2021 ist in Deutschland ein Jahr besonders wichtiger Wahlen: In sechs Bundesländern von Baden-Württemberg bis Berlin stimmen die Bürger für einen neuen Landtag ab. Am 26. September geht es um den neuen Bundestag – und somit auch darum, wer nach 16 Jahren in die Fußstapfen von Bundeskanzlerin Angela Merkel tritt.
An der ersten wirklich wichtigen Abstimmung des Jahres in Deutschland dürfen aber nur 1001 Menschen teilnehmen: Es sind die Delegierten des 33. CDU-Parteitags, der am 15. und 16. Januar stattfindet. Es wird der erste rein digitale Parteitag der Partei. Und auf ihm dürfen die Delegierten entscheiden, wer sie in Zukunft führt.
Warum ist dieser Termin so wichtig? Wer sind die Kandidaten für den CDU-Vorsitz? Und was bedeutet dieser Tag für die Kanzlerkandidatur? Watson beantwortet die wichtigsten Fragen.
Worum geht es beim CDU-Parteitag?
Parteitage sind grundsätzlich enorm wichtige Veranstaltungen in der deutschen Demokratie. Sie finden regelmäßig statt. Auf ihnen stimmen sogenannte Delegierte der jeweiligen Partei erstens über wichtige Punkte im Programm ab – und zweitens wählen sie das Spitzenpersonal der Partei.
Die Delegierten sind Vertreter der Partei, die die verschiedenen Regionen Deutschlands vertreten. Sie werden von den Kreis- und Landesverbänden der Partei gewählt.
Der CDU-Parteitag, der jetzt ansteht, ist besonders spannend: Vor allem deshalb, weil die momentan amtierende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer eigentlich schon im Februar 2020 ihren Rückzug verkündet hat – und seither unklar ist, wer auf sie folgt.
Ursprünglich sollte der CDU-Parteitag schon im April 2020 stattfinden, zweimal ist er seither wegen der Corona-Pandemie verschoben worden. Jetzt findet er – um zu vermeiden, dass die Delegierten einander mit dem Virus anstecken – digital statt.
Warum ist dieser Parteitag so wichtig?
Wer CDU-Chef wird, wird Vorsitzender der wohl mächtigsten Partei Deutschlands. Und das hat einen großen Einfluss darauf, in welche Richtung sich die Politik in diesem Land bewegt. Um das zu verstehen, muss man nur ein paar der Richtungsentscheidungen anschauen, die gefallen sind, seit Angela Merkel Bundeskanzlerin ist: die Aussetzung der Wehrpflicht; erst die Verlangsamung, dann die Beschleunigung des Atomausstiegs; die Entscheidung, im Spätsommer 2015 die Grenzen für Flüchtlinge nicht zu schließen; den Kohleausstieg.
Seit 71 Jahren gibt es die Bundesrepublik. Die CDU hat in 51 davon den mächtigsten deutschen Politiker gestellt: den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin. Seit 1949 hat der CDU-Chef also ziemlich gute Chancen, mächtigster Politiker im Land zu werden.
Wer sind die Kandidaten?
Drei Kandidaten gehen für den Job ins Rennen – alle drei sind Männer, alle drei kommen aus Nordrhein-Westfalen.
Friedrich Merz hat eine ganz eigene Vergangenheit mit Angela Merkel.Bild: dpa / Bernd von Jutrczenka
Der erste Kandidat heißt Friedrich Merz. Merz ist 65 Jahre alt – und war schon in den 1990er und 2000er Jahren ziemlich mächtig in der CDU. Merz wurde im Jahr 2000 Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion und hätte danach große Lust gehabt, Kanzler zu werden. Vor der Bundestagswahl 2002 stach ihn aber eine gewisse Angela Merkel aus. 2009 schied Merz dann aus dem Bundestag aus.
2018, nach Merkels angekündigtem Rückzug vom CDU-Vorsitz, tauchte Merz wieder auf der großen politischen Bühne auf. Er kandidierte für den Posten an der Spitze der Partei – und verlor beim CDU-Parteitag im Dezember 2018 knapp gegen seine Rivalin Kramp-Karrenbauer. Jetzt versucht es Merz zum zweiten Mal.
Friedrich Merz ist der Liebling vor allem der besonders konservativen CDU-Mitglieder und -Anhänger. Er steht für eine strengere Einwanderungspolitik, niedrigere Steuern und ein eher konservatives Familienbild.
Armin Laschet bringt Regierungserfahrung mit.Bild: imago images / Christoph Hardt
Der zweite Kandidat ist Armin Laschet. Laschet ist seit 2017 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Er kandidiert im Duo mit einem anderen CDU-Politiker, für den viele noch eine große Karriere vorhersagen: Gesundheitsminister Jens Spahn. Spahn soll Laschets Stellvertreter an der CDU-Spitze werden, sollte der gewählt werden.
