Platz zum Schwimmen haben die rund 100 Wale im
Osten Russlands kaum. Ihre Becken sind viel zu klein. Seit Monaten sind Orcas und Belugas in Wladiwostok eingesperrt. Obwohl sich inzwischen auch der Kreml eingeschaltet hat, sind die Tiere immer noch nicht frei.
"Es sind bereits mindestens drei Belugas und ein Orca wegen der schlechten Bedingungen gestorben", sagt Delfinarienexperte David Pfender von der Wal- und Delfinschutzorganisation WDC der Deutschen Presse-Agentur.
"Wal-Gefängnis" nennen Tierschützer die Anlage nahe Wladiwostok, immer mehr Menschen nicht nur in Russland nehmen Anteil am Schicksal der seit Herbst eingesperrten Wale.
Selbst Präsident Wladimir Putin hat sich eingeschaltet. Er forderte, das Leiden der Tiere müsse beendet werden. Er engagiert sich für Tierschutz – unter seiner Schirmherrschaft stehen nach Angaben auf seiner Internetseite auch die Belugas. Doch auch der mächtigste Mann des Landes hat bisher nicht dafür sorgen können, dass die Tiere wieder in Freiheit leben.
Die Gegner des "Wal-Gefängnisses" sammeln seit Wochen Unterschriften. Mittlerweile sind es so viele, dass sich das russische Parlament mit dem Thema befassen muss. Prominente wie die Schauspieler Leonardo DiCaprio und Pamela Anderson schlossen sich dem Protest an.
Eine rasche Lösung deutet sich nicht an. Davon gehen mittlerweile auch die Gegner der Anlage in einer Bucht am Japanischen Meer aus. Wie es weitergeht im Wal-Drama, darüber beraten derzeit Experten. Der Direktor des russischen Forschungsinstituts für Fischerei und Meereskunde, Kirill Kolontschin, sagte am Dienstag der Agentur Ria Nowosti zufolge, die Wale sollten noch drei bis vier Monate in der Anlage bleiben. Erst dann sei ein Transport möglich.
Organisationen wie Greenpeace befürchten, die Orcas und Belugas könnten an chinesische Aquarien verkauft werden. Nach Angaben der Wal- und Delfinschutzorganisation WDC wurden die Becken von vier Firmen angemietet. Die Anlage ist inzwischen auch ein Fall für die russische Staatsanwaltschaft.
Tierschützer fordern seit Monaten unentwegt, dass die Wale freigelassen werden. Das Eis im Winter habe ihnen zu schaffen gemacht. Auch das Institut für Ozeanologie in Moskau kommt zu dem Schluss, dass sich der Gesundheitszustand der Wale im Januar und Februar verschlechtert hat.
Umweltminister Dmitri Kobylkin dämpfte die Erwartungen auf eine schnelle Freilassung der Seebewohner ein: Die Tiere in der kalten Jahreszeit freizulassen, sei ein Risiko. "Es ist wichtig, dass die Tiere nicht leiden oder sterben." Nun werde ein detaillierter Plan ausgearbeitet.
Unter ihnen seien auch junge Tiere, die dies wohl noch gar nicht richtig hätten lernen können.
Schwache und kranke Tiere sollten vorübergehend in eine Art Rehabilitationszentrum gebracht werden, schlägt Henningsen vor. Das seien abgeschlossene Buchten, in denen die Tiere viel Platz zum Schwimmen hätten und lernen könnten, sich wieder selbst um Futter zu kümmern.
Weltweit lebten etwa 3000 Wale und Delfine in Gefangenschaft. In Deutschland seien von ursprünglich 14 Delfinarien noch zwei übrig. Ein Gesetz, das das Fangen von Walen für solche Anlagen verbietet, gibt es in Russland nicht. Das Delfinarium in Moskau wirbt auf seiner Internetseite sogar mit "seinen maritimen Künstlern": schnurrenden Seelöwen und tanzenden Walen. Reiseführer werben mit dem Slogan: "Ein echter Zirkus auf dem Wasser". Tierschützer sind entsetzt.
Institutsdirektor Kolontschin regt eine gesellschaftliche Diskussion darüber an, ob Delfinarien notwendig sind – etwa für Bildungszwecke. "Wenn die Gesellschaft entscheidet, dass dies niemand braucht und es reicht, die Tiere nur im Fernsehen anzuschauen, ohne mit ihnen direkt zu kommunizieren, dann wird es einen entsprechenden Beschluss geben."
(dpa)