Die Ölkonzerne stehen derzeit scharf in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, den milliardenschweren Tankrabatt der Regierung nicht ausreichend an die Verbraucher weiterzugeben. Der Ärger der Autofahrer deswegen ist groß. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) möchte nun dagegen vorgehen und hat deshalb eine Verschärfung des Kartellrechts angekündigt.
Mit Blick auf den ohnehin auf drei Monate befristeten Tankrabatt dürfte die Reform allerdings zu spät kommen. Das Wirtschaftsressort rechnet allenfalls damit, dass allein die Ankündigung neuer Maßnahmen für mehr Preis-Zurückhaltung sorgen könnte. Ein Überblick.
Nein, dieses Vorhaben ist im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien verankert. "Wir werden die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht und Fusionskontrolle im Bundeskartellamt stärken", heißt es dort – bezogen allerdings vor allem auf den Lebensmittelmarkt. Auch war die Reform erst später erwartet worden und soll nun auf dieses Jahr vorgezogen werden.
Im Grundsatz ja, in der Praxis ist es allerdings schwierig. Bislang ist dafür der Nachweis einer Kartellbildung erforderlich – klischeehaft illegales Gekungel von Konzernmanagern in Hinterzimmern, um Preise gemeinsam nach oben zu treiben. Solche Nachweise sind kaum zu erbringen, zumal die Preisgestaltung sich aus einem komplexen Geflecht unterschiedlicher Faktoren ergibt, das in jedem Einzelfall aufwändig, auch zeitaufwändig, vom Kartellamt überprüft werden muss.
Das Kartellamt soll für sogenannte Sektor-Untersuchungen mehr Rechte erhalten, etwa auch zur Einsicht in Unternehmensunterlagen. Zudem sollen die Hürden für Gewinnabschöpfungen gesenkt werden. Dieses Instrument gibt es zwar theoretisch schon, es wurde jedoch wegen der damit verbundenen Probleme noch nie genutzt. Künftig soll es laut Habeck ausreichen, wenn das Kartellamt bei der Preisbildung eine Wirkung feststellt, die der eines Kartells entspricht. Dies würde eine Beweislastumkehr bedeuten – die Konzerne müssten dann nachweisen, dass es keinen Missbrauch von Marktmacht etwa durch Absprachen gab.
Um generell marktbeherrschenden Stellungen eines oder weniger Unternehmen leichter begegnen zu können, soll das Kartellamt hier auch missbrauchsunabhängig eine Entflechtung veranlassen können. Bislang ist dies nur bei Rechtsverstößen oder im Rahmen der Fusionskontrolle möglich. Dies soll die Bildung sogenannter Oligopole erschweren, die als besonders anfällig für den Missbrauch von Marktmacht gelten. Zu allen Punkten liegen bisher allerdings nur vage Konzepte vor.
In den kommenden Wochen will das Wirtschaftsministerium konkrete Vorschläge für eine Kartellrechtsreform vorlegen, die dann in ein Gesetzgebungsverfahren münden. Dieses dürfte sich allerdings zumindest weit in die zweite Jahreshälfte hinein hinziehen – auf jeden Fall deutlich über das Ende des Tankrabatts am 31. August hinaus. Gleichwohl könne schon aktuell die angekündigte Reform "ein Signal an die Märkte" senden, heißt es aus dem Wirtschaftsressort.
Grundsätzlich signalisierten die Spitzen der Koalitionspartner SPD und FDP dem Grünen-Politiker Habeck Bereitschaft zur Unterstützung. Allerdings kamen aus der FDP auch skeptische Stimmen mit Blick auf erweiterte Rechte des Bundeskartellamts, mindestens wurde dies als nicht so dringlich eingestuft. Aus der Union wurden vor allem rechtliche Zweifel an dem neuen Instrument missbrauchsunabhängiger Eingriffsrechte für das Kartellamt laut. Von drohender "Willkür" war die Rede.
(ast/afp)