Die Ausschreitungen in Chemnitz sind unmittelbar verbunden mit der eigentlich schönsten Sache der Welt: Fußball.
Nach dem Mord an einem 35-Jährigen am Sonntag, rief die im Chemnitzer Stadion verbotene Ultra-Gruppe "Kaotic Chemnitz" unter anderem zur Versammlung in der Stadt auf. Bei den späteren Jagd-Szenen auf vermeintliche Ausländer in der Innenstadt waren dann immer wieder Angreifer in himmelblauen Trikots und Fan-Utensilien des Chemnitzer FC zu sehen.
Auch bei den Kundgebungen am Sonntag reisten viele rechte Hooligans an. Chemnitz hat einen schlechten Ruf, was rechtsradikale Fans angeht. In den Neunzigern sorgte die Gruppe "Hoonara" für Einschüchterung bei gegnerischen Fußball-Fans und politischen Gegnern. Ihr Name war eine Abkürzung für "Hooligans, Nazis und Rassisten“.
Natürlich sind nicht alle Chemnitzer Fußball-Fans gewaltbereite Nazis. In den letzten Jahren gab es kaum rechtsextreme Vorfälle im Umfeld des Regionalliga-Vereins. Und so kam es im Chemnitzer Umfeld gar nicht gut an, als der Präsident des nächsten Heimspiel-Gegners Berliner Athletik Klub Mehmet Ali Han in einer Stellungnahme erklärte, dass er erwägt, mit seiner Mannschaft am 15.9. in Chemnitz nicht anzutreten.
Vor allem auf Facebook wurde die Stellungnahme Ali Hans teils heftig kritisiert. Viele warfen ihm vor, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
watson rief Ali Han an. Wir fragten ihn, was ihn zu der Stellungnahme bewegte.
watson: Wie kam es zur Entscheidung, ein mögliches Nichtantreten gegen den CFC so öffentlichkeitswirksam per Pressemitteilung zu verkünden?
Mehmet Ali Han: Wir sind ein Multikultiverein und engagieren uns sehr in der Integrationsarbeit. Wir repräsentieren alle Farben und Kulturen und es hat es uns große Angst bereitet, was für Bilder wir aus Chemnitz gesehen haben. Deshalb fordern wir im Voraus des Regionalligaspiels in Chemnitz ein schlüssiges Sicherheitskonzept. Es soll nicht dazu kommen, dass Probleme erst im Nachhinein – wenn es zu spät ist – aufgedeckt und angesprochen werden. Mehr fordern wir von der Polizei und dem DFB nicht.
Haben Sie für Ihre Stellungnahme Rückendeckung der gesamten Vereinsführung?
Ja, es war eine einheitliche Entscheidung des Berliner AK mit der Stellungnahme die Öffentlichkeit zu suchen. Wir haben bereits kurze Zeit nach Veröffentlichung viel Unterstützung erhalten.
Sie haben bereits mit den Chemnitzern telefoniert?
Ja, die Chemnitzer haben bereits bei mir angerufen. Sie wollen mit uns zusammenarbeiten und beide Parteien wollen ja auch die Partie spielen. Was wir in den Medien sehen, ist bereits schlimm genug. Das sollten wir nicht noch ins Stadion tragen. Deshalb fordern wir vom Chemnitzer FC ganz klar: Haltet die Rechtsradikalen vom Stadion fern.
Wie stellen Sie sich das vor?
Chemnitz muss beweisen, dass bereits im Voraus alles dafür getan wird, Rechtsradikale aus dem Verein und der Fanszene auszusortieren. Erst dann wollen auch wir mit Chemnitz weiter zusammenarbeiten. Ich will einfach keine rechtsradikalen Parolen im Stadion hören. Sollten wir so etwas doch im Stadion erleben, haben wir uns dazu entschlossen: Dann brechen wir das Spiel ab.
Fühlen Sie sich als selbsternannter „Multikulticlub“ in der Regionalliga Nordost sicher?
In Deutschland muss Sicherheit für jeden Bürger gewährleistet sein – und es ist sehr schade, dass wir als Verein öffentlich den Kontakt zur Polizei und dem DFB suchen müssen. Es ist definitiv notwendig, dass wir über die Ängste, die wir gerade haben, sprechen. Die ganze Multikulti-Gesellschaft, ganz Deutschland nimmt gerade Schaden in Chemnitz.
Ihnen wird nach Ihrem Statement in den Facebook-Kommentarspalten vorgeworfen, eine Schnittstelle zwischen Politik und Sport herzustellen…
Der Berliner AK will mit Sport Schlagzeilen schreiben, wir wollen ein Vorbild für die Multikulti-Gesellschaft sein. Aber gerade wir, als Verein, der das so öffentlich lebt, weiß auch: Es gibt definitiv Rassismus in Deutschland. In Chemnitz werden Opfer, politische Sündenböcke gesucht.
Nun rede ich über Politik, obwohl sie nicht im Fußball stattfinden sollte, aber: