Das historische Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump hat begonnen:
Am nächsten Dienstag kommt der Senat wieder zusammen – dann soll der inhaltliche Teil des Verfahrens beginnen. Dem US-Präsidenten werden Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des Repräsentantenhauses vorgeworfen.
Trump ist der dritte Präsident der Geschichte der USA, der sich einem Amtsenthebungsverfahren im Senat stellen muss. Die Demokraten hatten es vor dem Hintergrund der Ukraine-Affäre angestrengt. Die Aussichten auf Erfolg sind für sie allerdings gering.
Die Senatoren entscheiden über eine Verurteilung oder einen Freispruch Trumps. Dessen Republikaner haben in der Kammer die Mehrheit. Für eine Amtsenthebung müssten zwei Drittel der 100 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte stimmen. Das gilt als extrem unwahrscheinlich.
Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar für die Ukraine abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump weist diese Vorwürfe zurück und spricht von einer "Hexenjagd".
Viele Fragen über den genauen Verlauf des nun gestarteten Verfahrens müssen noch geklärt werden. Demokraten und Republikaner konnten sich zum Beispiel bislang nicht darauf einigen, ob weitere Beweise herangezogen werden.
Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, forderte erneut die Anhörung weiterer Zeugen im Senat. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, hatte gesagt, über die Frage von Zeugenanhörungen werde erst während des laufenden Verfahrens entschieden.
Die Demokraten fordern die Anhörung von Trumps geschäftsführendem Stabschef Mick Mulvaney, von dessen Berater Robert Blair, vom früheren Nationale Sicherheitsberater John Bolton sowie von Michael Duffy, einem Mitarbeiter des Budgetbüros des Weißen Hauses. Bolton hatte vergangene Woche überraschend erklärt, er sei zur Aussage bereit.
Der amerikanische Präsident macht, was er eben macht: Twittern. Und zwar im Captain-Capslock-Modus: "ICH WURDE GERADE FÜR EINEN PERFEKTEN TELEFONANRUF IMPEACHED!"
Und während des Verfahrens sagte er zu Journalisten: "Es ist eine Schande." Er werde dem Verfahren "ohne jeden Grund" unterzogen.
Den leitenden Anklagevertreter des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, bezeichnete Trump als einen "korrupten Politiker". Das Verfahren sei "total parteiisch" und sei von den Demokraten nur aus wahltaktischen Gründen eingeleitet worden. Trump sagte auf Nachfrage, er kenne den Geschäftsmann Lev Parnas nicht, der ihn in der Ukraine-Affäre zuletzt belastet hatte.
Ein Geschäftspartner von Trumps persönlichen Anwalt Rudy Giuliani belastete den Präsidenten unterdessen mit neuen Äußerungen. Lev Parnas soll bei Giulianis Bemühungen, in der Ukraine belastendes Material zu Biden zu finden, eine zentrale Rolle gespielt haben. "Präsident Trump wusste genau, was vorging", sagte Parnas dem US-Sender MSNBC. "Ich hätte nichts ohne die Zustimmung von Rudy Giuliani oder dem Präsidenten getan", sagte er weiter.
Parnas und ein Kompagnon waren im Oktober in Washington festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, mit illegalen Wahlkampfspenden die Abberufung der damaligen US-Botschafterin in der Ukraine angestrengt zu haben. Parnas weist die Vorwürfe zurück und will mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, er steht mittlerweile unter Hausarrest.
Kurz vor dem Auftakt des Amtsenthebungsverfahrens machte zudem eine Erklärung des Rechnungshofs Schlagzeilen. Das von Trumps Regierung angeordnete Zurückhalten von US-Hilfsgeldern für die Ukraine war der unabhängigen Kontrollbehörde zufolge rechtswidrig. Die Regierung dürfe bereits vom Kongress beschlossene Ausgaben nicht aufgrund politischer Erwägungen zurückhalten, hieß es.
Pelosi hatte die Impeachment-Ermittlungen gegen Trump, die im Repräsentantenhaus geführt wurden, im September in die Wege geleitet. Vor vier Wochen beschloss das Repräsentantenhaus dann mit der Mehrheit der Demokraten die beiden Anklagepunkte – ohne eine einzige Stimme der Republikaner.
Trump rechnet nach Angaben des Weißen Hauses mit einer vollständigen Entlastung von allen Vorwürfen. Seine Sprecherin Stephanie Grisham teilte am Mittwoch mit, Trump freue sich darauf, im Senat das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren zu haben, was ihm von den Demokraten im Repräsentantenhaus verwehrt worden sei.
(jaw/dpa)