Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen hat Widerspruch gegen die Entscheidung der Bürgerschaft eingelegt, kein Konzert des umstrittenen Sängers Xavier Naidoo im August in der Rostocker Stadthalle zuzulassen. Die Stadtvertreter waren in ihrer letzten Sitzung am 20. Mai der Ansicht gewesen, dass Naidoo den Reichsbürgern und der QAnon-Bewegung nahestehe und rassistische Ressentiments schüre. Wie die Stadt am Mittwoch mitteilte, schloss sich Madsen nun den von der Stadtverwaltung geäußerten rechtlichen Bedenken gegen die Bürgerschaft-Entscheidung an. Naidoo oder sein Management waren für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht zu erreichen.
Öffentliche Einrichtungen wie die Stadthalle seien zur Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes verpflichtet, teilte die Stadt mit. Kein Veranstalter oder Künstler dürfe ausgeschlossen werden, weil der Vermieter von Einrichtungen deren religiösen oder politischen Ansichten nicht teile. Die Verwaltung hatte zudem argumentiert, dass nach einer Absage ein Imageverlust für die Stadt drohe. Es bestünden Bedenken über die Auswirkungen auf zukünftige, ähnlich gelagerte Fälle.
Anders wäre es der Fall, wenn die Stadthalle eine private Einrichtung wäre. So gibt es einen Fall in Mannheim, wo ebenfalls ein Konzert von Xavier Naidoo geplant ist. Da das Konzert in der SAP Arena stattfinden soll, das der SAP gehört, kann das Unternehmen selbst entscheiden, wer dort auftreten darf. Hier hat sogar die Stadt Mannheim selbst empfohlen, Naidoos Konzert dort nicht stattfinden zu lassen.
Besonders bitter für Naidoo, da Mannheim seine Heimatstadt ist und er ein Gründungsmitglied der "Söhne Mannheims" ist. Doch die Stadt geht hier konsequent vor und erklärt in einer Pressemitteilung: "Das bevorstehende Konzert in der SAP-Arena am 9. Oktober ist nicht im Sinne der Stadt. Die SAP Arena soll prüfen, ob sie einem Künstler, der immer weiter ins Abseits driftet und nun mit Antisemiten und Rechtsextremisten Musik macht, eine Bühne bieten will, die er erwartbar nicht nur musikalisch nutzen wird."
Die SAP selbst hat noch keine Entscheidung zum Naidoo-Konzert getroffen. Es sollen bereits 5000 Tickets verkauft worden sein.
Nach Mitteilung der Stadt hat der Widerspruch von Madsen aufschiebende Wirkung. Die Bürgerschaft werde sich bei ihrer nächsten Sitzung erneut mit dem Thema befassen. Sollte die Gemeindevertretung bei ihrer Meinung bleiben, könne der Fall dem Innenministerium als Kommunalaufsicht vorgelegt werden.
Der Rostocker Landtagsabgeordnete und SPD-Kreisvorsitzende Julian Barlen kritisierte die Haltung der Stadtverwaltung. "Es ist eben nicht so – und schon gar nicht für öffentliche Einrichtungen –, dass egal welche Meinung vertreten wird, dies durch die öffentliche Hand gleichbehandelt werden sollte", erklärte Barlen in einer am Abend verbreiteten Mitteilung. Darin verwies er auf Äußerungen Naidoos etwa zum Holocaust und zur Corona-Pandemie. "Als Schwurbelkönig der Reichsbürgerszene macht Naidoo keinen Hehl daraus, dass er unsere freiheitliche Demokratie verachtet und verleugnet. Warum sollte die Hansestadt Rostock diesem antidemokratischen Treiben Raum geben?"
Naidoo tauchte in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit sogenannten Verschwörungsmythen auf - er machte auch umstrittene Äußerungen zu der Corona-Pandemie. Nachdem er im März 2020 die Jury der RTL-Sendung "Deutschland sucht den Superstar" verlassen musste, hatte er Vorwürfe des Rassismus vehement zurückgewiesen.
(dpa/jab)