In der Frankfurter Fankurve am Wochenende: Fans präsentieren das Banner der Bundespolizei, nachdem die Kräfte der Bundespolizei ein Spruchband der Frankfurter Ultras beschlagnahmt hatte.twitter
Deutschland
04.03.2019, 06:4804.03.2019, 10:41
lars wienand
Die Bundespolizei ist am 2. März 2019 aufgelöst worden, und verantwortlich sind die Frankfurter Ultras: So stand es am Samstag in der deutschen Wikipedia. Unbekannte hatten den Eintrag zwei Stunden nach Abpfiff des Spiels von Eintracht Frankfurt gegen die TSG Hoffenheim geändert.
- Das war Gipfel einer respektlosen Revanche an der Polizei für einen umstrittenen Einsatz beim Europa-League-Spiel gegen Schachtar Donezk.
- Polizisten hatten dabei ein Spruch-Banner der Ultras beschlagnahmt, nun präsentierten Ultras ein Banner der Bundespolizei. Bei dem 3:2-Sieg wurde die blaue Plane mit dem Schriftzug auf dem Kopf stehend in der Stehkurve der Eintracht-Fans hochgehalten.
Das mehrere Meter breite Werbebanner war zuvor vermutlich gestohlen worden. Details zu dem Diebstahl und zu eventuellen Ermittlungen wurden zunächst nicht bekannt. Die Polizei Frankfurt schrieb auf Twitter nach Abpfiff zum Spiel nur "Danke, war gut heute".
Später tauchte auch ein Bild des Banners im Schein von Bengalos auf. Um die Bedeutung der Aktion zu verstehen, muss man in die ungeschriebenen Regeln der Fan-Szenen eintauchen.
Zaunbanner der Ultragruppierungen sind ihre Visitenkarte und ihr Heiligstes. Ein Verlust gilt als große Schmach, ein Erbeuten eines fremden Banners als Triumph. Wenn sich Ultra-Gruppen ihre Zaunfahne von rivalisierenden Fans stehlen lassen, müssen sie einem Ehrenkodex zufolge ihre Auflösung erklären.
Fotos von dem Bundespolizei-Banner in Händen der Fans verbreiteten sich deshalb von Schadenfreude begleitet in Windeseile über WhatsApp und Social Media sogar international in Fan- und Ultrakreisen: Die Bundespolizei wurde dabei wie eine rivalisierende Fanszene angesehen, deren Selbstauflösung nun folgerichtig sei.
Und das brachte offenbar auch Nutzer auf die Idee, diese Entwicklung quasi mit einem Eintrag in der Wikipedia offiziell zu machen. In dem Online-Nachschlagewerk kann jeder Änderungen vornehmen. Um 19.12 Uhr stand dort zu lesen, dass die Bundespolizei am 2. März 2019 aufgelöst wurde.
Allerdings erfolgt eine Sichtung von Änderungen durch andere Nutzer, und nur eine Minute später war die Ergänzung wieder verschwunden. Es folgte jetzt ein Editier-Schlagabtausch. Ehrenamtliche Wikipedia-Mitarbeiter im Wettlauf mit Frankfurt-Fans, um die immer ausführlicheren Ergänzungen rückgängig zu machen.
Screenshots der geänderten Wikipedia-Beiträge machten da aber schon längst in sozialen Netzwerken die Runde wie eine weitere Trophäe. Die Bearbeitung des Bundespolizei-Textes für nicht-registrierte Nutzer wurde schließlich gesperrt.
Der Polizeieinsatz bei dem Spiel war ausgelöst worden, weil die Frankfurter Polizei nach einer buchstäblich flammenden Rede des Frankfurter Vereinspräsidenten Peter Fischer entgegen Bitten und Ratschlägen des Vereins zu einer Durchsuchung im Stadion angerückt war. Die Polizei hatte bei einem Richter vorgetragen, es drohe massiver Pyro-Einsatz. Gefunden wurde jedoch nichts.
Die Fans schrieben die Durchsuchung Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) zu, der sich bundesweit als entschlossener Kämpfer gegen gefährliche Pyrotechnik in Stadien positioniert. Als sie vor Anpfiff des Euro-League-Spiels ein Beuth-kritisches Banner mit vulgärem Wortlaut aufhängen wollten, griff die Polizei ein und entriss den Fans das Banner.
Ein Video zeigte, dass zwei Polizisten dabei auch einen Fan, der am Banner ziehen wollte, über eine Bande schubsten und schlugen. Er erlitt nach Angaben aus Eintracht-Kreisen einen Lendenwirbelbruch. Die Fans sagten nun die geplante aufwendige Choreografie ab.
Der Einsatz hat zu heftiger Kritik aus der gesamten Fanszene und von der Eintracht-Führung, einer Debatte im Landtag geführt und Anzeigen gegen die Polizisten geführt. Im Frankfurter Stadion waren beim Spiel gegen Hoffenheim am Samstag neben dem "Bundespolizei"-Banner auch unübersehbar Dutzende Spruchbänder zu sehen, die sich gegen Beuth wendeten.
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