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"Lanz": SPD-Chef in Bedrängnis: "Wenig Lust, mich dem Tribunal hier auszusetzen"

Walter-Borjans rechtfertigt sich bei "Markus Lanz".
Walter-Borjans rechtfertigt sich bei "Markus Lanz".Bild: zdf screenshot
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"Markus Lanz": ZDF-Moderator nimmt Norbert Walter-Borjans in die Mangel

24.09.2021, 16:17
Deana Mrkaja
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Es ist die letzte Ausgabe von "Markus Lanz" vor der Bundestagswahl und einer, der vor zwei Wochen kurz vor der Sendung absagte, schaffte es am Donnerstagabend in die Show: der SPD-Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. Er erklärt, warum er nicht mit der Linken-Politikerin Katja Kipping gemeinsam in der Sendung sein wollte und wird schließlich von einem Mitglied des CDU-Vorstands angefahren, weil das "negative Campaigning" seiner Partei gegen Tabus verstößt.

"Herr Walter-Borjans, wir sind überrascht, Sie heute hier zu sehen, nachdem Sie das letzte Mal so spektakulär abgesagt hatten", beginnt Moderator Markus Lanz das Gespräch mit dem SPD-Politiker. "Ich hatte, und das kann ich definitiv und offen sagen, wenig Lust, mich dem Tribunal hier auszusetzen. Wir haben als Partei andere Ziele und haben deshalb abgesagt."

Dem Co-Vorsitzenden wird vorgeworfen, nicht mit Kipping auftreten zu wollen, um nicht den Eindruck zu vermitteln, es würden bereits Pläne für ein linke Regierung geschmiedet werden. "Warum wollten Sie nicht mit Frau Kipping reden? Sie ist doch eine nette Frau, mit der man sich gut unterhalten kann", hakt Lanz nach. "Ich unterhalte mich gerne mit ihr. Aber es geht um die Art, uns immer als Vertreter des Linksrutsch darzustellen."

"Bleiben Sie denn heute bis zum Ende, auch wenn wir über die Linkspartei sprechen?"
Markus Lanz

Walter-Borjans macht deutlich, dass es ihm darum gehe, in einer solchen Konstellation mit Kipping nicht tendenziös zu werden: weder in Richtung für die Linken noch gegen sie. Deshalb sagt er nüchtern: "Uns geht es um die Stärke der SPD." Ralf Stegner, der statt ihm letztlich in die Sendung kam, hatte offensichtlich kein Problem damit, wird dem SPD-Chef vorgeworfen. Dieser entgegnet nur, dass Kipping nicht die Vorsitzende ihrer Partei ist. Wenn er jedoch als Vorsitzender in ein Gespräch mit ihr gegangen wäre, hätte das eine gewisse Signalwirkung.

Journalist wirft SPD Nähe zu linken Ideen vor

Ob er sich mit dem Co-Vorsitzenden den Linken, Dietmar Bartsch, unterhalten hätte, will der Moderator wissen. "Ich hätte die Diskussion zwischen uns zwei für unpassend gehalten. Wenn Christian Lindner noch dabei gewesen wäre, wäre das völlig in Ordnung gewesen. Aber diese Zuspitzung mache ich nicht mit." "Sie wollten der Debatte also aus dem Weg gehen", provoziert Lanz. "Nein", antwortet Walter-Borjans entschieden und sagt, es gehe ihm darum, seine eigene Wählerschaft so groß wie möglich zu halten.

Robin Alexander, der "Welt"-Politikexperte, teilt diese Meinung nicht. Er ist der festen Überzeugung, Walter-Borjans wollte nicht in die Sendung kommen, weil sonst aufgefallen wäre, in wie vielen Punkten seine Partei Überschneidungen mit den Linken hat. "Kipping ist eine der Vernünftigeren in ihrer Partei. Sie wären sich in allen Punkten einig gewesen. Und Sie wollten nicht den Spitzensteuersatz festlegen", kommentiert Alexander. Ja, das habe er vermeiden wollen, dass sich die Diskussion nur darum dreht.

Robin Alexander glaubt, dass sich Walter-Borjans und Kipping inhaltlich nahe stehen.
Robin Alexander glaubt, dass sich Walter-Borjans und Kipping inhaltlich nahe stehen. ZDF/Screenshot

Ganz genau legt er sich auch an diesem Abend nicht fest, aber sagt zumindest, dass er einen Spitzensteuersatz zwischen 48 und 50 Prozent gut finden würde. Lanz reichen jedoch die bisherigen Antworten nicht und deshalb versucht er es noch einmal: "Sie würden also eine Koalition mit den Linken nicht ausschließen?" "Ich schließe nicht aus, dass wir uns nach der Wahl abklopfen. Wenn die Ziele, die für uns unvereinbar sind, aufrecht erhalten werden, dann wird es keine Zusammenkunft geben."

SPD-Wahlwerbespot wird als "Tabubruch" bezeichnet

Dann dreht sich die Debatte um den Kanzlerkandidaten der SPD, Olaf Scholz, und dabei wird der SPD-Vorsitzende weiter von Lanz in die Mangel genommen: "Wie finden Sie das, dass Olaf Scholz gar nicht mehr auf schwierige Fragen antwortet?" "Wieso antwortet er nicht?", fragt er nach. "Kennen Sie den 'Matroschka-Spot'?", fragt Lanz. "Ja, den kenne ich", sagt Walter-Borjans und wirkt nicht begeistert von der Frage.

