Drohnen formen den Ukraine-Krieg: Marinedrohnen als Gamechanger
Als Russland 2022 in die Ukraine einmarschierte, rollten Panzerkolonnen über die Grenzen, Kampfflugzeuge donnerten über Städte, Artilleriefeuer bestimmte den Himmel. Ein klassisches Kriegsbild: brutal, aber vertraut. Dreieinhalb Jahre später ist davon wenig übrig.
Statt schwerer Maschinen prägen heute kleine Drohnen, improvisierte Technik und digitale Taktiken das Gefechtsfeld. Der Krieg wird stiller und schneller. Kommandeure sprechen inzwischen von einer neuen "Ära der Maschinen" an der Front. Auch auf See hat sich dadurch das Kräfteverhältnis verschoben.
Ukraine: Kampfroboter am Boden, Kamikazedrohnen in der Luft
Im Juni gelang ukrainischen Einheiten ein ungewöhnlicher Erfolg. Laut Recherchen der "Washington Post" rückten sie mit einer bodengesteuerten Kampf-Drohne vor: einem fahrbaren Roboter, beladen mit Sprengstoff, der russische Soldaten zur Aufgabe zwang. Solche Szenen zeigen, wie sehr sich die Front verändert hat. Noch entscheidender als Landroboter sind aber Drohnen in der Luft.
Billige, kleine FPV-Kamikaze-Drohnen übernehmen Aufgaben, die früher Infanterie und Pioniere erledigten. Der Kriegsreporter Sergej Auslender beobachtet die Entwicklung seit Beginn des Krieges. "Drohnen werden in ungeheurer Zahl eingesetzt", sagt er dem "Tagesspiegel": "Es ist schwierig, sie auch nur annähernd zu beziffern. Aber ich denke, ich kann mit Sicherheit sagen: Derzeit kommt auf jeden Soldaten an der Front mindestens eine Drohne."
Das verändert Taktik und Tempo. Große Truppenbewegungen gelten als zu riskant, weil Aufklärungsdrohnen sie schnell entdecken. Stellungen ausheben lohnt sich nur noch in dichten Wäldern. Luftkämpfe über den Feldern der Ukraine? Kaum noch denkbar. Schon 2022 wurden dort zahlreiche Jets und Helikopter abgeschossen.
"Gamechanger": Marinedrohnen zwingen Russland zum Rückzug
Als Russland ukrainisches Territorium überfiel, schien auch die Lage auf See klar: Die russische Schwarzmeerflotte war überwältigend überlegen, die Ukraine praktisch ohne Marine. Kriegsschiffe, Raketen, jahrzehntelange Marineplanung: Alles sprach hier für Moskau. Dank Drohnen hat sich dieses Bild radikal gedreht.
Kein Land ohne klassische Kriegsschiffe hat jemals eine Großmacht zur See so stark unter Druck gesetzt. Marinedrohnen haben das geändert.
Schon früh begann die Ukraine, ferngesteuerte Speedboote mit Sprengstoff auszustatten. Videos zeigen, wie sie sich flach über das Wasser bewegen, Radarbereiche umgehen und plötzlich auftauchen. Sie schießen und treffen.
Russische Kommandostellen, Tanker, Landungsschiffe, sogar die stolze Fregatte "Admiral Makarow" wurden angegriffen. Seitdem hält Russland Abstand. Wichtige Schiffe operieren weit entfernt von ukrainischen Ufern, Häfen wurden verlegt, Konvois eingeführt.
Der Militärjournalist Auslender bringt das Ausmaß auf den Punkt:
Der Grund ist nicht nur ihre Sprengladung, sondern ihre Kostenstruktur. Ein Kriegsschiff ist Milliarden wert, ein Drohnenboot im Vergleich ein Bruchteil. Das verändert, wie Admiräle denken. Niemand riskiert mehr gerne große Schiffe nahe feindlicher Ufer, wenn ein unbemannter Jet-Ski mit Kamera sie vernichten kann.
Hinzu kommt: Drohnen erzeugen psychologischen Druck. Crews schlafen schlechter, Kommandanten planen vorsichtiger, Häfen werden gesperrt, Handelsrouten verlegt. Wo früher Flotten dominierten, entscheiden heute Signale, Sensoren und ein leises Surren über Leben und Kontrolle.
