Needle Spiking ist eine relativ neu beobachtetes Phänomen. Menschen werden mit einer Nadel oder Spritze angegriffen. Dabei schwingt die Gefahr mit, dass den Betroffenen K.O.-Tropfen oder andere Substanzen injiziert werden. Needle Spiking ist besonders in Clubs und auf großen Tanzveranstaltungen Thema. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich oder Großbritannien, wurden mittlerweile zahlreiche Fälle gemeldet.
Auch in Deutschland hat es bereits mehrere Berichte gegeben, so etwa in der Berliner Clubszene. In der war der Fernsehsender ProSieben mit einem Fernsehteam unterwegs. Für die Sendung "Zervakis & Opdenhövel" sollte für einen Beitrag über die gefährliche Praxis gedreht werden. Jetzt gibt es schwere Vorwürfe gegen ProSieben und das Fernsehteam. In einem Club in Berlin-Friedrichshain soll das Needle Spiking simuliert worden sein.
Eine betroffene 27-Jährige schildert gegenüber dem "Spiegel", dass sie beim Tanzen plötzlich einen Stich auf ihrem rechten Oberarm gespürt habe. Es habe sich wie Impfen angefühlt. Sie bat Freundinnen, auf sie aufzupassen. "Ich hatte panische Angst vor einem Kontrollverlust", erzählt sie.
Im Verlauf des Abends ereignete sich bei einer Bekannten ein ähnlicher Vorfall. Daraufhin wollten sie als Gruppe den Club verlassen. Erst beim Verlassen hätte das Kamerateam sie angesprochen, ob ihr an dem Abend etwas aufgefallen sei. Daraufhin sei es sogar zum Streit gekommen.
Mit einem "Dreharbeiten"-Schild wurde auf das Kamerateam zwar hingewiesen. Genaueres wusste aber niemand. Sie seien von einem Beitrag über die Berliner Clubszene ausgegangen.
ProSieben bestätigt, dass es tatsächlich Dreharbeiten zum Thema Needle Spiking gab. Den Darstellungen aber widerspricht er. Es sei richtig, dass die betroffene Person unwissentlich "Teil des Versuchs" wurde. Man habe aber niemanden gepikst, sagt Sendesprecher Christoph Körfer. Die Besucherinnen seien hingegen mit einem Textmarker heimlich markiert worden.
Die Freundinnengruppe sei sofort informiert worden, dass es sich um keine Nadel, sondern einen Textmarker gehandelt habe. Niemand sei über mehrere Stunden im Unklaren gelassen worden.
Die betroffene 27-Jährige sieht das anders. Sie fragt sich, ob sie jemals über das Experiment aufgeklärt worden wäre, wenn sie dem Kamerateam nicht zufällig beim Verlassen des Clubs in die Arme gelaufen wäre. Sie habe die ganze Situation als sehr "missbräuchlich" empfunden. Von einem Textmarker habe sie erstmals durch den Sprecher erfahren.
Ihr Vorwurf: Der Sender habe bewusst Frauen in Angst versetzt und verunsichert, um die Reaktion mit versteckter Kamera zu filmen. Das journalistische Anliegen, über das Thema aufzuklären, kann sie verstehen. Aber: "Wenn man über Traumata informieren will, sollte man dabei vielleicht nicht erneut Menschen traumatisieren", findet sie.
(and)