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Neuer Corona-Ausbruch in Peking: Was wir bisher wissen

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Neuer Corona-Ausbruch in Peking: Was wir bisher wissen

15.06.2020, 20:17
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Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu: Auf einem Markt in einer chinesischen Millionen-Metropole haben sich dutzende Menschen mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt.

Die Rede ist dieses Mal allerdings von Peking. Am Samstag ist bekannt geworden, dass sich auf einem Lebensmittel-Markt zahlreiche Menschen infiziert hätten. In den vergangenen vier Tagen meldete die Verwaltung 79 Neuinfektionen, nachdem in Chinas Hauptstadt fast zwei Monate lang überhaupt keine mehr ermittelt worden waren.

Die Angst vor einer zweiten Welle wächst. Wie groß aber ist die Gefahr tatsächlich? Wir geben euch Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Wo haben sich die Menschen angesteckt?

Ausgangspunkt war der Xinfadi-Großmarkt für Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch im südwestlichen Stadtteil Fengtai. Hier haben sich die ersten Menschen wieder mit dem Coronavirus angesteckt. Der Markt wurde geschlossen, Bewohner von elf Wohngebieten dürfen ihre Wohnungen nicht mehr verlassen.

Am Montag schlossen die Behörden einen zweiten Großmarkt und stellten zehn weitere Wohngebiete in der Gegend unter Quarantäne, nachdem dort neue Infektionsfälle gemeldet wurden. Der Markt liegt im nordwestlichen Bezirk Haidian.

Woher stammt das Virus? Es wurde bis zu einem Hackbrett auf dem Xinfadi-Großmarkt zurückverfolgt, auf dem importierter Lachs verarbeitet worden war. China importiert Lachs aus mehreren Ländern wie Norwegen, Chile, Australien, Kanada und von den Färöer-Inseln.

Laut eines Berichts der "Global Times" gibt es Hinweise, dass das Virus diesmal aus Europa stammt. Es handele sich um eine Mutation des Typs, der das Land vorher heimgesucht hat, wie Zeng Guang, Epidemiologe des Gesundheitsamtes nach Angaben der "Global Times" vom Sonntag berichtete. Abschließend geklärt ist diese Frage aber nicht.

Wie reagiert China auf die neuen Fälle?

Die Behörden der chinesischen Hauptstadt setzten rigorose Maßnahmen um. Beamte sprachen am Wochenende von einer Art Kriegszustand gegen das Coronavirus.

Nicht nur wurden die Märkte und Stadtteile abgeriegelt, auch Schulen in den betroffenen Wohngebieten sollen demnächst geschlossen werden. Sicherheitskontrollen und Körpertemperaturmessungen in Einkaufszentren und Büros wurden eingeführt. Zudem mussten sich Zehntausende von Menschen Corona-Tests unterziehen. Die Bewohner wurden aufgerufen, Menschenmengen zu meiden. Beamte versuchen, die Infektionswege nachzuvollziehen und gehen von Haus zu Haus.

"Der Sicherheitsaufwand hat rasch ein Niveau wie in Kriegszeiten erreicht", sagte Xu Ying, ein hochrangiger Behördenvertreter, am Montag vor der Presse. Mittlerweile seien fast 100.000 Mitarbeiter zur Eindämmung der Epidemie im Einsatz.

Der Ausbruch hat auch personelle Konsequenzen: Der Manager des Xinfadi-Großmarkts musste seinen Posten räumen. Auch zwei ranghohe Bezirksvertreter auf Anordnung der Pekinger Stadtregierung wurden gefeuert.

Wo groß ist die Gefahr einer zweiten Welle?

Das ist momentan noch schwer abzuschätzen. Die Zahlen aus China zeigen jedenfalls, wie schnell sich das Coronavirus verbreitet. Die Hälfte der Pekinger Bezirke habe bereits neue Fälle gemeldet, berichtet die "Financial Times" am Montag.

Das Coronavirus hat es außerdem bereits über die Grenzen der Stadt geschafft. Auch aus den drei Provinzen Liaoning, Hebei und Sichuan seien bestätigte oder mögliche Fälle gemeldet worden, berichtet die BBC.

Wie weit die Infektionen gehen, lässt sich noch schwer abschätzen. Unter den Infizierten ist auch der Fahrer eines Shuttle-Busses des Pekinger Flughafens. Er habe den Xinfadi-Großmarkt am 3. Juni besucht, sich danach unwohl gefühlt und am Freitag Fieber bekommen, so berichtet die "Global Times". Er habe drei Krankenhäuser aufgesucht, bis bei ihm schließlich Covid-19 diagnostiziert worden sei.

Klar ist: Die Märkte in China sind ein bedeutendes Drehkreuz und wichtig für die Lebensmittelversorgung der Menschen. Für die Verbreitung einer ansteckenden Krankheit wie Covid-19 sind sie der ideale Ort, wie schon der ursprüngliche Corona-Ausbruch in der chinesischen Stadt Wuhan offenbart hatte. Experten vermuten, dass ein Wildtier-Markt hier Ursprung der Corona-Pandemie war.

Die chinesischen Behörden aber versuchen nun, mit rigorosen Maßnahmen die Verbreitung des Virus zu stoppen. So wie ihnen das auch in Wuhan gelungen ist. Einen rigorosen Lockdown wie im Januar und Februar gibt es in Peking noch nicht, bei den Maßnahmen gibt es also noch Luft nach oben.

Peking habe jetzt einen "wichtigen Test" im Kampf gegen die Lungenkrankheit zu bestehen – den größten seit einer Phase der Ruhe im Land, sagte Epidemiologe Zeng Guang der "Global Times".

Der deutsche Epidemiologe Timo Ulrichs von der Akkon-Hochschule in Berlin sagte gegenüber watson: Es könne noch keine Rede davon sein, dass das Infektionsgeschehen in China der Beginn einer neuen pandemischen Welle sei. "Es handelt sich um neue Ausbrüche, die zeigen, dass das Virus in China nie völlig verschwunden war."

(ll/mit Material von dpa/afp/rt)

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