Seit Wochen kommt immer wieder die Diskussion auf, ob Spahn dabei vor allem ein Ziel hat: Selbst Bundeskanzler zu werden. Mehrere Medien, unter anderem "Bild" und "Spiegel", haben darüber kürzlich berichtet. Spahn soll auch versucht haben, Laschet zu überzeugen, ihm die Chefkandidatur zu überlassen. Spahn selbst hat die Berichte aber bestritten.
Laschet steht in jedem Fall für liberalere Positionen als Merz. Schon Ende der 1990er-Jahre gehörte er der sogenannten "Pizza-Connection" an, in der sich Unionspolitiker und Politiker der Grünen trafen – zu einer Zeit, als schwarz-grüne Koalitionen noch eine ziemlich exotische Idee waren. Schon in den 2000er Jahren stand Laschet außerdem für eine vergleichsweise großzügige Einwanderungspolitik – und setzte sich ab 2005 als Minister in NRW für die Integration von Migranten ein, als dieses Thema innerhalb der CDU noch deutlich umstrittener war als heute.
Norbert Röttgen galt lange als Außenseiter in der Runde, holte jedoch zuletzt auf.Bild: www.imago-images.de / Political-Moments
Der dritte Kandidat ist Norbert Röttgen. Röttgen ist seit den 1990er Jahren Bundestagsabgeordneter. Von 2009 bis 2012 war er zudem Bundesumweltminister. 2012 kandidierte er dann als Ministerpräsident von NRW – und verlor. Danach entließ Kanzlerin Merkel ihn.
Röttgen hat sich seit Jahren einen Namen als Außenpolitiker gemacht. Er ist seit 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag – und bezieht immer wieder relativ deutlich Position zu internationalen Themen, von der Annexion der Krim durch Russland bis zum antidemokratischen Verhalten Donald Trumps in den USA. Regelmäßig ist Röttgen unter anderem Gast bei CNN, wo er auf Englisch über die deutsche Politik spricht.
Röttgen hat sich als Kandidat für den CDU-Vorsitz besonders bei zwei Themen hervorgetan: Ökologie und die Gleichberechtigung von Frauen. Er hat mehrfach betont, dass er die CDU weiter modernisieren und für breite Gesellschaftsschichten interessant machen will.
Wer wird's am Ende?
Bei Umfragen unter allen Wählern lag die meiste Zeit Friedrich Merz vorn, laut dem jüngsten ARD-"Deutschlandtrend" ist er für 27 Prozent der Lieblingskandidat, vor Röttgen (22) und Laschet (18). Bei CDU-Anhängern liegt Merz (29 Prozent) vor Laschet und Röttgen (beide 25).
Nur: Die Entscheidung, wer CDU-Chef wird, treffen eben die 1001 Delegierten auf dem Parteitag. Und wer unter diesen gewählten Parteivertretern, ist momentan sehr schwer vorherzusagen.
Als Chef des größten CDU-Landesverbands hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet auf dem Papier gute Karten, auch wenn Umfragen ein anderes Bild zeichnen. Doch wie die Delegierten am Ende tatsächlich abstimmen, ist völlig offen.
Wie läuft die Wahl genau ab?
Der Parteitag findet digital statt. Die Abstimmung für den Parteichef findet mit zwei Methoden statt: erst digital, dann nochmal per Briefwahl.
Nur die Briefwahl ist rechtlich gültig. Deswegen wird das offizielle Ergebnis der Wahl zum CDU-Chef auch erst am 22. Januar feststehen. Nur, wenn die digitale Abstimmung sehr eindeutig ausfällt, wird man wohl schon am 16. Januar sagen können, wer der neue CDU-Chef ist.
Wird der CDU-Chef dann auch Kanzlerkandidat?
Nicht automatisch. Den Kanzlerkandidaten wählen nicht die Delegierten der CDU. Denn im Bundestag, wo in Deutschland der Kanzler gewählt wird, bildet die CDU eine Fraktionsgemeinschaft mit der bayerischen Schwesterpartei CSU, die sogenannte Unionsfraktion. Das heißt: Den Kanzlerkandidaten der Union bestimmen CDU und CSU gemeinsam. Voraussichtlich wird das im März geschehen, wenn die wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vorbei sind.
Und der Chef der CSU könnte selbst Interesse an der Kanzlerkandidatur haben. Markus Söder, seit 2018 bayerischer Ministerpräsident und seit 2019 CSU-Vorsitzender, hat seit Beginn der Corona-Krise in ganz Deutschland enorm an Popularität gewonnen. Unter allen möglichen Kanzlerkandidaten der großen Parteien wünschen sich laut einer YouGov-Umfrage satte 26 Prozent am ehesten Markus Söder. Der zweitbeliebteste mögliche Kandidat hinter ihm ist Friedrich Merz, mit acht Prozent.
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