Beatrix von Storch (AfD, li.) und Amira Mohamed Ali (Linke, Mitte) treffen bei Sandra Maischberger (re.) aufeinander.bild: Screenshot ard
Exklusiv
Dirk Krampitz
Die Bundestagswahl ist noch knapp vier Wochen entfernt und jede Polit-Sendung sucht händeringend nach orignellen Gästen. Sandra Maischberger hat sich ein Duo eingeladen, auf dem nicht die große mediale Aufmerksamkeit liegt. Aber dafür verspricht das Zusammentreffen Zoff: Beatrix von Storch (AfD) und die Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Amira Mohamed Ali.
Die AfD leugnet regelmäßig den menschengemachten Klimawandel. Warum ausgerechnet die umstrittene Beatrix von Storch vor Millionenpublikum ihre Thesen wiedergeben darf, beantwortet der Sender gegenüber watson so: "Die genannte Position von Frau von Storch zum Klimawandel gilt nach allen vorliegenden Erkenntnissen als wissenschaftlich nicht vertretbar. Der Weltklimarat, der alle weltweit verfügbaren Forschungsergebnisse zusammenhängend beurteilt, kommt zu dem Schluss, dass der Klimawandel menschengemacht ist und ihm durch entsprechende Klimamaßnahmen entgegengewirkt werden kann."
Gleichzeitig sei Frau von Storch Mitglied einer demokratisch gewählten Oppositionspartei im Bundestag, so die ARD weiter. "Als öffentlich-rechtlicher Kanal sind wir vor den Wahlen dazu verpflichtet, nach dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit über Parteien zu berichten. Dazu laden wir auch Politiker:innen ein, die der AfD angehören – eine Partei, die im aktuellen Bundestag vertreten ist und aller Voraussicht nach auch in der kommenden Legislaturperiode weiterhin dort vertreten sein wird."
Daneben geht es in der Sendung um die Lage in Afghanistan und die Aussichten der drei Kanzlerkandidaten. Zu Gast sind:
- Beatrix von Storch (AfD, stellv. Bundessprecherin)
- Amira Mohamed Ali (Die Linke, Fraktionsvorsitzende im Bundestag)
- John Bolton (ehem. US-Sicherheitsberater)
- Christian Hacke (Politikwissenschaftler)
- Jochen Busse (Kabarettist)
- Dagmar Rosenfeld ("Welt"-Chefredakteurin)
- Ann-Katrin Müller ("Spiegel"-Journalistin)
Weiter voneinander entfernt kann man im Parlament kaum sitzen: Linke-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali sitzt im Bundestag ganz links, Beatrix von Storch, stellvertretende Bundessprecherin, ganz rechts.
Nach gängiger politischer Verortung passt die Sitzordnung auch inhaltlich. Bei Maischberger sitzen sie dann genau anders herum, wie Sandra Maischberger amüsiert feststellt. Und sie fragt die beiden gegensätzlichen Politikerinnen, ob sie sich jemals so nahe gekommen sind. Amira Mohamed Ali bemüht sich jeden möglichen Abstand zu wahren. "Ich glaube tatsächlich nicht." Während Beatrice von Storch sagt: "Ich glaube schon – auf dem Gang."
Beatrix von Storch (AfD) und Amira Mohamed Ali (Linke) halten Abstand.bild: Screenshot ard
Von Anfang an ist klar: Die beiden haben nichts miteinander zu schaffen und wollen es auch nicht. Aber Amira Mohamed Ali versucht sich kategorisch gegen die AfD und Beatrix von Storch abzuschirmen, während sich von Storch vordergründig dialogbereit gibt und Gemeinsamkeiten betont, um dann später rhetorische Spitzen loszuschießen.
Es rummst vor allem bei der Klimapolitik.
"Der Klimawandel ist selbstverständlich menschengemacht. Wenn man sich nur halbwegs auf dem Boden der Tatsachen bewegt, kann man das nicht abstreiten."
Amira Mohamed Ali
Auch wenn Deutschland nur 2 Prozent des weltweiten CO2-Aufkommens freisetze, müsse man hierzulande alle Anstrengungen zur Reduzierung unternehmen, findet Mohamed Ali. "Wir brauchen die Veränderung, aber sie muss eben sozial abgesichert sein."
Beatrix von Storch entgegnet mit einer markigen Behauptung: "Wenn die Linke entscheidet, geht es allen schlechter. Sie sind schlimmer als die Grünen an dieser Stelle", schleudert sie Mohamed entgegen. Die Linke würde "raus aus Gas, aus Kohle, aus Kernkraft", außerdem würden sie "alle Menschen" nach Deutschland migrieren lassen wollen und Hanf auf Kohletagebaus anpflanzen.
Es ist ein wilder und wirrer Mischmasch, den von Storch da abfeuert. Und gerade bei der zusammenhanglosen und auch nicht besonders wuchtigen Hanf-Geschichte, entfährt es Maischberger, dass sie das ja "noch nie" gehört habe. Oft greift Maischberger ein, korrigiert und widerspricht von Storchs Behauptungen oder fragt nach. Was denn die Haltung der AfD zur Evakuierung der Ortskräften in Afghanistan sei, will Maischberger wissen. "Wir haben eine Verpflichtung für die Ortskräfte", sagt von Storch.