Gemeint ist ein Wahlkampfvideo der SPD, bei dem es um "Negative Campaigning" geht. Die SPD zählt dabei auf, was Wähler erhalten, wenn sie CDU wählen. Dabei konzentriert sich der Spot nur auf Negatives und bricht laut Alexander mit einem Tabu. Für Diskussionen sorgt die Matroschka-Puppe von Nathanael Liminski, der Leiter der nordhrein-westfälischen Staatskanzlei ist. Im Video wird er als der "erzkatholische Laschet-Vertraute" bezeichnet, für den "Sex vor der Ehe ein Tabu ist".

Die Gäste bei Markus Lanz (v.l.n.r.): Norbert Walter-Borjans, Lucia Puttrich, Julius van de Laar und Robin Alexander.
Die Gäste bei Markus Lanz (v.l.n.r.): Norbert Walter-Borjans, Lucia Puttrich, Julius van de Laar und Robin Alexander. ZDF/Screenshot

"Wie fand Scholz den Spot?", fragt der Moderator direkt nach. Walter-Borjans versucht sich damit rauszureden, dass er sich ziemlich sicher sei, Scholz wäre an dem Tag, als der Spot mit der Agentur besprochen wurde, nicht dabei gewesen. "Ok, wie fand er den Spot hinterher?", will Lanz nicht locker lassen. Das Video sei "innerparteilich debattiert" worden, äußert der SPD-Vorsitzende und geht dabei nicht auf die Frage ein. "Können Sie wirklich ausschließen, dass Scholz den Spot kannte?" "Das kann ich nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass wir es als Partei gemeinsam zu verantworten haben", sagt der Politiker und nimmt sich selbst da in die Verantwortung.

Für den Journalisten Robin Alexander verstößt der Spot deshalb gegen ein Tabu, weil er private Dinge eines Mitarbeiters verwendet, der noch nicht einmal zur Wahl steht. Für Walter-Borjans ist es jedoch nicht nur eine Person, sondern der Chef einer Staatskanzlei. Zudem wirft er ihm Nähe zu der konservativen Organisation Opus Dei vor, die als sehr einflussreich gilt und durch die schmerzhaften Bußpraktiken der Gemeinschaft in die Kritik geraten ist. Egal, wie häufig Lanz nachfragt, Walter-Borjans bleibt dabei, dass er mit Scholz keine Debatte über den Spot geführt habe. "Sie sitzen jetzt hier und erzählen mir, dass dieser Tabubruch nicht debattiert wurde. Das kann sich außer Ihnen niemand vorstellen."

Und tatsächlich zeigt ein Einspieler eines Films des Journalisten Stephan Lamby, dass Olaf Scholz nicht auf Fragen zum Video eingeht. Auch nach mehreren Nachfragen nicht. Lucia Puttrich ist nicht nur selbst Politikerin, sondern auch Mitglied des CDU-Vorstands und sie hält wenig von der Schmutzkampagne der SPD.

Sie wird dabei sehr deutlich: "Ich finde es geschmacklos, Menschen persönlich anzugreifen. Vor allem bei jemanden, der noch nicht einmal als Kandidat auftritt. Jemanden so zu diskreditieren spricht Bände. Das ist skrupellos!" Puttrich ärgert sich noch viel mehr darüber, dass Walter-Borjans das Video mit dem Satz abtut, es sei nur ein Mal im Internet gezeigt und danach nicht mehr publiziert worden. Dass man so etwas sage, lasse "Tief blicken", argumentiert die Politikerin.

Lucia Puttrich bezeichnet das Wahlvideo der SPD als "geschmacklos"
Lucia Puttrich bezeichnet das Wahlvideo der SPD als "geschmacklos"ZDF/Screenshot

Das möchte der SPD-Co-Chef nicht so auf sich sitzen lassen und schießt direkt zurück: Auch die CDU würde nur "Negative Campaigning" betreiben, indem sie in der Gesellschaft Angst schürt vor linken Bündnissen. Und dass Armin Laschet öffentlich gesagt habe, die SPD stünde immer schon auf der falschen Seite, wäre auch unmöglich. Da bekommt er sogar Unterstützung von Alexander, der zugibt: "Da hat er Recht. Das ist eine unmögliche Äußerung, das geht gar nicht!"

Doch auch die CDU hat sich in einem Video nicht mit Ruhm bekleckert. So sieht man in einem Spot, wie ein Mann über ein Absperrband springt, um zu Laschet auf die Bühne zu kommen und mit ihm zu reden – eine Szene, die sich so wirklich zugetragen hat. Bei dem Mann handelt es sich um jemanden aus dem Querdenker-Lager. Für ein Wahlvideo wurde diese Szene verwendet, um zu sagen, dass man mit jedem reden müsse, gerade mit denen, die sehr kritisch seien. Puttrich sieht in dem eigenen Video kein Problem. Laschet stünde eben für "einen kritischen Dialog". Er würde ja Querdenker nicht befürworten, sondern nur sagen, dass man mit allen in den Dialog treten müsse.

Alexander sieht das anders. Für ihn versuche die CDU derzeit in den Bereich zu gehen, wo "man nicht mehr alles sagen dürfe". Da Laschet unter Druck stehe, versuche er nun auch da mit Leuten zu reden. In seiner Verzweiflung soll der CDU-Kanzlerkandidat mehrfach seine Strategie gewechselt haben. So kommt auch er in dem Film von Lamby vor und warnt darin vor Massenarbeitslosigkeit, wenn es zu einem Linksrutsch kommt. Puttrich bleibt jedoch ganz auf Parteilinie und stimmt ihrem Kanzlerkandidaten zu.

Am Ende der Sendung geht es noch um mögliche Koalitionen. Doch da ist nichts Konkretes von der SPD oder CDU herauszubekommen. Derzeit liegt die CDU hinter der SPD. Doch Puttrich ist sich sicher, dass bis zum kommenden Sonntag noch genügend Zeit ist, um aufzuholen.

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