Die Spritpreise steigen weiter. Eigentlich soll der für Mittwoch geplante Tankrabatt die Auto- und Motorradfahrer in Deutschland entlasten. Eigentlich. Denn derzeit sieht es nicht danach aus, als würde diese Hilfe reibungslos und gänzlich beim Kunden ankommen. Zahlreiche Verbraucher gehen deshalb auf die Barrikaden.
Mit jedem Tag schwindet die Hoffnung ein wenig mehr, dass die Entlastung durch den geplanten Tankrabatt überhaupt dort ankommt, wo sie benötigt wird. Ein Blick auf die Preistafeln an Tankstellen zeigt: Die Sprit-Preise schnellen kurz vor dem Start des Tankrabatts in die Höhe.
Sowohl Benzin als auch Diesel haben sich im Vergleich zur vergangenen Woche um mehrere Cent verteuert, wie der ADAC am Montag mitteilte. So kostete Super E10 im bundesweiten Tagesdurchschnitt am Sonntag 2,129 Euro pro Liter. Das sind 3,9 Cent mehr als am Dienstag vergangener Woche. Diesel schlug mit 2,026 Euro zu Buche, ein Plus von 3,2 Cent pro Liter.
Bei E10 setzt sich damit ein seit rund einem Monat anhaltender Aufwärtstrend fort. Ende April war der Kraftstoff noch mehr als 17 Cent billiger als derzeit.
Bei Diesel bedeutet es dagegen eine Trendwende nach mehreren Wochen mit Abwärtstendenz. Der ADAC kritisiert beide Werte als zu hoch.
Viele Verbraucher fühlen sich den steigenden Sprit-Preisen hilflos ausgeliefert und hinters Licht geführt. Auf Twitter etwa lassen zahlreiche Menschen ihrem Ärger Luft und bezeichnen den geplanten Tankrabatt gar als "Staatsversagen".
Ein Twitter-User etwa kritisiert, dass die versprochenen Erleichterungen nicht, wie versprochen, beim Verbraucher ankommen, sondern in die falschen Hände geraten: "Tankrabatt so absurd konzipieren, dass Sprit am Ende genauso teuer ist, der Staat aber gleichzeitig weniger Steuern einnimmt und die Mineralölkonzerne mehr verdienen. Und all das nur, um zu beweisen, dass alles besser wäre, wenn der Staat sich nicht einmischen würde. Grandios!"
In der Tat werden voraussichtlich die Preise für Kunden an den Tankstellen teurer sein, als bei Beschluss des Tankrabatts prophezeit. Angesichts der jüngsten Anstiege könnten die Spritpreise auch nach der Steuersenkung höher als vor Beginn des Ukraine-Krieges sein.
Am Tag vor dem russischen Angriff hatte E10 1,750 Euro pro Liter gekostet, Diesel 1,663 Euro. Die steuerliche Entlastung beträgt – inklusive Mehrwertsteuer – bei Benzin 35,2 Cent pro Liter, bei Diesel 16,7 Cent. Selbst wenn beides komplett weitergegeben werden sollte, bliebe bei E10 ein leichtes, bei Diesel ein deutliches Plus übrig.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollte ursprünglich lieber einen pauschalen Rabatt von 40 Cent je Liter mit direktem Abzug beim Bezahlen, hat sich schließlich aber mit SPD und Grünen auf eine Senkung der Energiesteuer einigte. Er muss nun befürchten, dass die Entlastung nicht eins zu eins ankommt. Shell, BP, Total und andere Ölkonzerne machen wegen der kriegsbedingt hohen Preise derzeit Milliardengewinne.
Die Kolumnistin und Influencerin Marie von den Benken kritisiert diese Umstände und teilt gegen Lindners Partei aus: "Die Genialität der FDP zeigt sich dieser Tage wieder mal unmissverständlich darin, dass sich die versprochene Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in einzigartigen Erfolgen manifestiert."
Auch eine andere Twitter-Userin, die offenbar in ländlicher Gegend wohnt und umso mehr von den horrenden Spritpreisen betroffen ist, schießt gegen Christian Lindner: "Hey, FDP und Christian Lindner, dass Benzin nun pünktlich zu eurem Tankrabatt jetzt 2,30 statt die ganze Zeit vorher 2,00 Euro kostet und der Steuerzahler jetzt den Gewinn der Ölkonzerne finanziert, das war euer Plan, oder? Danke für nix, eure Landbevölkerung ohne vernünftigen ÖPNV."
Dass die Senkung voraussichtlich nicht schnell und komplett weitergegeben wird, liegt unter anderem daran, dass die Tankstellen erst am Mittwoch das steuerlich vergünstigte Benzin einkaufen können. Wie genau sie die Preise gestalten, ist zudem Sache der Tankstellenbetreiber beziehungsweise Mineralölgesellschaften.
Der ADAC hat bereits angekündigt, die Preisentwicklung an der Zapfsäule genau zu beobachten und fordert: "Wir erwarten, dass die Steuersenkung ab 1. Juni in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben wird. Zudem besteht angesichts des überhöhten Niveaus reichlich Potenzial für Preissenkungen." Auch das Bundeskartellamt will genau auf die Entwicklung schauen.
(ast / mit Material von dpa)