Ein Auftritt beim Super Bowl galt einst als Krönung einer Musikerkarriere. Doch nach Protesten in der Liga NFL ist die Halbzeitshow politisch aufgeladen.
Für die Veranstalter begann nach mehreren Absagen eine peinliche Suche. Der Auftritt hat noch nicht begonnen, aber schon laufen heiße Debatten.
Mit ihrer Show beim Endspiel in der Football-Liga NFL stehen die fünf Musiker am Sonntag im Mittelpunkt des wichtigsten Fernsehereignisses in den USA – und im Kreuzfeuer einer hitzigen Diskussion über politische Proteste innerhalb der Liga. Teils scheint die Partie der New England Patriots gegen die Los Angeles Rams in den Hintergrund zu rücken.
Das sind nur gut 0,1 Prozent der etwa 103 Millionen Amerikaner, die den Super Bowl vergangenes Jahr im Fernsehen oder im Internet verfolgten.
Für Maroon 5 und die Rapper Big Boi und Travis Scott, die ebenfalls auftreten, bedeutet das Spektakel einen ordentlichen Schub an Aufmerksamkeit. Unzählige Gespräche in amerikanischen Wohnzimmern, Büros und Cafés werden sich am Sonntag und Montag darum drehen, ob der perfekt choreografierte Auftritt nun top oder Flop war.
Der von Quarterback Colin Kaepernick begonnene Protest gegen Unterdrückung von Schwarzen und Polizeigewalt hat dem beliebtesten Sport der Amerikaner eine ganz neue Symbolik verpasst. Seit März 2017 wurde Kaepernick von keinem Team mehr unter Vertrag genommen. Und Fans wie Musiker müssen entscheiden, ob sie zu ihm halten und die NFL boykottieren oder weiter machen wie bisher.
Auch die Sängerinnen Rihanna und Pink sollen einen Auftritt aus Unterstützung für Kaepernick abgelehnt haben. Rapperin Cardi B zeigte sich für die Halbzeitshow erst bereit, "wenn sie Colin Kaepernick wieder einstellen", wie sie dem Promi-Newsportal "TMZ" sagte.
Mit Maroon 5 fällt die Wahl nun auf eine butterweiche Popband. Die dreifachen Grammy-Gewinner aus Kalifornien stehen für tanzbaren Soul und sind mit Hits wie "This Love", "She Will Be Loved" und "Makes Me Wonder" fest im musikalischen Mainstream verankert. Kontroversen wie den "Nipplegate"-Skandal von 2004, als Popstar Justin Timberlake vor Millionen die Brustwarze von Sängerin Janet Jackson entblößte, sind bei ihnen kaum zu erwarten.
Leicht gefallen sein dürfte Maroon 5 der Entschluss trotzdem nicht. Die übliche Pressekonferenz zum Auftritt sagte die Band ab – wohl auch, um ungemütlichen Fragen zu entgehen. Parallel kündigten sie mit der NFL und ihrem Label Interscope eine Spende über 500.000 Dollar (438.000 Euro) für eine Organisation an, die Kindern in den USA Betreuer zur Seite stellt. Ziel ist, dass die Kinder etwa seltener den Schulunterricht schwänzen oder weniger mit Drogen und Alkohol experimentieren. Rapper Travis Scott war zuvor mit ähnlichem Beispiel vorangegangen.
Ein Auftritt auf der "größten Bühne der Welt", wie Liga-Boss Roger Goodell sie bezeichnet, galt einst als Ritterschlag. Prince, Michael Jackson und Beyoncé gaben sich die Ehre, auch Bruce Springsteen und U2 lieferten denkwürdige Shows ab. Im Jahr 2019 ist die Show vor allem ein Politikum. Die NFL dürfte auf einen reibungslosen Ablauf hoffen – und dass US-Präsident Donald Trump die Debatte nicht noch unnötig anheizt. Trump ist am Sonntag beim Sender CBS im Interview zu sehen. Es läuft wenige Stunden vor Spielbeginn.
(as/dpa)