eine klare Abgrenzung zur AfD und einen Austritt aus dem Verband. In einem Statement gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" erklärte dm-Chef Christoph Werner, dass er es "grundsätzlich statthaft halte", Parlamentarier:innen aller im Bundestag vertretenen Parteien zu einem Parlamentarischen Abend einzuladen.
Von Kund:innen wurde diese Aussage als Verteidigung des Verbandes und des AfD-Kurses verstanden. Auf Instagram und auf Tiktok wurden daraufhin Boykott-Aufrufe laut.
Was sagt dm zur AfD-Diskussion?
Auf Anfrage von watson äußert sich Christoph Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung von dm-drogerie markt, zu der aktuellen Debatte:
Diese Haltung entspreche dem gelebten Miteinander bei dm und diese wurde auch aktuell wieder klar artikuliert. Bei dm würde man den Blick sorgfältig auf die Bedürfnisse der Kund:innen richten. "Mit Sorgfalt sollten auch die politischen Debatten über die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land geführt werden. Das ist unsere Überzeugung und diese haben wir zum Ausdruck gebracht."
Dass man nun dafür kritisiert werde, bestätige dm darin, dass die differenzierte Auseinandersetzung wichtig sei. "Banalisieren, polarisieren und instrumentalisieren bringen uns nicht weiter."
Weiter wolle man über den Verband "Die Familienunternehmer e. V." klarstellen:
Damit macht dm deutlich, dass das Unternehmen entgegen der Annahme, dass sie weiterhin Mitglied des Verbandes sein wollen, bereits seine Mitgliedschaft im Verband gekündigt hat.
(Mit Material der dpa)