Aber sie macht auch klar, dass sie die Rahmenbedingungen für die Anerkennung maximal streng auslegt. Bei Subunternehmen Beschäftigte schließt sie aus, obwohl das gängige Praxis ist. "Alle andere haben Menschenrechte, aber Deutschland ist nicht verpflichtet und in der Lage sie herzuholen." Die AfD wolle vor Ort helfen. Sonst sei das ein politisches Signal, das bedeutet "jeder kann kommen".
Zuerst reagiert von Storch bei Maischbergers Frage, ob der Klimawandel von Menschen gemacht sei, noch ironisch mit dem Verweis auf die Linken, die behaupten würden, die Klimakrise sei "nicht von Menschen gemacht, sondern von Reichen". Aber Maischberger bleibt beharrlich dran und fragt so lange nach, bis von Storch ihre Sicht preisgibt. "Das menschliche Handeln hat darauf keinen Einfluss. Ich glaube an Gott und nicht an den Klimawandel." Darum könne man sich auch gar nicht gegen die Klimakrise wehren und schon gar nicht, mit "sinnlosen Maßnahmen" wie dem Verbot von Inlandsflügen.
Amerikas Scheitern in Afghanistan
Trumps gefeuerter Sicherheitsberater John Bolton.bild: Screenshot ard
Aber es kamen auch andere Gäste zu Wort. So wie John Bolton. Für Donald Trumps ehemaligen Sicherheitsberater ist der Abzug aus Afghanistan "ein gemeinsamer schrecklicher Fehler" von Ex-Präsident Donald Trump und dem jetzigen Amtsinhaber Joe Biden. Er habe Trump abgeraten, aber er habe nicht auf ihn gehört. Das Verhandeln von Trump mit den Taliban, ohne die damalige afghanische Regierung ins Boot zu holen, sei die "Ursünde", gibt der geschasste Sicherheitsberater zu. Trumps politische Karriere sei beendet, glaubt er.
"Ich glaube nicht, dass Trump nochmal kandidiert, weil er weiß, dass die reale Gefahr besteht zu verlieren. Und ein Verlierer will er nie sein."
John Bolton
Aber als "Königsmacher" eines anderen republikanischen Kandidaten könne er sich eine Rückkehr Trumps schon vorstellen.
Der Poltikwissenschaftler Christian Hacke spekuliert über "das Ende des Westens" .bild: Screenshot ard
Der Politikwissenschaftler Christian Hacke sieht den Afghanistan-Rückzug der Amerikaner als "Schlusspunkt einer Entwicklung, die wir seit 20 Jahren erlebt haben". Dieser Krieg habe "katastrophal geendet" und bestätige somit "Niedergangstendenzen" in einer geopolitischen Lage mit einem erstarkenden China. Seine Befürchtung: Dass nach Präsident Biden eine populistische Regierung an die Macht im Weißen Haus kommt. "Das wäre wirklich das Ende des Westens."
Billige Würste für Laschets Wähler
Sandra Maischberger mit ihren Kommentatoren Ann-Katrin Müller, Dagmar Rosenfeld und Jochen Busse (v.li.)bild: screenshot ard
Der Kabarettsist Jochen Busse gibt offen zu, dass seine Sympathien den Grünen gehören. Er ist voller Mitgefühl für Annalena Baerbock, deren Umfragewerte nach einem anfänglichen Hoch nun nur auf Platz drei liegen. "Da ist eine Person, die nichts Dummes sagt", findet er, aber die Deutschen hätten einfach zu viel Angst vor einer ganz neuen Wahl-Entscheidung. SPD-Kanzlerkandidat Scholz nimmt er sein "schlechtes Gedächtnis", sprich seine "ich kann mich nicht detailliert erinnern"-Aussage im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss, übel. Und trotzdem glaubt er: "Ja, er wird Kanzler."
"Welt"-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld will trotz der aktuell besten Umfrageergebnisse nicht auf Scholz als Kanzler tippen. "Das ist Kaffeesatzleserei." Aber zumindest sieht sie kritisch an Armin Laschet, dass bei einer Wahlkampfveranstaltung mit ihm in Apolda auf den Plakaten damit geworben wurde, dass es bei der Wahlkampfveranstaltung Bratwurst für nur einen Euro gibt.
"Wenn es der Kandidat nicht bringt, muss es die Wurst rausreißen."
Dagmar Rosenfeld
Ann-Katrin Müller ("Spiegel"-Journalistin) sieht bei der Behandlung von Baerbock "eine Frauenfeindlichkeit, die es noch gibt" und bei den Grünen glaubt sie, dass viele, die mit ihnen sympathisieren, am Ende doch noch zurückzucken in der Wahlkabine. "Es gibt diesen radikalen Veränderungswunsch in der Bevölkerung noch nicht."
Wenn nichts Grundlegendes mehr passiert, klingt das nach einem Sieg für Olaf Scholz. Zur Erinnerung: Im Juni dümpelte die SPD noch bei 15 Prozent und hinter den Grünen. Da hatte Maischberger Scholz noch provokant gefragt: "Ab wann wird so ein Satz lächerlich: 'Ich will Kanzler werden'?"